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Zeitschrift für christliche Kunst — 13.1900

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Schnyder, Wilhelm: Santa Maria in Cosmedin in Rom, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3912#0029

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29

1900. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

30

Aus dieser Stelle geht hervor, dafs zur Zeit
Hadrians I. (772 bis 795) die Diakonie schon
seit einiger Zeit sich als zu klein erwiesen
hatte, weshalb der Papst sie beträchtlich er-
weitern liefs. Der Erweiterung mufste die
Niederlegung des die Diakonie mit Verschüttung
bedrohenden antiken Tempels vorausgehen.
Dann erfolgte die Vergröfserung in die Länge
durch Vorbau eines Narthex (Vorhalle) und in
der Richtung des Chores durch einen Anbau
von Grund auf mit Anfügung einer neuen Apsis.
In die Breite erfolgte die Erweiterung durch
Anbau eines Seitenschiffes an jede Seite des
verlängerten Mittelschiffes; in die Höhe durch
Höherführung der Mauern der alten Diakonie-
kirche. Dieser Aufbau im nunmehrigen Mittel-
schiffwar nothwendig, um
Fenster für das" Mittel-
schiff anbringen zu kön-
nen, da diejenigen des
alten Theiles, sowie die
auf gleicher Höhe im neu-
angebauten Trakte ange-
brachten Arkaden zu Log-
gien (Gynaecea, Matro-
nea) verwendet wurden,
von denen aus der weib-
liche Theil der Christen-
gemeinde dem Gottes-
dienste beiwohnte. (Vgl.
Fig. 2.) Wie das Lang-
haus, so erhielten die
Seitenschiffe Apsiden, die
wahrscheinlich durch Kanzellen abgeschlossen
waren und als Sekretarien oder Pastophorien un-
sern heutigen Sakristeien entsprachen. Ob die
Krypta unter dem Presbyterium ebenfalls vonHa-
drian I. angelegt wurde, gilt als zweifelhaft; in
der heutigen Form stammt sie wohl sicher aus
späterer Zeit, da sie von den im VII. bis IX. Jahrh.
in Rom üblichen Anlagen vollständig abweicht.
— Als Baumaterial für die Vergröfserung be-
nutzten die Architekten Hadrians in den untern
Theilen die Tuffquadern des zerstörten Tempels,
die sie unter Verwendung von Mörtel (im Gegen-
satz zur antiken Bauweise) roh zusammenfügten;
in den Oberpartien kamen grobgearbeitete Ziegel
zur Verwendung.

Durch zahlreiche- Skulpturreste ist festge-
stellt, dafs Hadrian I. die Kirche mit prächtiger
Marmorausstattung, mit einer Schola Cantorum
und einer Pergula oder Iconostasis und das

Presbyterium mit einem Bodenbelage aus kost-
baren Steinplättchen (Opus sectile) ausschmücken
liefs, worauf offenbar die Bemerkung des Lib.
pont. ,,veram Cosmidin" anspielt.11)

5. Eine weitere eingreifende Veränderung
brachte der Basilica die Restaurationsbewegung
des XL Jahrh. Hierfür sind nur monumentale
Zeugnisse auf uns gekommen. In Folge der
Bodenerhöhung durch allmählichen Zerfall der
umgebenden antiken Bauwerke war die Kirche
tiefer zu liegen gekommen; man mufste auf
Stufen in dieselbe hinabsteigen. Um diesem
Uebelstande zu steuern, wurde der Boden der
Basilica um 1,75 in erhöht. Das hatte zur Folge,
dafs auch die Pilaster, Säulen und Bogen des
Mittelschiffs um das gleiche Maafs höher gelegt
werden mufsten, wodurch
die Fortexistenz der Gal-
lerien (Gynaecea) unmög-
lich gemacht wurde. Die
Säulen erhielten bei dieser
Gelegenheit neue Basen
und Kapitelle, das Haupt-
portal eine Marmorein-
fassung, die Wände der
Kirche Freskenschmuck.
Nach aüfsen trat eine Ver-
änderung ein durch Vor-
bau eines Prothyron
(eines auf 4 Säulen sich
r
den Narthex und des
schlanken Glockenthurms.
Während Grisar es für möglich hält, dafs diese
Renovation als ein Entgegenkommen des Papstes
gegen die Griechen zu betrachten sei, die damals
in Sta. Maria in C. eine eigene Kirche für ihren
Ritus besafsen, aber zu Anfang des XL Jahrh.
in Folge des Schismas des Cerularius mit dem

Fiy. &
^mErnreüermgsbaule7iXadriansZ.{s.t7hz.) stützenden Vordachs) vo
r-~i Diaco7Tie?izrche('(>. Jhi.)

n) Cosmidin von xoOfiqTij = die Geschmückte. An
die Stelle des Nominativs trat der Locativ mit der
Präposition „in", die sich in Rom vor mittelalterlichen
Kirchennamen häufig findet, z. B. Sta. Maria in Aquiro,
in Cacaberis, in Domnica etc. r\ wurde wie i gesprochen
und auch geschrieben. Kirchen mit dem Namen Cos-
medin fanden sich auch in Konstantinopel, Ravenna
und Neapel. Wahrscheinlich wurde von der ersterwähn-
ten die wohl eine besonders glänzende gewesen sein
wird die Apposition auf die letztern übertragen. Das
ist von unserer Kirche um so eher anzunehmen, als sie
in derjenigen Stadtiegion lag, welche von den Griechen
mit Vorliebe bewohnt war. Das Itinerar von Ein-
siedeln (VIII.Jahrh.) nennt die Umgebung der Kirche
„Schola graeca".
 
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