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Zeitschrift für christliche Kunst — 13.1900

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Schröder, Alfred: Spätgothik und Protestantismus
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Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.3912#0109

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157

1900. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST - Nr. 5.

158

I

Hallenraum mit sehr schlanken Pfeilern behandelt, j vereinigt, ein Beweis, dafs der Wandel des Systems

Es finden sich also so ziemlich alle Merkmale des | einen andern Ausgangspunkt gehabt hat, als den ,,re-

,.nahenden Protestantismus", die man in späteren ' fonnatorischen Zug der Zeit".
Bauten vereinzelt antrifft, in diesem Bau von ca. 1250 ; Dillingen a. D. Alfred Schröder.

Nachrichten.

Die retrospektive Ausstellung im Petit-
Palais der Pariser Weltausstellung. II.

Der Katalog erschien gleich nach Schlufs des
letzten Heftes, also noch vor Schlufs des letzten Mo-
nates. Er trägt den Titel: Catalogue General Officiel.
Exposition retrospective de l'art francais des origines
ä 1800 und umfafst 390 Seiten Ein kurzes Vorwort
deutet den Zweck dieser Ausstellung an, welche eine
Art von Ergänzung der modernen Kunstabiheilungen,
vor Allem eine Verherrlichung des französischen Kunst-
schaffens von seinem Beginn in der römischen Periode
bis zum Anfang des XIX. Jahrh. bilden soll, und bietet
dann einen kleinen, aber sehr präzisen Ueberblick
über die einzelnen Gruppen und ihre Bedeutung.
Diese erscheinen in 21 Abschnitten mit 4 774 Num-
mern und in folgender Ordnung: Ivoire (1 — 224),
Bronze, Dinanderie, Plomb. Etain (225 — 451), Fer.
Armes, Serrurerie, Coulellerie (455 — 627), Ceramique
(628—1573), Orfevrerie (1574—1851), Bijouterie, Jo-
aillerie, Horlogerie (1852—2404), Emaux champleves
(2405—2617), Emaux peints (2618—2797), Ameuble-
ment (2798—3029), Bois (3030—3162), Tapisseiies
(3164—3247), Tissus et Broderies (3248—3290), Cuir,
Reliure (3291 — 3311), Manuscrits et Enluminures
(3312—3390), Miniatures et Eventails (3391—3402,
a—s), Monnaies gauloises et francaises anteneures a
1789 reproduites en galvanoplastie (3403—3949), Me-
dailles frangaises (3950-4221), Sigillographie frangaise
(4222—4540), Peinture (4541 — 4609), Sculpture
(4610—4741), Verrerie (4742—4774). Da in manchen
Gruppen zusammengehörige oder gleichartige Gegen,
stände unter derselben Nummer zusammengestellt sind,
andere Objekte, auch solche besonderer Bedeutung,
vergebens gesucht, also wohl erst im Nachtrag Er-
wähnung finden werden, so ist die Anzahl der Einzel-
nummern noch erheblich gröfser. In chronologischer
Reihenfolge sind die Münzen und Medaillen aufge-
führt, sowie die Siegel, welche zugleich nach Typen
unterschieden werden. Diese drei für das Spezial-
studium besonders eingerichteten Abtheilungen sind
mit besonderen, ganz fachmäfsig gehaltenen Einlei-
tungen versehen. Wären solche auch den anderen
Gruppen zu Theil geworden, so würde noch gröfsere
Lehrhaftigkeit dem Katalog eignen, dem übrigens auch
in dieser, wenn auch gar knappen Form, wegen seiner
durchweg zuverlässigen Angaben (bei denen leider die
Mafsverhältnisse fehlen) und seiner systematischen An-
ordnung Lob gespendet werden darf. Der letzteren
liegt überall die stilistische Entwickelung, also die
Chronologie zu Grunde, so dais nur die Entstehungs-
zeit, insoweit sie urkundlich feststellbar oder aus der
Stilform erkennbar ist, für die Reihenfolge mafsgebend,
in der sonst die bunteste Mischung herrscht, noch
viel bunter, als in den Vitrinen selbst.

