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Zeitschrift für christliche Kunst — 13.1900

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Schmitz, Wilhelm: Die Klostergebäude der Benediktiner-Abtei von St. Matthias bei Trier
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https://doi.org/10.11588/diglit.3912#0235

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361

litOU — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

362

Die in dem Grundrifs angegebene Eintei-
lung des südlichen Flügels, welche heute noch
zum Theil vorhanden ist, stammt aus späterer
Zeit. Nach Angabe des Besitzers Herrn Dr.
von Neil befand sich ursprünglich ein grofser
Saal in diesem Flügel, welcher in vier Joche
eingetheilt war. Die Gewölbe hatten also die
doppelte Spannung der übrigen und waren
daher naturgemäfs auch viel höher als die der
übrigen Säle. Die Höhe derselben bis zum
Kämpfer betrug 4,30 m und bis zum Scheitel
8,70 m. Nach dem Kreuzgange zu befanden
sich Rundfenster von etwa 1 m Durchmesser,
während an der entgegengesetzten Seite in
jedem Joch ein gröfseres zweitheiliges Fenster
angebracht war, wie sich ein solches auch
heute noch an der östlichen Stirnseite des
Flügels befindet. Dasselbe ist von aufsen sehr
schlicht gehalten, während es im Innern, wie
aus der Skizze näher ersichtlich ist, eine sehr
wirkungsvolle Profilirung aufzuweisen hat. Die
Basis der kleinen Säulchen wie überhaupt die
ganze Sohlbank des Fensters ist durch die
später erfolgte Anordnung der Zwischendecke
verdeckt worden. Obgleich wir nicht die ge-
ringsten Notizen über die Bestimmung des
südlichen Flügels besitzen, so wird man doch
wohl nicht fehlgehen, wenn man annimmt, dafs
auch dieser hochgewölbte Saal als Refektorium
benutzt wurde.

Für die Eintheilung des westlichen Flügels
fehlen die Anhaltspunkte gänzlich. Vermuth-
lich befanden sich hier in der Nähe des Refek-
toriums die Küche und weiter auf die Kirche zu
die Vorrathsräume und das Laien-Refektorium.

Die Architektur der aus dem XIII. Jahrh.
stammenden Gebäude athmet denselben früh-
gothischen Geist wie die Liebfrauenkirche und
der Kreuzgang des Domes. Wie bei letzterem,
so sind auch hier die grofsen Oeffnungen des
Kreuzganges und der Portale rundbogig ge-
staltet und sowohl die Profile als die Skulp-
turen zeigen jene feine Eleganz, die auch
der Liebfrauenkirche so grofsen Reiz verleiht.

Wenn wir uns die Reste des Kreuzganges
näher betrachten, so wird man bemerken, dafs
demselben die reichste Ausbildung zu Theil
wurde. So waren die Pfeiler zwischen den
Mafswerköfifnungen von neun freistehenden
Säulchen aus Schiefermarmor umgeben und
auf diesen befanden sich reich ornamentirte
Kapitale, die als Abschlufs eine ebenfalls aus

Schiefermarmor bestehende Deckplatte trugen.
Die Abwechselung in der Wahl des Materials,
die offenbar auch den Einflufs der romanischen
Bauwerke Rheinlands erkennen läfst, wird in
Verbindung mit der inneren farbigen Behand-
lung von grofsartiger Wirkung gewesen sein ;
es wäre daher mit Freude zu begrüfsen, wenn
diese Perle der rheinischen Kreuzgänge recht
bald wieder in ihrer ursprünglichen Schön-
heit erstrahlen würde.5)

Auch die technische Ausführung war, so
viel man noch an den vorhandenen Bauwerken
ersehen kann, tadellos. Zu den Werksteinen
sind aufser den vorhin erwähnten Säulchen aus
Schiefermarmor noch weifse und gelbe Kalk-
steine verwandt worden. Ersterer wurde aus
der Gegend von Bar-le-Duc bezogen, letzterer
aus den Brüchen von Jaumont bei Metz. Ferner
wurden auch noch Sandsteine von Kordel und
Wasserliesch benutzt. Bemerkenswerth ist auch
die Bearbeitung der Werkstücke vermittelst der
Zahnfläche.

Es ist fast als ein Wunder zu betrachten,
dafs die vorbeschriebenen Gebäulichkeiten und
die neben diesen befindliche St. Matthiaskirche
in den Schreckensjahren 1673—75 der Zer-
störung entgangen sind. Die ruchlosen Heer-
führer Ludwigs XIV. hatten in jener Zeit in
Trier nicht weniger als neun Kirchen durch
rohen Uebermuth zerstört, darunter auch die
aus dein XI. und XII. Jahrh. stammende Pau-
linuskirche, sowie die herrliche Abteikirche von
St. Maximin. St. Matthias sollte ebenfalls dem
Boden gleichgemacht werden, jedoch ist dieses
dank dem frühzeitigen Eintreffen der zur Be-
freiung der Stadt entsandten alliirten Truppen
noch rechtzeitig vereitelt worden.

Beim Herannahen der französischen Truppen
im Jahre 17!>4 mufsten alle Insassen des
Klosters flüchten, das Klostergebäude wurde
ausgeplündert, alles Eisenwerk herausgerissen
und fortgeschafft und darnach das Kloster in
ein Lazareth verwandelt.

Im Jahre 1802 wurde dasselbe aufgehoben
und der letzte Abt desselben war Andreas
Welter aus Clüsserath.

Trier.

Wilh. Schmitz.
Dombaumctstcr.

') In anerkennenswerther Weise hat Herr Dr. von
Neil mit nicht unbedeutenden Kosten bereits vollständig
neue Oekonomiegebäude errichten lassen, um in näch-
ster Zeit mit den Instandsetzungsarbeiten der ehema-
ligen Klostergebäude beginnen zu können.
 
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