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1900. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.-
320
tiveu Künste im XIX. Jahrh, bewährt der Verfasser
sich als einen recht geschickten Führer, der das An-
schauungsmaterial gut auszuwählen und zu benutzen
versteht. B.
Moderne K irchen -Malereien. Lief. 3. —
Moderne Kirchen-Dekor atio ne n. Lief. 3 u. 4.
Beide im Verlag von A. Schroll in Wien erscheinen-
den, in Bd. XII, Sp. 3110/391 bereits besprochenen
Lieferungswerke haben einigen Zuwachs erfahren, der
bei den figürlichen Malereien in den 14 Sta-
tionen von Overbeck besteht. Dafs diese, letzthin
durch die Leo-Gesellschaft in kleinem Heft mit Gebet-
lein von P. Pesch (cf. Bd. XIII, Sp. 19^) veröffent-
lichten, tiefempfundenen Bilder hier in gröfserer Aus-
gabe vorliegen, ist warm zu begrüfsen — Für die orna-
mentalen Dekorationen betont der Herausgeber
in der „Ein begleitung" „dafs in ihnen das mo-
derne künstlerische Empfinden überall kräftig durch-
schlage". In Wirklichkeil enthalten sie zumeist ältere
Reminiscenzen, von denen einzelne zeichnerisch abge-
schwächt und farblich verwässert sind, wie die Wand-
verzierungen der Kirche St. Ludmilla zu Prag, andere
hingegen eine originelle und geschickte Verwendung
mittelalterlicher Stoffir.otive zeigen, vielleicht „nicht be-
wufst und gewollt alterthümelnd", aber dennoch den Spu-
ren alter bekannter Stoffmuster nachgehend. Wäre diese
sehr verständige Praxis im altehrwürdigen Dom von
Fünfkirchen beobachtet worden, so würde das Ergebnifs
ein glücklicheres sein, als das hier vorliegende. Selbst
in neuen Kirchen, die einen ernsten Stil haben, wer-
den wirklich kenntnifsreiche Maler auf den alten
Formenschatz nicht ganz verzichten wollen, auch nicht
leicht sich einbilden, ihn durch Umgestaltung ver-
bessern zu können; noch mehr Beachtung wird dieser
Schatz verdienen, wenn es sich um die Ausstattung
eines alten Baudenkmals handelt. Seh.
Das Cabinet für kirchliche Kunst im Colle-
gium S. J. zu Kalksburg bei Wien von Ladislaus
Velics S. J. Custos. Wien 1900.
Als Lehrapparat für den Kunstunterricht im Jesuiten-
kollegium zu Kalksburg hat der Verfasser eine kleine
Kunstbibliothek, eine Bildersammlung, eine Münzen-
und Medaillensammlung und namentlich Sammlungen
zum Studium der kirchlichen Kleinkünste eingerichtet.
Letztere sollen vornehmlich mit den einzelnen Tech-
niken bekannt machen und bestehen daher in Sticke-
reien, Spitzen, Geweben, Glasmalereien, Mosaiken,
Emails, deren verschiedene Abarten hier in Original-
mustern vorliegen, meistens eigens dafür angefertigten
Proben, die zum Theil als wahre Musterleistungen be-
zeichnet werden dürfen (auf Grund der Beschreibungen
und der beigefügten Abbildungen). Dieses Kunst-
kabinet, dessen Ausschmückung ebenfalls mit Sorgfalt
besorgt ist, verdient wegen seiner praktischen Einrich-
tung und namentlich wegen der technischen Vorlagen,
volle Anerkennung und wird gewifs manchen Freund
zu weiteren Beiträgen ermuntern, zu neuen, aber auch
zu alten, denn wenn die historisch entwickelten Tech-
niken an aus deren Ursprungszeit .-.lammenden Beweis-
stücken illustrirt werden können, so ist die Unterwei-
sung um so anregender und zuverlässiger. Also Dank
für die vornehme Veröffentlichung, und CHick auf!
s c h n ii t g e n .
Königliche Museen zu Kerl in. Beschrei-
bung der Bildwerke der christlichen Epo-
chen. Zweite Auflage. Die Elfenbeinbild-
werke bearbeitet von Wilhelm Vöge. Berlin
1900. W. Spemann. (Preis 1 Mk.)
Die starke Vermehrung dieser Ablheiiung im Ber-
liner Museum hat für den Katalog die Scheidung in
mehrere Theile kleineren Formates empfohlen, und
die Elfenbeinbildwerke, die über 200 Nummern
umfassen, eröffnen die Reihe. Die altchristliche Epoche
zählt 7 Exemplare, die byzantinische 24, die früh-
mittelalterliche und romanische 50, die gothische "ili,
die Renaissance- und Barockzeit (iö. Die einzelnen
Exemplare sind, je nach ihrer Bedeutung, sorgsam
beschrieben unter Heranziehung des Vergleichsmate-
rials und des literarischen Apparates, so dafs die Ka-
tologisirung auf der vollen Höhe der wissenschaftlichen
Forschung steht, die gerade auf diesem Gebiete, zumal
für die ältesten Perioden, im letzten Jahrzehnt grofse
Forlschritte gemacht hat. Da ein Heft mit Licht-
drucktafeln zu sämmtlichen Beschreibungen die
Abbildungen liefern soll, so liegt hier ein so um-
fassendes und charakteristisches Studienmaterial vor,
wie nur einige Museen aus ihren eigenen Beständen
es zu stellen vermögen, das Berliner nur mit Hülfe
des enormen Zuwachses, den es seinem Direktor Bode
verdankt. Schnütgen.
