Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

DOI article:
Bücherschau
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0085

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
127

1894.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 4.

128

Ostthürme, Querschiff, Langhaus, Westfront, Vorhalle
sowie die Anbauten an der Nord-und Südseite. Mannig-
fache Schicksale ereilte das Werk Poppo's von Stablo,
welches 1281 vom Bischof Friedrich die Weihe erhielt,
in den Stadtbränden von 128'J und 1450, vor Allem
während der Raubkriege Ludwig XIV. bei Eroberung
der Stadt 1689 der Einäscherung anheimfiel, insbeson-
dere in seinen westlichen Theilen. Seine Wiederher-
stellung ist im Laufe der folgenden Jahrhunderte mehr-
fach Gegenstand von Bauausführungen gewesen, unter
denen diejenigen der Architekten v. Neumann (1772)
und Hübsch (1855) als solche zu bezeichnen sind, die
einst und jetzt dem Dom einen vom alten Plane zwar
abweichenden, aber immerhin in ihrer Weise charakte-
ristischen Abschlufs nach Westen hin verliehen. Nament-
lich zieht v. Neumann's Werk unsere Aufmerksamkeit
auf sich, da es sich als eine ganz originelle archi-
tektonische Leistung darstellt, die unter geschickter
Benutzung des vorhandenen Bestandes so recht die
künstlerische Strömung im vorigen Jahrhundert veran-
schaulicht, und sich bis zu den letzten unter Hübsch
begonnenen umfassenden Wiederherstellungsarbeilen er-
hielt. Der Entwurf des letztgenannten Architekten zum
Weslbau des Domes ist an sich gewifs eine beachtens-
werthe Leistung, steht indessen, was einzelne Formen,
Auswahl und Farbe des Materials anlangt, in Wider-
spruch zum alten Bestände der Kirche.

Eine scharfe Trennung der Bautheile aus den ver-
schiedenen Zeiten zeigen die Grundrisse und Durch-
schnitte, so dafs in dieser Hinsicht das Werk eine
ungemein übersichtliche lehrreiche Darstellung der Ent-
stehung des Domes bietet, dabei aber auch noch eine
Fülle des Interessanten, Schönen und Beachtenswerthen
in der Aufnahme und künstlerisch mustergültigen Wieder-
gabe vieler architektonischer Einzelheilen, die sich nicht
in das Kleinliche und Nebensächliche verliert, sondern
lediglich auf die hervorragende, eigenartige, für die
romanischen Kirchenbauten am Mittelrhein charakte-
ristische Formengebung beschränkt, und dabei in
ersichtlicher Weise darlegt, dafs dieselbe nicht nur
frühmittelalterlicher, sondern sogar römischer Ueber-
lieferung ihr Dasein verdankt. Die zeichnerisch ge-
naue, einfache und doch so wirkungsvolle Darstellung
aller Bauglieder, der Grundrisse, Ansichten und Schnitte,
die knappe und doch so belehrende erschöpfende Ab-
fassung des Textes, welcher ein tiefes Studium des
Verfassers bezüglich der geschichtlichen und künst-
lerischen Vergangenheit des Baudenkmales bekundet,
lassen sein Werk als einen in jeder Weise werthvollen
Beitrag zur deutschen Kunstgeschichte erscheinen.

F. C. Heimann.

Geschichte und Denkmäler des byzantinischen

Emails. Auf Kosten des Staatsraths A. von

Swenigorodskoi herausgegeben von N. Konda-

kow, Professor an der Universität St. Petersburg.