Es dürfte sich daher auch nicht recht empfehlen,
hier unmittelbar dem Katalog als Führer zu folgen,

vielmehr von Saal zu Saal, von Schrank zu Schrank
zu wandeln, um Zusammengehöriges zusammenzu-
stellen und einige Bemerkungen daran zu knüpfen, wie
sie dem Zwecke unserer Zeilschrift und den Inten-
tionen ihrer Leser entsprechen möchten

Gleich nach dem Eintritt in das Gebäude entbietet
eine Reiterrüstung des Königs Franz den Grufs durch
die Unterschrift: Divus Franciscus Franc. Rex Libe-
ralem Pater ac Renovator omr.ibus has aedes artibus
dicatas adeuntibus Salulem dat optimam et pacem.
Salve. Rechts und links in der breiten Vorhalle ver-
zieren freistehende Reiterrüstungen und an die Wangen
angelehnte Fufsrüstungen, wie auf die Wände ge-
spannte Wappenlücher und Gobelins die weiten, mäch-
tigen Räume, auf deren rechten wie linken Seite die
Umgänge sich öffnen. Diese sind in ihren oberen
Parthien von den Gobelins beherrscht, welche durch
das reichliche Oberlicht fast zu grelle Beleuchtung
erfahren, indem diese zu stark nach unten wirkt, hier
Schatten erzeugend, auf welche die Konturen nicht
eingerichtet sind. Da die romanische und frühgolhi-
sche Periode an Teppichen, für die es in Deutsch-
land, namentlich im Norden, noch mehrfache Bei-
spiele gibt (wie Halberstadt, Lüne etc.), in Frankreich
nichts zurückgelassen hat, so eröffnen hier den Reigen
die fünf Gobelins des Domes von Angers mit Dar-
stellungen aus der Apokalypse (Nr. 3164). Sie bilden
nur einen ganz geringen Theil der von Nicolas Ba-
taille 1 77 begonnenen Ausstattung des herzoglichen
Schlosses zu Angers, welche König Rene dein Dom
vermachte. In diesen gelangte sie nach der Säkulari-
sation auf dem Wege der Ansteigerung im reduzirten
Zustande wieder zurück, um bei festlichen Gelegen-
heiten noch immer dessen hervorragenden Schmuck
zu bilden. Neben ihnen verdienen von den grüfseren
Stücken besondere Erwähnung die beiden Teppiche
mit Darstellungen aus dem Leben des hl. Remigius,
welche Erzbischof Lenoncourt um 1530 dem Dome
von Keims schenkte (Nr. 3199), sowie die grofse spät-
gothische Tapisserie mit sieben Darstellungen der
allerheiligsten Dreifaltigkeit aus dem Dome zu Nar-
bonne (Nr. 3190). Ungefähr derselben Zeit gehören
die vier Gobelins aus dem Schlosse von Pau an (Nr.
3209), welche die Jugendzeit, die Taufe, das Martyrium,
den Kultus des hl. Johannes Baptist in vorzüglichen
Kompositionen behandeln. Zu den Perlen dieser Ab-
theilung, wie der ganzen Ausstellung zählen die drei
Altarantependien des Domes zu Sens, Geschenke seines
Erzbischofs des Kardinals Louis de Bourbon (1530
bis 1557). Das älteste, von Kardinal Charles II de
Bourbon (1446—1488) bestellt, daher mit seinem
Wappen und seiner Devise: ,,nespoir ne peur" be-
zeichnet (Nr. 3167), stellt in golddurchwirkler Technik
die Anbetung der hl. drei Könige unter breiten Stich-
bogen dar. Das folgende (Nr. 3178) kurz darauf ent-
standen, mit Gold und Silber reich durchwirkt, ur-
 
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