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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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95

1894.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

96

theils verschwunden sind, theils aber so weit sie er-
halten von nur geringem Kunstwerth sind, so dafs sie
Kaum den Anspruch erheben können, in einer Kunst-
geschichte Erwähnung zu finden aufser wegen ihrer
kulturellen Bedeutung. Es steht hier eben Alles, was
in dieser früheren- Zeit entstanden ist, unter dem
Zeichen äufserster Sparsamkeit und Aermlichkeit, für
die Entwicklung der Kunst ein schlechter Nährboden.
Die Verhältnisse besserten sich in der an sich von
der Natur reich gesegneten Provinz erst nach dem
letzten politischen Aufschwung Polens, zusammen-
fallend mit der Blüthezeit des Barockstils in Italien.
Ganz hervorragende Mittel wurden damals für den
Kirchenbau von auswärts eingeführt, wodurch man
die Gegenreformation erfolgreich unterstützte.

Aus dieser Zeit stammt eine grofse Zahl prunk-
voller Kirchenbauten in den gröfseren Städten der
Provinz, und vor allem Posen selbst hat einige Bei-
spiele aufzuweisen, welche mit den besseren Kirchen-
bauten im Barockstil anderer Länder wetteifern. Diese
Werke können jedoch kaum den Anspruch machen,
als Denkmäler der Kunstpflege dortiger Gegenden zu
gelten, da sie meist von ausländischen Künstlern und
Kunsthandwerkern entworfen und ausgeführt sind.
Die wenigen Spuren eigener heimathlicher Kunstpflege
hat der Verfasser mit grofser Sorgfalt verfolgt und
klar gelegt. Meist sind es deutsche Einwanderer,
welche sich auf dem Gebiete der Kunst verdient ge-
macht haben, wie überhaupt deutschem Fleifse die
Kolonisation dieses durch elendeste Mifswirthschaft
in der Entwicklung zurückgehaltenen Landstriches zu
danken ist. So sind z. B. die ältesten Ordenssitze
von den Mönchen der Altenberger Abtei gegründet,
von deren Bauten in der Provinz Posen allerdings so
gut wie nichts mehr erhalten ist.

Besonders anziehend ist in dem Werke die Bau-
geschichte einzelner bedeutender Bauten behandelt,
wozu dem Verfasser, wie er selbst hervorhebt, die
sehr geordneten Bücher der städtischen Verwaltung
zu Gebote standen, welche noch heute ein gutes
Zeichen des ordnungsliebenden Bürgerthums älterer
Zeiten sind. Einen grossen Theil des von dem Ver-
fasser aufgefundenen Materials von Schriftstücken,
welche über die Geschichte der wichtigeren öffentlichen
Bauten Aufschlufs geben, hat derselbe im Anhang bei-
gefügt. In diesem Aktenmaterial, welches ein äufserst
anziehendes Kulturbild vor uns entwickelt, fällt be-
sonders angenehm auf, welche Sorgfalt in damaliger
Zeit des späten Mittelalters, von uns leicht als eine
wilde Zeit bezeichnet, sowohl Fürsten wie städtische
Verwaltungen auf die künstlerische Ausführung ihrer
wichtigeren öffentlichen Bauten legten; wie sie sich
bemühten, oft von weither den geeigneten Meister
für ihren Rathhaus- oder Kirchenbau sich zu ver-
schaffen und selbst dort, wo die Mittel nur kärgliche
waren, darauf Werth legten, dafs das zu errichtende
Gebäude vollendet sei und das Beste biete, was man
zu leisten im Stande war. Entweder war man in der
Erkenntnifs von dem Werthe der Kunst bezw. des
Künstlers weiter als heute oder, was wohl treffender
ist, die ausschlaggebende Entscheidung lag mehr in
den Händen kunstverständiger Männer und hatte nicht

wie heute einer grofsen gleichgültigen Majorität
gegenüber sich schwer Geltung zu verschaffen. Wo
heute über wichtige Kunstfragen Provinzial- und
Stadtverwaltungen, Kirchenvorstände und andere durch
Wahl zusammengesetzte, vielköpfige Körperschaften
zu entscheiden haben, lag früher oft das Loos in den
Händen kunstsinniger Fürsten, Bischöfe und reicher
Kunstmäcene. Es wäre daher zu damaliger Zeit un-
denkbar gewesen, dafs ein wichtigerer Monumentalbau,
wie z. B. das Rathhaus in Posen, dem ortsansässigen
Rathszimmermeister übertragen wurde. Die Wirkung
des alten und neuen Verfahrens für die Kunst kann
man am Besten an dem alten und neuen Rathhausbau
dieser Stadt beobachten, und wenn das alte Stadt-
theater in Posen noch stände, welches einem Neubau
hat Platz machen müssen, würde es einen ähnlichen
Vergleich und einen weiteren Beleg liefern dafür, dafs
ein Kunstwerk eben nur von geübter Künstlerhand
durchgeführt werden kann. Dafs es nicht genügt,
eine Konkurrenz zur Erlangung von Skizzen auszu-
schreiben, um alsdann von dritter Hand danach den
Bau auszuführen, scheint eben so wahr, wie es un-
möglich erscheint, ein gutes Bild nach der Skizze eines
Künstlers von der Hand eines Anstreichers angefertigt
zu erlangen.

Trotzdem ist dieses Verfahren auf dem Gebiete
der Baukunst heute leider an der-Tagesordnung, ob-
wohl grade dieser Zweig der Kunst der erfahrenen
und gereiften Künstlerhand am allerwenigsten ent-
rathen kann. Wenn das vorliegende Buch dazu bei-
tragen würde, den hauptsächlich durch die städtischen
Verwaltungen in ganz Deutschland groi's gezogenen
Dilettantismus an den städtischen Gebäuden wieder
zu beseitigen, so würde ihm ein grofses Verdienst zu-
zuschreiben sein.

Köln. Bernhard Below.

Marien - Legenden von österreichischen
Gnadenorten, XX Bilder im Chor der Votiv-
kirche in Wien von J. M. Trenkwald, in Holzschnitt
ausgeführt von F. W. Bader. Einleitung und er-
klärender Text von Dr. Heinrich Swoboda. Wien,
St. Norbertus Buch- und Kunstdruckerei. (Mk. 6.40).
In dem Kapellenkranz der Wiener Votivkirche die
so sinnigen Marien-Legenden zur Darstellung zu bringen,
denen die hervorragendsten österreichischen Gnaden-
orte in den verschiedenen Kronländern ihren Ursprung
verdanken, war eine ungemein glückliche Idee. Die
Ausführung derselben durch Professor Trenkwald, den
bedeutendsten Schüler Führich's, hat längst die ver-
diente Anerkennung gefunden. Denn die feine Em-
pfindung, mit der er die einzelnen, zumeist sehr eigen-
artigen Szenen aufgefafst, die kräftige Manier, mit
der er sie im Ausdruck, in der Gruppirung, in der
landschaftlichen Umgebung dargestellt hat, spricht
eine so anmuthende wie verständliche Sprache. Es
war daher sehr angezeigt, sie zu reproduziren, und
die vorliegenden Holzschnitte haben dieses in ebenso
vortrefflicher Weise besorgt, wie. die Erklärungen mit
dem Inhalt der einzelnen Bilder vertraut machen.
Möge daher die hübsch ausgestattete Mappe recht
viele Liebhaber finden! q.

Erklärung. Für die in den beigelegten ,,Anzeigen" enthaltenen Empfehlungen kann die Redaktion selbstverständlich

keinerlei Verantwortlichkeit übernehmen.
 
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