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Zeitschrift für christliche Kunst — 13.1900

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Beissel, Stephan: Das Evangelienbuch Heinrich III. aus dem Dome zu Goslar in der Bibliothek zu Upsala
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https://doi.org/10.11588/diglit.3912#0056

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Abhandlung.

buch Heinrich III.

Das Evangelienbuch Heinrich III. aus dem Dome zu Goslar in
der Bibliothek zu Upsala.

Mit Lichtdruck (Tafel V) und 10 Abbildungen.

ich vor mehreren Jahren die j lieh, dafs er, dank seinen einflufsreichen Verbin-
dungen, diesen kostbaren Kodex selber erworben
hat, den er bis zu seinem Tode 1805 bewahrte.
Leider hat der Kodex nicht mehr seinen
ursprünglichen Einband. Dieser hat unter Be-
nutzung der alten, hierbei nur wenig beschnit-
tenen Holzdeckel einer Umkleidung mit dunkel-
violettem Sammet Platz gemacht, der die Spuren
starker Benutzung zeigt. Sein Schmuck besteht,
nachdem die beiden Schliefsen verschwunden
sind, auf der Vorder- wie Rückseite nur noch
in fünf durchbrochenen silbergegossenen Zier-
scheiben. Radartig gestaltet, so dafs acht Spei-
chen zu ebenso vielen Rundungen sich vereinigen,
die in den Zwickeln durch geperlte Schleifen
überdeckt sind, erinnern sie an die Rosetten,
mit denen mehrfach die Ebenholzaltärchen
und Kasten nord- und süddeutscher Samm-
lungen verziert sind als hochgeschätzte Arbeiten
des zuerst in Norddeutschland thätigen, von
1582 bis mindestens 1607 in Augsburg ansässi-
gen Goldschmieds Mathäus Wallbaum aus Hol-
stein, der ein ebenso geschickter Figurentreiber
wie Ornamentist war. Es ergibt sich daraus die
Vermuthung, dafs der Wechsel des Einbandes
gegen Schlufs des XVI. Jahrh. in Deutschland
erfolgt ist, wo sich also um diese Zeit der Kodex
noch befunden haben mufs.

Hinsichtlich der in ihm enthaltenen Tafel mit
der merkwürdigen, Sp. 77 abgebildeten, Muste-
rung mag hier noch die Notiz Platz finden, dafs
ihr ohne Zweifel ein morgenländisches Seiden-
gewebe zu Grunde liegt, und gerade die naturalisti-
sche Umgestaltung, welche dieses von der Hand
des Miniators erfahren hat, besondere Beachtung
verdient. Was bei dem Orientalen nur dasProdukt
seiner auf das Dekorative gerichteten Phantasie
war, wurde dem viel nüchternem Abendländer zu
einer Drolerie, und defswegen wirken namentlich
die zusammengekuppelten Gestalten: Doppel-
rumpf mit einfachem Kopf, in dieser die Formen-
sprache des Abendlandes zeigenden Uebertra-
gung um so sonderbarer. Schnitt gen.

Universitätsbibliothek zu
Upsala besuchte, erregte
meine Aufmerksamkeit
ganz besonders das dort
aufbewahrte Evangelien-
Da ich von dem Ober-
bibliothekar Herrn Dr. Claes Annerstedt vernahm,
dafs dasselbe keinerlei Veröffentlichung erfahren
habe, überlegten wir, inwieweit eine solche wohl
veranstaltet, der kostbare Kodex selbst zu diesem
Zwecke nach Deutschland geschickt werden
könne. Nach einigen Jahren gelangte er, dank
der warmen Befürwortung durch den Herrn
Oberbibliothekar, auf den von mir angeregten
Antrag des Herrn Professors Dr. Hansen, durch
Vermittlung des Ministeriums und der Kölner
Regierung für einige Monate in das Kölner
Archiv, wo ich seine sämmtlichen Miniaturbilder,
sowie verschiedene Ornamente und Initialen
photographiren liefs. Mein Freund P. Beissel,
hier gerade mit solchen Studien beschäftigt,
übernahm bereitwilligst die sorgsamste Prüfung,
und es freut mich, das sehr werthvolle Ergeb-
nifs derselben hier vorlegen zu können.

Leider haben meine Versuche, über die Ge-
schichte des Kodex Genaueres zu ermitteln,
keinen Erfolg gehabt, so dafs ich darüber nur
anzugeben vermag, was ich von Herrn Anner-
stedt erfahren habe. Dieser theilte mir mit, dafs
sein Vorgänger 1806 eine Sammlung kostbarer
Bücher, zumeist orientalischen Ursprungs, alsVer-
mächtnifs des schwedischen Gesandten am türki-
schen Hofe, Ulrich Celsing, nach Upsala gebracht
und in Betreff unseres Evangeliariums die Notiz
beigefügt habe: „Multo vero splendidissimus
accedebat Codex IV Evangeliorum Latinus, in
usum Imperatoris Henricilll A. 1045 adornatus,
auro et picturis variis eleganter distinetus." Da
Ulrich Celsing 1770 —1779 Gesandter inKonstan-
tinopel, 1783 — 1786 beim kursächsischen Hofe,
1786—1789 in Oesterreich war und Bücherlieb-
haber gewesen zu sein scheint, so ist es wahrschein-
 
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