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Zeitschrift für christliche Kunst — 13.1900

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Jacob, G.: Die vier reitenden Könige an der Facade des Regensburger Domes
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Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.3912#0089

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1900. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

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und die vier reitenden Könige weisen auf den
König aller Könige und sein ewiges Reich,
auf Jesus Christus und seine Kirche. Darum
im mittleren Stockwerke des Domes hochauf-
gerichtet das Kreuz. Es ist dieses Bild des
Gekreuzigten, und die Gruppe um ihn, Maria
und Johannes, und zwei anbetende Engel, alle
in überlebensgrofsen Figuren, so recht das
Centrum der ganzen Domfacade und von er-
habener Schönheit. Unter dem Kreuze aber
erblicken wir Petrus im Schiffe, in seiner Hand
die beiden Schlüssel. In diesem Grundge-
danken: St. Petrus ist der von dem ewigen
Könige bestellte Lenker Seines Reiches auf
Erden, ordnen sich alle übrigen Bildwerke des

Domes ein, besonders auch der Mariencyklus
des Portals3) von unten mit all' den Voreltern
des alten Bundes und den Heiligen der Urkirche
bis hinauf zum Giebel mit der Verkündigung
unserer lieben Frau; und bedarf dieses keiner
weiteren Erklärung.

Möge diese unsere Mittheilung Anlafs sein,
auch anderwärts Nachschau zu halten, ob die
Darstellung der vier Weltreiche sich in Kirchen
des Occidents irgendwo und in welcher Auf-
fassung etwa finden könne.

Regensburg. G. Jacob.

3) Siehe die geistvolle Erklärung desselben von
Dr. Enders im 9. Hefte des Jahrganges 1894
unserer Zeilschrift.

Nachrichten.

Die retrospektive Ausstellung im Petit-
Palais der Pariser Weltausstellung. I.

Wie der Wellausstellung des Jahres 1889 in Paris die
kunstgeschichlliche Hegleitung nicht fehlte (vergl. diese
Zeitschr. Bd. II, Sp. 129 ff, 171 ff.), so ist diese auch
jetzt reichlichst vertreten, sowohl in einigen Pavillons
der Rue des nations, in den grofsen Zusammenstellun-
gen kunstgewerblicher Erzeugnisse des letzten Jahr-
hunderts und in mehreren Privatsammlungen, theils
mehr technischer, theils mehr kulturhistorischer Art,
als ganz besonders in dem Monumentalbau des Petit-
Palais, welcher später die städtischen Kunstsammlungen
vereinigen soll.

Die Ungarn haben in ihrem grofsen Palast, der
sogar einen romanischen Kreuzgang und eine gothische
Kapelle umfafst, ein vollständiges bedeutsames Mu-
seum in dichter Gruppirung zusammengebracht, welches
von der alten und reichen Kultur- und Kunstgeschichte
des Landes glänzendes Zeugnifs ablegen soll. — Den
spanischen Pavillon statten vor Allem maurische und
deutsche Waffen, sowie Wappenstickereien und nament-
lich spätgothische, golddurchwirkte flandrische Gobe-
lins aus von wunderbarer Zeichnung, Farbenpracht
und Erhaltung, so dafs diesen Räumen an Kostbarkeit
des Inhaltes keine gleichkommen. — Der deutsche
Pavillon bietet ein vornehmes, anmuthiges Bild von
der Art und Weise, wie Friedrich der Grofse sein
Lieblingsschlofs durch französische Künstler aus-
schmücken liefs. — Auch in anderen nationalen Bauten,
z. B. in dem englischen, fehlt es nicht an alten Schau-
stücken.

Zwischen den modernen Erzeugnissen des fran-
zösischen Kunstgewerbes zerstreut, liefern manche
Sammlungen, die theils einzelnen Liebhabern gehören,
theils einen mehr offiziellen Charakter tragen, schätzens-
werthe Beiträge zu der Entwickelung von Industrie-
zweigen, wie der Seidenmanufaktur, oder von Tech-
niken, wie der Stickerei, zu der die rrivalsaminler
de Farcy, Lair, Hochon in zwei grofsen Vitrinen werth-
volle, zumeist mittelalterliche Illustrationen aus verschie-

denen Ländern gebracht haben, oder endlich von
einzelnen Gegenständen wie Uhren, Schuhe, Hand-
schuhe. Gröfsere Abtheilungen geben einen sehr
lehrreichen Ueberblick über die Formen und Tech-
niken, in denen die hauptsächlichsten kunstgewerblichen
Zweige durch das ganze XIX. Jahrh. in Frankreich
zur Entfaltung und Ausgestaltung gelangt sind. Möbel,
Bronzen, Fayencen, Ausstattungsgegenstände aller Art,
Gefäfse, Geräthe, allerlei Gebrauchsgegenstände sind
hier sehr übersichtlich und dekorativ aufgestellt, und für
d'e nicht gerade seltenen Rückgriffe in's XVIII. Jahrh.
wird Jeder den Veranstaltern Dank wissen, denn sie
haben ihre guten Gründe.

Allen diesen kunsthistorischen Abtheilungen gegen-
über, so hervorragend auch einige derselben sein
mögen, behauptet die Ausstellung im Petit-
Palais die Spitze, nicht nur wegen ihres Reichthums
und ihrer Vollständigkeit, sondern auch wegen ihres
systematischen Charakters, insoweit sie in Original-
werken den Entwicklungsgang darstellen soll, den die
bildenden Künste in Frankreich von der
gallisch-römischen Periode an durch die Jahrhunderte
bis zum Beginn des XIX. Jahrh. genommen haben,
mit Ausnahme der Architektur (die bekanntlich im
Trokadero durch die reiche und beständig sich ver-
mehrende Sammlung von Gipsabgüssen in musterhafter
Weise vertreten ist). Dafs hierbei einzelne Kleinodien
unter französischer Flagge segeln, obwohl sie vielmehr
für Flandern, das Rheinland, Italien, England in An-
spruch genommen werden dürften, verdient eher
Lob als Tadel, denn ihre hervorragenden Eigenschaften
verleihen ihnen überall das Anrecht auf einen Ehren-
platz, angesichts der langen Zugehörigkeit zu franzö-
sischen Sammlungen auch eine Art von Heimathschein.
Dazu bestehen hinsichtlich des Ursprungs mancher
mittelalterlicher Emailarbeiten, Goldschmiedeerzeug-
nisse, Bronzegüsse, Gewebe, Stickereien und selbst
Holz-, Marmor-, Elfenbeinfiguren immerhin noch
Zweifel, so dafs mehrere Länder auf sie die Schöpfer-
hand legen dürfen. Uebrigens sei dem scharfen Blicke
 
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