In dieser überaus glänzenden Veröffentlichung liegt

das ,,Prachtwerk" vor, welches in dem Referate über

den byzantinischen Zellenscjimelz von Joh. Schulz (Bd.IV

Sp. 40) von der berühmten Sammlung Swenigorodsko'i's

angekündigt wurde. Für ihre wissenschaftliche Bedeutung

"bürgl der Name des Verfassers, der in den berufensten

Fachkreisen für den besten Kenner der byzantinischen
Kunst gilt, und für ihre Ausstattung ist der prachtliebende
Sammler eingetreten, der keine Kosten gescheut hat, um
dem Kodex, der dem „Selbstherrscher aller Reussen"
Alexander III. gewidmet ist, auch den höchsten Glanz
äufserer Erscheinung zu verleihen. In russischer, fran-
zösischer und deutscher Sprache erschienen, gelangen
die je 200 numerirten Exemplare nur als grofsmüthiges
Geschenk in die Hände der Bevorzugten. — Der mit
reicher Vergoldung geschmückte, mit buntfarbigem
Schnitt versehene Lederband, die Umschlagdecke, die
ihn schützt, das Lesezeichen, welches ihn ziert, sind
in Bezug auf Zeichnung wie Ausführung künstlerische
Leistungen ersten Ranges. Ihnen vollauf ebenbürtig
sind die im reichsten Farbendruck hergestellten Wid-
mungs- und Titelblätter, Initialen und Schlufsvignelten,
sowie die 31 Tafeln, welche fast ausschliefslich in den
Reproduktionen der kostbaren Sammlungsstücke be-
stehen, und auch die 113 in den typographisch muster-
haft behandelten Text aufgenommenen Holzschnitte
sind in jeder Hinsicht tadellos. Russische Künstler
und deutsche Kunstanstalten haben zusammengewirkt
zu dieser ebenso einheitlichen (weil durchaus im byzan-
tinischen Stile gehaltenen) wie glänzenden Leistung,
der die Krone aufgesetzt wird durch das Porträt des
Kunstmäzens, eine nicht ganz vollendete Radirung des
berühmten französischen Stechers Gaillard, der über
dieser Arbeit gestorben ist.

In der Vorrede erzählt der glückliche Besitzer zu-
erst die Entstehungsgeschichte seines, ungefähr ein
halbes Hundert Emails umfassenden, alle ähnlichen
Privatsammlungen weit übertreffenden Schatzes, sodann
diejenige seines Buches und ertheilt hierauf das Wort
dem Verfasser, der darin, eine ungemeine Fülle von
Gelehrsamkeit zusammentragend, eine im Wesentlichen
abschliefsende Geschichte des Zellenschmelzes geliefert
hat. Kapitel I bietet die „technische Einleitung in die
Geschichte des Zellenemails", welches auf 108 Seiten auf
seinem Enlwickelungsgange durch die verschiedensten
Länder vom Alterthum bis in's Mittelaller begleitet
wird. — Kapitel II behandelt die „Denkmäler des
byzantinischen Zellenemails" auf 160 Seiten in solcher
Vollständigkeit, wie sie noch nie erstrebt, geschweige
erreicht wurde. Der »Hochaltar von San Ambrogio
in Mailand", die »Heiligenbilder", „Kreuze und Kruzi-
fixe", „Evangelien-Buchdeckel',„Reliquiarienu, »Kelche
und Patenen", „Kronen", »Regalien und priester-
licher Schmuck", „Fibeln, Agraffen, Anhängsel, Finger-
ringe" werden nacheinander einer Prüfung unterzogen,
bei der nicht so sehr der litterarische Apparat, bezw.
die Berufung auf Texte überrascht, die auf diesem
Gebiete weniger in's Gewicht fallen, als die ungemein
umfassende allseitige Kennlnifs der Objekte, bei deren
Aufzählung wenige übersehen sein mögen. — Kapitel III
beschreibt sodann auf 60 Seiten die „byzantinischen",
Kapitel IV auf ebensoviel Seiten die „russich-byzan-
tinischen Emails der Sammlung A. W. von Swenigo-
rodsko'i's4. — Sorgfältig zusammengestellte Register
bilden den Schlufs des herrlichen Werkes, auf dessen
an neuen Gesichtspunkten und Kombinationen überaus
reichen Inhalt diese Zeitschrift noch oft wird zurück-
kommen müssen. Schnütgen.
 
Annotationen