Die ägyptische Pflanzensäule. Ein Kapitel
zur Geschichte des Pflanzenornaments von Ludwig
Borchardi. Berlin 1897. Verlag von Ernst
Wasmuth. (Preis 5 Mk.)
In das Wirrsal, welches hinsichtlich der aus der
Pflanzenwelt gewonnenen ägyptischen Säulenfornien
entstanden war, bringt der Verfasser auf Grund der
an den Abbildungen und Originalen vorgenommenen
Studien endlich Ordnung, indem er die in Frage
kommenden Pflanzen nach der Natur schildert, nach
ihrer Verwendung in der ägyptischen Kunst forscht
und dieselben in den Säulenfornien nachweist. Drei
Arten der Nymphaea, die Papyrusstaude, die Palme
und noch zwei andere Pflanzen ergaben sich an der
Hand der Natur, die Lilie aus den Abbildungen, so
dafs der Verfasser drei Arten Nymphäensäulen, die
Lilien-, Papyrus- und Palmensäule, zwei Arten Kohr-
säulen feststellt, für deren Nachweis und Erklärung er
83 Abbildungen zu Hülfe nimmt. Im Anschlufs daran
begründet er die durch 5 weitere Abbildungen illu-
strirte Behauptung, dafs die ägyptische Säule der Idee
nach keinen konstruktiven Zweck halle, weil sie eigent-
lich nur die Pflanze versinnbilden sollte, die von der
Erde (dem Fufsboden) zum Himmel (der Decke) auf-
ragt, so dafs der Schlufssatz der ganzen interessanten
Lntersuchung lautet: „Der Aegypler dachte sich seine
Pflanzensäulen als freie Endigungen und ornamentirte
sie, wie solche." r..
1900. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.-
320
tiveu Künste im XIX. Jahrh, bewährt der Verfasser
sich als einen recht geschickten Führer, der das An-
schauungsmaterial gut auszuwählen und zu benutzen
versteht. B.
Moderne K irchen -Malereien. Lief. 3. —
Moderne Kirchen-Dekor atio ne n. Lief. 3 u. 4.
Beide im Verlag von A. Schroll in Wien erscheinen-
den, in Bd. XII, Sp. 3110/391 bereits besprochenen
Lieferungswerke haben einigen Zuwachs erfahren, der
bei den figürlichen Malereien in den 14 Sta-
tionen von Overbeck besteht. Dafs diese, letzthin
durch die Leo-Gesellschaft in kleinem Heft mit Gebet-
lein von P. Pesch (cf. Bd. XIII, Sp. 19^) veröffent-
lichten, tiefempfundenen Bilder hier in gröfserer Aus-
gabe vorliegen, ist warm zu begrüfsen — Für die orna-
mentalen Dekorationen betont der Herausgeber
in der „Ein begleitung" „dafs in ihnen das mo-
derne künstlerische Empfinden überall kräftig durch-
schlage". In Wirklichkeil enthalten sie zumeist ältere
Reminiscenzen, von denen einzelne zeichnerisch abge-
schwächt und farblich verwässert sind, wie die Wand-
verzierungen der Kirche St. Ludmilla zu Prag, andere
hingegen eine originelle und geschickte Verwendung
mittelalterlicher Stoffir.otive zeigen, vielleicht „nicht be-
wufst und gewollt alterthümelnd", aber dennoch den Spu-
ren alter bekannter Stoffmuster nachgehend. Wäre diese
sehr verständige Praxis im altehrwürdigen Dom von
Fünfkirchen beobachtet worden, so würde das Ergebnifs
ein glücklicheres sein, als das hier vorliegende. Selbst
in neuen Kirchen, die einen ernsten Stil haben, wer-
den wirklich kenntnifsreiche Maler auf den alten
Formenschatz nicht ganz verzichten wollen, auch nicht
leicht sich einbilden, ihn durch Umgestaltung ver-
bessern zu können; noch mehr Beachtung wird dieser
Schatz verdienen, wenn es sich um die Ausstattung
eines alten Baudenkmals handelt. Seh.
Das Cabinet für kirchliche Kunst im Colle-
gium S. J. zu Kalksburg bei Wien von Ladislaus
Velics S. J. Custos. Wien 1900.
