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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Beissel, Stephan: Ueber die Ausstattung des Innern der Kirchen durch Malerei und Plastik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0139

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213

1894.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

214

gerettet. In der ersten steht Christus ohne
Bart zwischen den Apostelfürsten, in der andern
thront er bärtig vor Moses. Als Sitz dient ihm
hier eine Kugel, das Sinnbild des Weltalls.
Sie wird in vielen folgenden Mosaiken fest-
gehalten, später zog man einen Königsthron
um so lieber vor, weil um den Herrn und
seinen Thron eine Mandorla gelegt wurde.

Auch der schon im IV. Jahrh. zu Rom aufge-
nommene bärtige Typus Christi gewann die
Oberhand. Ebenso hielt man fest an dem be-
deutenden Gestus der lehrend erhobenen Rechten
und liefs der Linken ihre Rolle oder ihr Buch.

Standen in S. Constanze nur die Apostelfürsten
neben ihrem Meister, so finden wir in S. Agatha
in Subura zu Rom und in der Apsis des latera-
nensischen Trikliniums alle Apostel stehend.
Dagegen sitzen diese zwölf um den Heiland in
dem schönsten aller Mosaiken, jenem von
S. Pudentiana zu Rom und in einer Apsis von
S. Aquilino zu Mailand. Dies Sitzen gefiel
weniger, denn man behielt es nur in den Bildern
des jüngsten Gerichtes bei, weil dort die Apostel
mit dem Herrn die Welt richten (Matth. XIX. 28).
Für die Apsiden zog man vor, die den Herrn
begleitenden Figuren stehen zu lassen. Das
bot dort, wo Christus thront, den Vortheil
eines Wechsels und der stärkern Betonung
seiner Würde. Neben ihn stellte man in kleineren
Apsiden zwei, in gröfseren sechs, ja noch mehr
Heilige oder Engel. Gern brachte man dicht
neben ihm die Apostelfürsten oder die grofsen
Erzengel, weiterhin aber andere Engel oder
Heilige an. Fein gebildete Meister suchten die
Nebenfiguren zu gruppiren, ohne jedoch die
für Fernwirkung erforderliche Sonderung der-
selben aufzugeben. So führen in der Kirche
der hh. Cosmas und Damian die Apostelfürsten
diese Titularheiligen zu dem in der Mitte
stehenden Heiland. In S. Vitale zu Ravenna
aber geleiten zwei Engel den hl. Vitalis und
Eclesius, den Stifter der Kirche, zum thronenden,
jugendlich dargestellten Gottessohne.

Wie in S. Vitale Bischof Eclesius nicht als
Heiliger, sondern als Stifter in der Apsis steht,

XV. Jahrh. hergestellten und noch erhaltenen Mosaiken
der ewigen Stadt farbig wiedergegeben. Die Mosaiken
der ersten christlichen Jahrhunderte und der verschie-
denen Länder gibt Garrucci im 4. Bande seiner
»Storia dell' arte cristiana« in Umrifszeichnungen.
Ueber die ältesten Mosaiken der römischen Kirchen
vgl. meinen Aufsatz in den »Stimmen aus Maria Laach«
XLVI, 27 ff.

so finden wir in andern Apsiden, z. B. in
S. Cosmas und Damian, in S. Prassede, in
S. Cäcilia und in S. Marco zu Rom Stifter
in der Nähe des Heilandes. Sie nehmen aber
stets die letzte, d. h. die vom Herrn am meisten
entfernte Stelle ein. Später unterschied man
mit Recht die nicht heiliggesprochenen Per-
sonen strenge von den Heiligen. Man liefs
erstere in kleinerer Figur beim Throne Christi
stehen oder knieen. In guten alten Bildern
knieen Heilige oder Erzengel niemals. Nur
Maria und Johannes der Täufer machen bei den
Darstellungen des jüngsten Gerichts eine Aus-
nahme, weil sie im Gegensatz zu den als Richter
sitzenden Aposteln fürbittend auftreten. Engel
werden erst spät knieend dargestellt.

In der Rundkirche des hl. Stephanus zu
Rom nimmt ein Kreuz, über dem Christi Brust-
bild erscheint, die Mitte der Apsis ein. Neben
ihm stehen die hh. Primus und Felicianus. In
S. Apollinare in Classe bei Ravenna glänzt
ebenfalls ein Kreuz in der Mitte der Apsis.
In S. demente zu Rom hat man in der ersten
Hälfte des XII. Jahrh. ein Kreuz, an dem der
Heiland hängt und neben dem Johannes und
Maria stehen, mit reichen Ranken umgeben und
in letztere Heilige gestellt. Die schöne Ap-
sidendarstellung der im XIV. Jahrh. ausgemalten
schwedischen Kirche von Rada spricht in dieser
Richtung gleichsam das letzte Wort; denn in
ihr hält Gott der Vater den Gekreuzigten vor
sich hin; der heilige Geist steigt vom Vater
zum Sohne hinab; Maria und Johannes knieen,
wie in Gerichtsbildern zur Seite und hinter
ihnen halten vier stehende Engel brennende
Kerzen.2)

Die Figuren Christi und der ihn umgebenden
Apostel, Märtyrer und Engel füllten nur den
untern Theil der Apsiden. Die obere Hälfte
versah man mit Wolken, in den Scheitel brachte
man als Sinnbild des geöffneten Himmels einen
Kreisabschnitt, aus dem die Hand des Vaters
über dem Menschensohne die wohlverdiente
Krone der Glorie hielt. In gröfseren Apsiden
benuzte man den übrigen Platz für die Sym-
bole der Evangelisten. Da letztere geflügelt
dargestellt wurden, pafsten sie zu den Wolken.
Nachdem man oben begonnen hatte, Symbole
anzubringen, lag es nahe, auch unten und zur
Seite solche zu zeichnen und so die grofsen

2) Maldegren »Monuments scandinaves du moyen-
äge« Paris 1862, pl. 10.
 
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