Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 13.1900

DOI Artikel:
Schnütgen, Alexander: Frühgothische Holzgruppe des Heilandes mit Johannes Ev.
DOI Artikel:
Bücherschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3912#0185

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
279

1900. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

280

spruch erheben, erst recht aber die Figur des
hl. Johannes, seine Bewegung und namentlich
sein Gesichtsausdruck. In ihm, wie in der
gezwungenen und verschrobenen Haltung des
Jüngers erscheint ein Gemisch von französi-
schem und deutschem Typus, wie es in Strafs-
burg zu einer gewissen Eigenart sich entwickelt
hat. Ob zur weiteren Bestimmung der Ur-
sprungsgegend auch die Holzart (Nufsbaum)
von Bedeutung sein kann, wage ich nicht zu
entscheiden, ohne aber die Bemerkung zu
unterdrücken, dafs diese eher auf den Süden,
als auf den Norden hinweist. Dafs sie auch
mit der burgundischen Herkunft, welche viel-
leicht noch in Frage kommen könnte, ver-
einbar wäre, ist wohl nicht zu bezweifeln.
Der Polychromie, die leidlich erhalten ist
und keinerlei Erneuerung erfahren hat, liegt

stellenweise Leinwand zu Grunde. Die Kar-
nation ist frisch und aufser ihr zeigen nur
die Haare und die Unterfütterungen farb-
liche Behandlung, alles Andere ist in Glanz-
gold ausgeführt über ziemlich dünnem Kreide-
grund. Schwarze Börtchen mit ausgespaar-
ten Ornamenten, besäumen die Gewänder,
und zwar Rosetten die des Heilandes, Zick-
zackmuster die des hl. Johannes; bei diesem
ist der Futterumschlag grünlichblau gefärbt,
bei jenem röthlich als Poliment, so dafs
die Farbe nur eine geringe Rolle spielt,
dem Alles beherrschenden Gold gegenüber,
zumal im Anfang, stark in den Hintergrund
trat. — Die Gruppe bezeichnet mithin in
stilistischer, wie in ikonographischer Hinsicht
eine wesentliche Bereicherung des mittelalter-
lichen Formenschatzes. Sehn üt gen.

Bücherschau.

Handbuch der Kunstgeschichte von Dr.
Erich Frantz, Professor an der Universität zu
Breslau. Mit Titelbild und 393 Abbildungen im
Text. Freiburg 1900. Herder. (Preis: 9 Mk.)
Der Verfasser durfte es wagen, mit einem kunst-
geschichllichen Leitfaden an die üeffentlichkeit zu
treten, denn seir.e Vorlesungen hatten ihn genöthigt,
das ganze Gebiet zu studiren und die Ergebnisse
seiner Studien in anregendem Vortrage seinen Zu-
hörern mitzutheilen. Dafs er hierzu die nöthigen
Eigenschaften besitzt: ideale Auffassung, vornehmen
Geschmack, scharfe Charakterisirung, gewandte Sprache,
hatte er bereits durch seine »Geschichte der Christ-
liehen Malereic bekundet, und der Umstand, dafs er
für die neue Aufgabe noch weiter ausholen, noch
knapper formuliren mufste, brauchte ihn nicht abzu-
schrecken. Er hat dieselbe vortrefflich gelöst und
auf 410 Seiten, von denen ein gutes Stück durch die
zahlreichen geschickt ausgesuchten Illustrationen ab-
sorbirt ist, einen klaren, frischen Ueberblick über die
Entwicklung der bildenden Künste von ihrem Anbeginn
bis in unsere Tage geboten. Eine gesunde Aesthetik,
die mit einer erhabenen Auffassung gepaart ist, be-
herrscht das Ganze, und eine wohlthuende Objektivität,
die den Vorzügen eines jeden Stiles, des altgriechischen
so gut, wie des mittelalterlichen und der Renaissance
gerecht wird, macht sich überall geltend. So mafsvoll
aber auch die Kritik ist, entbehrt sie doch nicht der
Bestimmtheit, und die kurze Art, mit welcher der Ver-
fasser sie handhabt, ist der beste Beweis für die
Sicherheit seines Unheils. Dafs er seine Vorliebe für
die Malerei in den Vordergrund stellt, die Kleinkünste
in den Hintergrund treten läfst, wird ihm von den
meisten Lesern wohl nicht verargt werden. Fast jeder
Kunstschriflsteller hat ja sein Steckenpferd, und wer
Spezialsludien machen will, begnügt sich nicht mit

Leitfäden. Diese sollen nur Orientiren, das Interesse
wecken, Fingerzeige bieten und zu tieferen Studien
anregen. Dafs das vorliegende Handbuch diese Auf-
gaben erfüllt, darf ihm mit gutem Gewissen nachge-
sagt werden. G.

Grundrifs der Kunstgeschichte von Wil-
helm Lübke. Zwölfte Auflage, vollständig neu
bearbeitet von Professor Dr. Max Semrau. Verlag
von Paul Neff in Stuttgart. Diese neue Auflage,
von welcher bereits vor Jahresfrist (Bd. XII, Sp. 281)
der I. Band: Die Kunst des Alterthums, angezeigt
werden konnte, erscheint jetzt in Lieferungen
(a 50 Pf.), von denen 40 das ganze, auf vier Bände
berechnete Werk bilden sollen. Durch die Auf-
nahme der neuesten Forschungsergebnisse und Fort-
fünrung der kunstgeschichtlichen Entwicklung bis in
unsere Tage soll der durch viele gute Illustrationen,
unter denen auch manche Farbentafeln, erläuterte
Text auf die volle Höhe gebracht werden, so dafs
dem alten verdienten Werke eine glänzende Aufer-
stehung bevorsteht. Sobald dessen Mittelalter
vorliegt, soll darüber eingehender berichtet werden.

D.

Reise-Skizzen. Herausg. von Christ oph Hehl,

Architekt und Professor an der König), technischen

Hochschule zu Berlin. Band I, 44 Tafeln in Photolith.,

kart. 30 Mk. Verlag von Ernst Wasmuth.

Der Verfasser klagt im Vorwort mit vollem

Recht darüber, dafs den meisten modernen Bauwerken

im Unterschiede von denen früherer Jahrhunderte,

namentlich des Mittelalters, die Durchbildung der

Einzelnheiten fehle, und macht dafür zum T heil die

forcirten Bauverhältnisse, zumeist aber die Architekten

verantwortlich, die der historischen Entwicklung der

Details zu wenig Aufmerksamkeit schenkten. Um
 
Annotationen