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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Czihak, Eugen von: Die kirchliche Kunst auf der Ausstellung von Geräthen und Gefäßen aus Edelmetall zu Königsberg, 1894
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0099

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147

1894.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 5.

148

verfehlt. An einem Kunstschrein oder einer
Kasette wäre die Verzierungsweise sehr an-
gebracht; an dem Sockel für die immerhin
schwere Figur wirkt sie kleinlich.

Ich bedaure aufrichtig, dafs ich nicht aus-
führlicher auf den Frauenburger Domschatz
eingehen kann, dessen Hauptstücke dem XVII.
und XVIII. Jahrh. angehören. Durch die Frei-
gebigkeit der polnischen Bischöfe jener Zeiten
sind Meisterwerke ersten Ranges an die
Kathedralkirche Ermlands gelangt. Ich will
nur den mit Aquamarinen, Granaten, Ame-
thysten geschmückten Mefskelch, geschenkt vom
Domherr Fantoni (f 1683) erwähnen, ferner
die Schenkungen des Bischofs Christoph Jo-
hannes von Szembek (1724—1740), ein gol-
dener Mefskelch, durch Platten mit rothem
Maleremail und Steine verziert, sodann ein
silbervergoldetes Reliquiar ovaler Form, mit
Strahlen besetzt. Von demselben Kirchen-
fürslen besitzt die Kirche auch einen silbernen
Bischofstab. Ein Prachtstück ersten Ranges
ist eine goldene Monstranz in Sonnenform, mit
Perlen, Brillanten, Türkisen und emaillirtem
Laubwerk geziert. Grofs sind auch die Be-
reicherungen, die der Dom durch Bischof Gra-
bowski (1741—1766) erfuhr. Es sind: ein
Bischofsstab, ein Mefskelch, eine ovale Platte
mit einer Waschkanne. Alle diese Stücke (mit
Ausnahme des Bischofsstabes) weisen die Formen
des Rokoko in seltener Meisterschaft, Gediegen-
heit und technischer Vollendung auf. Die herr-
lichste Arbeit zeigt die Wasserkanne; sie ist
gegossen und vorzüglich ciselirt. In der Zeich-
nung und Behandlung des Ornaments ist sie
eines Meissonnier würdig. Bischof Grabowski
hat hauptsächlich einen Danziger Goldschmied
Namens Schlaubitz beschäftigt; sämmtliche
genannte Stücke sind mit dem Danziger Beschau-
zeichen und dessen vollem Namen gestempelt.
Der gelegentlich der Ausstellung zu Tage ge-
tretene, vorher nicht bekannte Künstler ver-
dient einen Ehrenplatz in der Geschichte der
deutschen Goldschmiedekunst des XVIII.Jahrh.
Nach Arbeit und Zeichnung höchst wahrschein-
lich auch diesem Meister zuzuth'eilen, jedoch
unbezeichnet ist eine silbervergoldete Pyxis von
reichster, elegantester Behandlung des Rokoko.
Es erübrigt noch, einige besondere ältere
Gegenstände nachzuholen. Eine Pyxis für die
hl. Oele, mit rundlichem, gebuckeltem Körper
und Thurmhelmbekfönung des Deckels war

aus Guttstadt eingesandt. Der Nodus in
gothischer Form mit Stollen; der sechseckige
Schaft steht auf einem ebensolchen Plattenfufs.
Das Stück ist, trotz der ausgesprochen gothi-
schen Formen, nicht früher anzusetzen, als in
das XVI. Jahrh. Zwei sehr schöne spätgothische
Ampullen stammten aus Braunsberg; der
gedrehte, spiralig gezogene schlanke Körper
aus Weifssilber hebt sich wirkungsvoll gegen
die vergoldeten Zierleisten und Bekrönungen
ab. Die Füfse sind im Sechspafs gebildet, ge-
buckelt; als Deckelknäufe dienen zwei Engel,
die die Buchstaben A und V halten. Die
beiden Mefskännchen können als Vorbilder
für Ausführungen empfohlen werden.

Ueber die Herkunft der in Vorstehendem
beschriebenen kirchlichen Geräthe erhalten wir
wenig Aufschlufs. Die Mehrzahl der Stücke
ist unbezeichnet; Beschauzeichen aus älterer
Zeit, selbst aus dem XVI. u. XVII. Jahrh. fehlen
gänzlich. Ebenso ist es mit den Meister-
zeichen. Die Ausnahmen habe ich fast alle
angegeben. Wenn auch im XVII. und XVIII.
Jahrh. vielfach Gegenstände aus Danzig oder
Elbing bezogen wurden, so hat es doch nicht
an Goldschmieden in den kleineren Städten des
Landes gefehlt. In Marienburg kommt um 1492
ein Goldschmied Karweisse vor.2) Ein ehemals
in der Kirche zu Guttstadt vorhandenes Re-
liquienkreuz war von dem dortigen Gold-
schmied Fabian Liedigk 1611 gearbeitet. Gleich-
falls von einem Guttstädter Goldschmied wurde
die Mehlsacker Monstranz von 1643 gefertigt.
Sehr häufig sind Stempel zu finden, die uns
daran erinnern, dafs wir den Verlust manchen
Stückes aus „der Väter Erbe" zu beklagen
haben. Ich meine den FW-Stempel und den
Adlerstempel aus dem Jahre 1809. Als damals,
zur Aufbringung der an Frankreich zu zahlen-
den 120 Millionen Frcs. alles vorhandene edle
Metallgut, das die Besitzer nicht der Münze
verkaufen wollten, mit einer Abgabe von einem
Drittel des Werthes belegt wurde, wurde zum
Zeichen der Auslösung durch die Münzämter das
Königsmonogramm FW aufgedrückt; das unent-
behrliche Kirchensilber erhielt einen Gratis-
stempel in Gestalt des preufsischen Adlers.

Möge den alten Kirchenschätzen künftighin
die Wiederkehr solcher schweren Zeiten er-
spart bleiben!

Königsberg. E. v. Cr.ihak.

2) »Zeitschr. f. Gesch. u. Alterth. Ermlands« III. 282.
 
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