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Zeitschrift für christliche Kunst — 13.1900

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Derix, Heinrich: Alte Glasmalereien des XV. Jahrh. im Dom zu Xanten
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https://doi.org/10.11588/diglit.3912#0124

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175

1900. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

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sondern lediglich um dem Durchdringen von
Regen und Wind Einhalt zu thun. Das ver-
wandte Blei war meist sehr schmal und hatte
durchschnittlich eine Breite von nur 6 — 7 mm.
Das Glas ist aufserordentlich dünn, vielfach
nur l1/» bis 2 mm dick. An einzelnen wenigen
Stellen jedoch auch bis zu 31/» mm. Bei den
verhältnifsmäfsig sehr grofsen Stücken und der
schlechten Befestigung derselben ist es ver-
wunderlich, dafs noch so viele Scheiben bis
in unsere Zeit erhalten geblieben sind. Beim
Herausnehmen, zwecks Restauration fielen die
einzelnen Felder trotz gröfster Vorsicht voll-
ständig auseinander, so wenig Halt hatten die-
selben mehr. Glücklicherweise waren diese
und alle alten Glasmalereien des Domes bereits
im Jahre 1888 farbig aufgenommen, so dafs
auch manche inzwischen herausgefallene und
verloren gegangene Stücke genau wieder her-
gestellt werden konnten. Bei einer theilweisen
früheren Restauration waren die Glasstücke
einzelner Felder sinnlos aneinander verbleit,
so dafs einige zusammengehörige Theile über
das ganze Fenster zerstreut waren. Auch selbst
in den Fenstern des hohen Chores fanden sich
hier und dort Reste dieses Fensters, welche bei
der Restauration Verwendung finden konnten.
Das hier abgebildete Fenster zeigt durch
seine Zeichnung und Behandlung, dafs es
spätestens im ersten Drittel des XV. Jahrh. ent-
standen sein nuiss. Das Mafswerk dieses
Fensters wurde 1372 durch den Meister Conrad
von Cleve verfertigt.1) Da durch den Brand
und Wiederaufbau des Westthurmes die Fertig-
stellung dieses Seitenschiftjoches bis nach 1389
verschoben wurde, so dürfte es sehr wahr-
scheinlich sein, dafs dieses Fenster bald nach
Fertigstellung dieses Baues entstanden ist. Es
mag wohl nicht angängig sein, dieses Fenster
dem Meister Jacob von Köln zuzuschreiben.
Durch die Baurechnungen ist allerdings er-
wiesen, dafs derselbe kurz zuvor, um 1369,
die gleich neben diesem Fenster stehenden
Glasmalereien des nördlichen Seitenchörchens
verfertigte.2) Diese sind allerdings wesentlich
anders in Zeichnung und Behandlung, und
während das hier abgebildete Fenster schon
ziemlich kräftige Modellirung der Figuren

') Stephan Beissel »Baugeschichte der Kirche
des hl. Viktor» S. 121.

2) Stephan Beissel «Geschichte der Aus-
statlung der Kirche des hl. Viktor» S. 1ÜU.

zeigt, sind bei jenen die Schatten lediglich
durch mehr oder minder dicke Konturen ohne
Schattirung angedeutet. Jene sind offenbar
unter nordfranzösischem Einfluss entstanden,
während das hier beschriebene Fenster in
Zeichnung und Modellirung an die besten
Werke der Kölner Schule aus dein Beginn des
XV. Jahrh. erinnert.

In Bezug auf Arrangement, Farbenvertheilung
und Behandlung ist dieses Fenster ein Weik
ersten Ranges. Unter drei gleichen, perspek-
tivisch gezeichneten, zierlichen Architekturen
stehen in der Mitte der hl. Viktor, in der
Rechten Lanze mit Fähnchen, mit der Linken
den Mantel haltend; zu seiner Linken der
hl. Petrus, zur Rechten der hl. Antonius abbas.
Beide empfehlen die vor ihnen knieenden
Stifter, Xantener Kanoniker, dem hl. Viktor.
Die Details der Architekturen sind äufserst
fein gezeichnet. Die Blattverzierungen sind
fast ausschliefslich aus Kleeblättern gebildet.
Die in ihren Verhältnissen äufserst schlanke
Viktorfigur steht auf einem dunkelrothen Hinter-
grunde. Die Aufsenseite des Mantels des
hl. Viktor ist hell graublau, die Innenseite
weifs, worauf mit Schwarzloth Hermelinschwänz-
chen angedeutet sind. Vorne auf dem Panzer
trägt St. Viktor einen kleinen Schild mit gelbem
Kreuz auf dunkelblauem Grund. St. Antonius
ist mit Buch, Stock und Glöckchen dargestellt,
neben ihm sein hergebrachtes Attribut, ein
kleines Schweinchen. Er sowohl, wie der
vor ihm knieende Donator sind ganz in weifser
Farbe gehalten, nur der Hintergrund ist
mitteltief graublau. Auch der hl. Petrus, welcher
mit Tiara, Stab und Schlüsseln dargestellt ist,
ist gleich dem Stifter ganz weifs in Farbe; nur
der Hintergrund ist graublau. Letzterer ist bei
allen drei Figuren mit einem sehr schön ge-
zeichneten, mit Schwarzloth aufkonturirtem
Blattmuster versehen, wie aus der Abbildung
ersichtlich. Die drei Architekturen sind ebenso
wie die bekrönenden Engelchen ganz weifs
gehalten. Der Hintergrund ist dort, wo er
unten blau ist, oben roth und umgekehrt. Die
dreieckigen Mafswerkfüllungen oberhalb der
Architekturen sind im Mitteltheil hell graublau,
in den Seitentheilen hell violett; während sie
von einem dunkelgelben Rand, der auch neben
der Architektur im oberen Feld herunter fort-
gesetzt ist, eingefafst sind. Die bemalten Bordür-
quadern sind alle weifs und verschieden in
 
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