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Zeitschrift für christliche Kunst — 13.1900

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Endres, Joseph Anton: Die Reiterfiguren der Regensburger Domfaçade im Lichte mittelalterlicher Kirchenpolitik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3912#0237

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365

1900. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

366

der Münchner k. Hof- und Staatsbibliothek
Nr. 14970 (Emmeram.970) aus dem XVII.Jahrh.
und in dem Codex VI 3 der Klosterbibliothek
von Wilhering bei Linz aus dem XV. Jahrh.

Beide Manuskripte teilen die Legenden zu
den reichen Malereien mit, mit denen wahr-
scheinlich bald nach dem Brande von 1160
die flache Decke der Kirche wieder au?ge-
schmückt wurde. Nur mehr wenige erhaltene
Reste geben uns von der Malweise jener Zeit
in und um Regensburg eine Vorstellung. Allein
diese wenigen Reste, wie die Wand- und Decken-
bilder der Allerheiligenkapelle innerhalb des
Domkreuzgangs in Regensburg, des Karners
zu Perschen bei Nabburg, die erst jüngst wieder
an's Licht gezogene malerische Ausschmückung
der bei Regensburg gelegenen Klosterkirche von
Prüfening zeigen die monumentale Malerei von
damals auf einer bedeutenden Höhe der Ent-
wicklung.

Unter den Plafondmalereien von St. Erame-
ram befand sich auch eine Darstellung der
vier Weltreiche. Sie zierte die Decke über
dem mächtigen westlichen Querschiffe der Kirche.
Da die Texte der beiden Handschriften von
ungleichem Werte sind, so teile ich aus der
älteren und korrekteren mit, was sie über jene
Darstellung enthält. Sie leitet Fol. 51a die
Tituli folgendermassen ein: Subsequencia car-
mina in summitate ecclesie s. Emerammi Ralis-
pofie junctis figuris historias coniintntibus ha-
bentur,

Fol. 52 a folgt dann die Schilderung der
Wiedergabe der DaniePschen Prophetie:

In Summitate chori s. Dionisy habetur visio
Danielis de Quatuor regnis fortissimis da-
nielis VII. videlicet.

de regno Chaldeorum, persarum et medo-
rum, Grecorum et Romanorum. Primum reg-
niini Chaldeorum Signatur per leenam cui in-
sidet Nabuchodanasor de quo hy habentur
versus

Signas ecce lea babilonis magna trophea

Scd quid nobilitas quam non vult diua po-
testas.

De seeundo videlicet regno ]3ersarum et
Afedorum, quod Signatur per versum cui in-
sidet Cirus Rex persarum et medorum habetur
hoc disticlion

l rsa rapax et dente minax tcpersida pugnax

Datque medum signisque ferum titulisque
superbum.

De tercio regno videlicet grecorum signato
per pardum cui insidet Alexander magnus
Macedo ibidem leguntur hec bina carmina

Dal celer excursuspardi Macedo tibi cursus

Et regni lacerasgrecorum monstraihabenas.

(Fol. 52b): De quarto Regno videlicet Ro-
manorum Quod erit Vltimum ex quo orietur
Regnum an/ichrisli signatum per bestiam terri-
bilem et mirabilem habentern X cornua e quo-
rum media aliud paruum comu oritur cui in-
sidet Julius primus Rex seu cesar Romanorum.
Hec habentur

Bestia bellatrix le Roma notat dominatrix

Et comu grande le rex in fine nephande.

In maiori rola sive Spera inier Quatuor
minores Vbi habetur figura eius quem vir desi-
deriorum appellat plenum dierutn qui sedel
vestimentaque eius Candida vi nix etc. ut da-
nielis VII. Hec duo carmina habentur

Qui regit eterno complectens omnia giro

Sceptris esse quidem dal et omnibus auffe-
ret idem.*)

Die Auffassung der DaniePschen Prophetie
in den hier geschilderten Bildern ist ungefähr
dieselbe wie im Malerbuche vom Berge Athos.
Nur wird als Beherrscher des zweiten Welt-
reichs an Stelle des späteren Üarius Cyrus ge-
nannt, welcher die Herrschaft der Perser über
die Meder begründete. Unser Text hebt denn
auch ausdrücklich hervor »rex Persarum et Me-
dorum«. Dafs die Anleitung im Malerbuche
sich mit der Wiedergabe der vier Weltreiche
die Daniel'sche Prophetie noch nicht erschöpft
dachte, ist dadurch angedeutet, dafs der Schil-
derung der vier Thiere und ihrer Reiter die
Worte folgen: »Das andere wie in der zweiten
Ankunft (des Herrn)«, wozu der Herausgeber
des Malerbuchs die erklärende Bemerkung
setzt: »bei der Beschreibung des jüngsten Ge-
richtes«.6) Auch in St. Emmeram war der
zweite Theil des Gesichtes berücksichtigt, aber
er wurde offenbar nicht spezifisch eschatolo-
gisch gedeutet, vielmehr kam hier lediglich die
eine Gestalt (figura) des Alten, der da sitzt und
dessen Kleider weifs sind wie Schnee etc., zur
Darstellung. Auch darin unterscheidet sich die
Malerei zu St. Emmeram von den Angaben

* Die Texlabschrifl verdanke ich der Freundlich-
keit des Herrn P. Dr. Otto Grillenberger vom Kloster
Wilhering.

b) Schäfer, »Das Handbuch der Malerei vom Berge
Athos«, Trier 185B, 189.
 
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