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Zeitschrift für christliche Kunst — 13.1900

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Schubring, Paul: Bischofsstühle und Ambonen in Apulien
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https://doi.org/10.11588/diglit.3912#0141

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203

1900.

ZEITSCHRIFT KÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

204

konstruktionn) richtig vermuthet, Ambo und
Pulpitum gegenüber. Der Ambo hatte zwei
Aufgänge. Sein heutiger Säulenunterbau und
die gewundene Treppe sind spätere Zu-
thaten; das heute an der Rückseite ange-
brachte Huldigungsrelief diente früher dem
gradus ascensionis als rechte Treppenwange.
Dies Relief gehört zu den vornehmsten Leistun-
gen der italischen Kunst des XIII. Jahrh.
Das rechtwinklige Dreieck des Planes wird
durch eine sechsfache Rundbogenarchitektur,
die mit der Treppe aufsteigt, gegliedert. Der
freie Grund ist durch vertiefte,
einst mit Glas ausgefüllte Kreise
gemustert. In den Bogen sitzen
schwere, reiche Knäufe, die Zwickel
werden durch Pinienzapfen ausge-
füllt. Unter dem dritten Bogen
(von rechts) sitzt eine männliche
Gestalt in trono, mit Krone und
Scepter, welch' letzteres den
Herantretenden entgegengestreckt
wird. Diese nahen von rechts, zum
Theil baarhäuptig, zum Theil mit
einer Fürstenkappe geschmückt,
durch den Ledergürtel als Ritter
charakterisirt. Die Linke fafst in
den Riemen, der den Mantel zu-
sammenhält, die Rechte ist ver-
ehrend gehoben oder streckt sich
huldigend dem Kaiser entgegen.
Denn dieser ist es, dem ge-
huldigt wird. Der Adler unten
rechts verräth, dafs es ein Stau-
fer ist; sicher haben wir Fried-
rich IL hier zu erkennen

Jet Abb. 3. Adler und Skl.ive von der v.Jq
Kanzel des Doms in Bari

Aber auch die Vorderseite des Obertheiles
mit der Ausbauchung ist sehr eigenartig ge-
bildet. Kleine Löwen tragen die Ecksäulchen,
auf denen der schwere mit hohen Knäufen be-
setzte obere Kranz ruht. Das Flechtwerk der
geraden Platten verräth noch die Spuren seiner
alten farbigen Glasherrlichkeit. Die Ausbau-
chung trägt rechts und links je acht Kassetten-
felder mit Rosetten, auf den Rahmen kostbare
Steine. In der Mitte kauert der halbnackte
Sarazene, der über seinem Kopf den in stolzer
hoher Haltung sich stemmenden Adler trägt,
dieser hält mit seinem Kopf dann
das in der Form eines steinernen
aufgeschlagenen Buches vorkra-
gende Lesepult.

Wir begreifen, dafs der Künst-
ler12) eines solchen Werkes sich
desselben rühmt:

„Hoc opus fecit Nicolaus sa-
cerdos et magister anno millesimo
ducentesimo vicesimo nono indic-
tionis seeunde.

Und die andere Inschrift fügt,
ähnlich wie in Canosa den from-
men Wunsch bei:

Docta manus me fecit ad hoc

ut lectio vite
hie recitata ferat fruetum mentis
fl(men).
Diese Kanzel in Bitonto ist
Dicht die einzige ihrer Art in
Apulien. Von einer können wir
wenigstens noch Theile nach-
weisen, die einen ähnlichen Auf hau,
ticht eine gleich kostbare Aus-

schon inhaltlich dies Relief als pro- (N»ch«nerPhot. von UMmuller.) führung vermuthen lassen. Diese
fanes Votivbild höchst eigenartig und nur dem zweite Kanzel stand einst im Dom von Bari,
persönlichen Kunstwillen dieses auch für die Erhalten sind heute nur der Adler und der
Kunst wichtigsten der mittelalterlichen Kaiser
zu verdanken, so braucht die künstlerische Be-
trachtung vor der nationalen nicht zurückzu-
treten. Die Disposition des Ganzen ist gut
durchdacht Das Ornamentale ist mit gröfster
Kraft und Sicherheit ausgeführt, und auch die
figürlichen Theile verrathen eine sichere, be-
wufst schaffende Hand.

creto degradirl wird. Jedenfalls haben diese allen primi-
tiven Anlagen die neuen Architekturen so gut wie gar
nicht beeinflufst. Bitonto speziell verdankt erst der
staufischen Herrschergunst seine kurze, freilich aufser-
ordentliche Blilthe.

n) Die Tafel befindet sich im Museum von Bari.

") Dieser Nicolaus »sacerdos et magister« ist aller
Wahrscheinlichkeit nach (so auch Schulz I 208) der-
selbe, der sich am Campanile in Trani als Nicolaus
sacerdos et protomagister verewigt hat und nach Ro-
gadeo (Arte e Storia 1888 p. 12) einen Ambo für
die Kathedrale von Bari gearbeitet hat. Ob freilich
darin von Quast und Rogadeo Recht behalten, dafs
dieser Nicolaus aus Foggia stammte, ist die Frage.
Wir wissen nur von einem Bartholomäus protomagister,
der 1223 den Palast für Kaiser Friedrich dort auf-
führte; sein Sohn, magister Nicolaus de Barlholomeo
de Foggia marmorarius hat dann 1272 die bekannte
Kanzel in Ravello verfertigt. Zwischen diesen beiden,
stilistisch ganz verschiedenen Kanzeln von Bitonto und
Ravello, liegen 43 Jahre. Mir scheint es nothwendig,
hier zwei magistri Nicolaus anzunehmen.
 
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