Als Lehrapparat für den Kunstunterricht im Jesuiten-
kollegium zu Kalksburg hat der Verfasser eine kleine
Kunstbibliothek, eine Bildersammlung, eine Münzen-
und Medaillensammlung und namentlich Sammlungen
zum Studium der kirchlichen Kleinkünste eingerichtet.
Letztere sollen vornehmlich mit den einzelnen Tech-
niken bekannt machen und bestehen daher in Sticke-
reien, Spitzen, Geweben, Glasmalereien, Mosaiken,
Emails, deren verschiedene Abarten hier in Original-
mustern vorliegen, meistens eigens dafür angefertigten
Proben, die zum Theil als wahre Musterleistungen be-
zeichnet werden dürfen (auf Grund der Beschreibungen
und der beigefügten Abbildungen). Dieses Kunst-
kabinet, dessen Ausschmückung ebenfalls mit Sorgfalt
besorgt ist, verdient wegen seiner praktischen Einrich-
tung und namentlich wegen der technischen Vorlagen,
volle Anerkennung und wird gewifs manchen Freund
zu weiteren Beiträgen ermuntern, zu neuen, aber auch
zu alten, denn wenn die historisch entwickelten Tech-
niken an aus deren Ursprungszeit .-.lammenden Beweis-
stücken illustrirt werden können, so ist die Unterwei-
sung um so anregender und zuverlässiger. Also Dank
für die vornehme Veröffentlichung, und CHick auf!
s c h n ii t g e n .
Königliche Museen zu Kerl in. Beschrei-
bung der Bildwerke der christlichen Epo-
chen. Zweite Auflage. Die Elfenbeinbild-
werke bearbeitet von Wilhelm Vöge. Berlin
1900. W. Spemann. (Preis 1 Mk.)
Die starke Vermehrung dieser Ablheiiung im Ber-
liner Museum hat für den Katalog die Scheidung in
mehrere Theile kleineren Formates empfohlen, und
die Elfenbeinbildwerke, die über 200 Nummern
umfassen, eröffnen die Reihe. Die altchristliche Epoche
zählt 7 Exemplare, die byzantinische 24, die früh-
mittelalterliche und romanische 50, die gothische "ili,
die Renaissance- und Barockzeit (iö. Die einzelnen
Exemplare sind, je nach ihrer Bedeutung, sorgsam
beschrieben unter Heranziehung des Vergleichsmate-
rials und des literarischen Apparates, so dafs die Ka-
tologisirung auf der vollen Höhe der wissenschaftlichen
Forschung steht, die gerade auf diesem Gebiete, zumal
für die ältesten Perioden, im letzten Jahrzehnt grofse
Forlschritte gemacht hat. Da ein Heft mit Licht-
drucktafeln zu sämmtlichen Beschreibungen die
Abbildungen liefern soll, so liegt hier ein so um-
fassendes und charakteristisches Studienmaterial vor,
wie nur einige Museen aus ihren eigenen Beständen
es zu stellen vermögen, das Berliner nur mit Hülfe
des enormen Zuwachses, den es seinem Direktor Bode
verdankt. Schnütgen.
Die ägyptische Pflanzensäule. Ein Kapitel
zur Geschichte des Pflanzenornaments von Ludwig
Borchardi. Berlin 1897. Verlag von Ernst
Wasmuth. (Preis 5 Mk.)
In das Wirrsal, welches hinsichtlich der aus der
Pflanzenwelt gewonnenen ägyptischen Säulenfornien
entstanden war, bringt der Verfasser auf Grund der
an den Abbildungen und Originalen vorgenommenen
Studien endlich Ordnung, indem er die in Frage
kommenden Pflanzen nach der Natur schildert, nach
ihrer Verwendung in der ägyptischen Kunst forscht
und dieselben in den Säulenfornien nachweist. Drei
Arten der Nymphaea, die Papyrusstaude, die Palme
und noch zwei andere Pflanzen ergaben sich an der
Hand der Natur, die Lilie aus den Abbildungen, so
dafs der Verfasser drei Arten Nymphäensäulen, die
Lilien-, Papyrus- und Palmensäule, zwei Arten Kohr-
säulen feststellt, für deren Nachweis und Erklärung er
83 Abbildungen zu Hülfe nimmt. Im Anschlufs daran
begründet er die durch 5 weitere Abbildungen illu-
strirte Behauptung, dafs die ägyptische Säule der Idee
nach keinen konstruktiven Zweck halle, weil sie eigent-
lich nur die Pflanze versinnbilden sollte, die von der
Erde (dem Fufsboden) zum Himmel (der Decke) auf-
ragt, so dafs der Schlufssatz der ganzen interessanten
Lntersuchung lautet: „Der Aegypler dachte sich seine
Pflanzensäulen als freie Endigungen und ornamentirte
sie, wie solche." r..