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Zeitschrift für christliche Kunst — 13.1900

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Fisenne, Lambert von: Zweischiffige Kirchen
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Nachrichten
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251

1900.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8

252

ist, es sei denn, dafs die Kreuzarme nur eine
geringe Ausladung erhielten und zur Aufnahme
der Beichtstühle bestimmt wären. Dafs sich
eine Kreuzanlage mit der zweischiffigen Kirche
verbinden läfst, beweist die Kirche in Wüllen
im Kreise Ahaus, wo bei der Vergröfserung
der alten Kirche ein Kreuzschiff angebaut wurde.

Ein Blick auf die verschiedenen Grund-
risse zeigt, dafs die Grundform eine biegsame
ist und in der mannigfaltigsten Weise gestaltet
und gruppirt werden kann. Es ist deshalb zu
bedauern, dafs man sich zu einer zweischiffigen
Anlage so selten entschliefst.

Gelsenkirchen. L. von Fisenne.

Nachrichten.

Der V. internationale Kongrefs kathol.

Gelehrter in München, der vom 24. bis 28. Sep-
tember tagte, hatte auch eine Sektion für Kultur-
und Kunstgeschichte eingerichtet. Diese Ver-
bindung erschien nicht zweckmäfsig, da der Rahmen
gar zu weit gespannt war. Auch wirkte der Umstand
recht ungünstig, dafs keinerlei Programm ausgegeben,
weder nach der einen, noch nach der anderen Rich-
tung Aufgaben gestellt waren, so dafs die Zufällig-
keit der eingesandten Arbeiten in erster Linie be-
stimmend war für die Themata, die erörtert wurden,
und für die Diskussion, die sich daran knüpfte. Und
doch hätte gerade auf dem Kunstgebiet, welches
neuerdings in den Vordergrund des Interesses gerückt
ist, der Austausch über manche zeitgemäfse Fragen
sich empfohlen, in Bezug auf welche eine Verständi-
gung unter den katholischen Gelehrten sehr erwünscht,
ja nothwendig wäre gegenüber dem immer mehr sich
verdichtenden Wirrsal. Freilich war der Besuch der
alltäglich von 9 bis 11 Uhr und von 4 bis 6 Uhr
stattfindenden Sitzungen nicht gerade lebhaft, was
Befremden zu erregen geeignet ist gegenüber dem
Umstände, dafs Jeder für sich Kunslinteresse aucli
-Kenntnisse in Anspruch nimmt, zumal, wenn er sich in
München aufhält. Trotzdem war die Diskussion durch-
weg eine recht angeregte, weil es gelang, selbst trock-
neren Thematen interessantere Seiten abzugewinnen,
auch solche von praktischer Bedeutung.

Den Vorsitz führten abwechselnd Professor Dr.
Gottfried Kurth (Lültich), P. Dr. Albert Kuhn
O, S. B. (Einsiedeln), Domkapitular AI Schnütgen
(Köln); als Schriftführer fungirte Dr. Friedr. Lau-
ch ert (München). Aufser den kulturhistorischen Vor-
trägen des Abtes Berliere (Maredsons), des P. Dahl-
mann S. J. (Luxemburg), der Professoren Kurth, Müller
(Strafsburg), Schnürer (Freiburg, Schw.) fanden die
kirchenrr.usikalischen Erörterungen von Pfarrer Eisen-
ring (Moswang) über Carl Greith, von Dr. Haberl
(Kegensburg) über Werke alter Tonkunst im XIX. Jahrh.,
von P. Kienle (Beuron) über den Choral der Cisterzi-
enser, von Professor Dr. Andreas Schmid (München)
über den Kirchengesang nach den Liturgikern des
Mittelalters (über den er so eben unter demselben
Titel ein eigenes Büchlein, 29 Seiten, bei Kösel in
Kempten, veröffentlicht hatte) besondere Beachtung.
— Der bildenden Kunst waren die Vorträge von
Dr. Funke (Paderborn), Pfarrer Liell (Taben), Dr.
Spahn (Berlin), Dr. Weifs (München), Dr. Wilpert
(Rom) gewidmet. — Funke theilte die Ergebnisse
seiner Studien über kirchliche Gewänder, namentlich
über die Gewebe, aus denen sie gefertigt sind, mit.
Ueber die technische Herstellung der letzteren brachte

er interessante, der Literatur entnommene Einzelheilen,
welche die so schwierige Bestimmung des Alters und
der Herkunft der Stoffe erleichtern sollen. Der Vor-
sitzende ergänzte diese sorgfältigen Angaben durch
allerlei aus der Erfahrung geschöpfte, vornehmlich
auf die Musterungen gestützte Beiträge. — Liell be-
handelte eingehend die Dalmatik des hl. Quiriakus
in Taben (im Anschlüsse an die reich illustrirte
Studie, die er 1895 in der Paulinusdruckerei zu Trier
über die Kirche desselben herausgegeben hat). Dafs
dieses seidene, mit Purpurstreifen besetzte, ärmellose
Gewand, welches 7f>9 mit den Gebeinen des 350 ge-
storbenen Heiligen aus St. Maximin in Trier nach
Taben gebracht, 1833 zum ersten Mal wieder in die
Erscheinung trat, das Bestattungskleid desselben ist,
wufste der Redner aus den merkwürdigen geometri-
schen und figuralen Musterungen, aus den eigenartigen
Techniken, wie aus den liturgischen Bestimmungen
der damaligen Zeit zu beweisen und so zur Geschichte
der altchristlichen Paramentik einen sehr schälzens-
werthen Beitrag zu liefern. — Spahn beleuchtete
die Strebungen und Aufgaben der deutschen Kunst
in der ersten Hälfte des XIX. Jahrh., indem ei die
Schöpfungen der Nazarener, d. h. der mit der Aus-
schmückung der Casa Bartholdi in Rom 1815 bis
1817 betrauten Maler Overbeck, Cornelius, Schadow,
Veit, einer geistvollen, überall dem Anschlufs an die

! Natur nachgehenden Kritik unterwarf, Veit (dessen
Lebensbild demnächst von seiner Hand erscheinen
soll) als den begabtesten und konsequentesten dieser
Gruppe bezeichnend. Der anregende, manche neue
Gesichtspunkte bietende Vortrag führte zu einem
längeren Austausch, in welchem die Aufgaben der
religiösen Wand- und Tafelmalerei, die unabweisliche
Bedeutung der alten Vorbilder, nicht nur der italieni-
schen, sondern ganz besonders auch der deutschen
betont, und hinsichtlich der kirchlichen Malerei vor
zu starker, einseitiger Hervorkehrung des Persönlichen
gewarnt wurde. — Weifs wies als den ältesten
Cyklus der sieben Hauptkirchen Roms die Darstellun-
gen auf den Gemälden Holbeins d. Aelt. in der Augs-

I burger Gallerie nach, von denen er grofse Aufnahmen
vorlegte, an ihrer Hand deren geringen archäologi-
schen, aber bedeutsamen malerischen Werth betonend.

j — Wilpert hatte einen Aufsatz über Maria als Für-
sprecherin in den Katakombengemälden eingesandt,
und Professor Dr. Kirsch (Freiburg, Schw.) las den-
selben vor, ihn durch treffliche Bemerkungen erläu-
ternd und ergänzend. Diese führten zu einem Exkurs
über den Madonnentypus, wie er seit dem XI. Jahrh. in
Deutschland sich entwickelt hat von der starren byzan-
tinischen Nachbildung bis zu den freien Gestaltungen
 
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