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Zeitschrift für christliche Kunst — 13.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.3912#0246

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383

1900. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 11.

384

Das Museum im Palais des Grofsen Gartens zu
Dresden, welches sich seit seiner Gründung im Jahre
1841 vornehmlich aus kirchlichem Besitz rekrutirt
hatte, war über den engen Kreis der Kunstforscher
hinaus wenig bekannt geworden. Dasselbe besitzt
aber so viele, namentlich dem späten Mittelalter ent-
stammenden Kunstgegenstände, die vornehmlich in
Figuren und Schnitzwerken bestehen, dafs die Ver-
öffentlichung derselben drängte. Sie ist endlich in
durchaus würdiger und wissenschaftlich befriedigender
Weise erfolgt, und wie die 100 vortrefflichen Klein-
folio-Tafeln, aus denen sie besteht, eine erhebliche
Bereicherung des gothischen Bilderschatzes darstellen,
so enthält der Text nicht nur brauchbare Erklärungen,
sondern auch recht schätzenswerthe Vorarbeiten für
die Feststellung der sächsischen Bildhauer, die bisher
so zusagen gänzlich unbekannt, in bestimmte Gruppen
geschieden werden. Hierfür war es von Wichtigkeit,
dafs fast von allen Gegenständen die Fundstätten be-
kannt sind, also die grösseren und kleineren Kirchen,
für die sie ausgeführt wurden, so dafs auch noch
urkundliche Notizen über die Meister mit Sicherheit
zu erwarten sind. Die Bezirke von Freiberg, Leipzig,
Altenburg, Chemnitz, Dresden, Meifsen, Grofsenhain,
Kamenz haben die meisten Beiträge geliefert, die fast
sämmtlich in Altarschreinen und dazu gehörigen Fi-
guren bestehen, und die Analyse, der sie unterworfen
werden, führt zu Schulen, die weiter verfolgt werden
müssen, um den Ring zum vollständigen System zu
schliefsen. Der Verfasser bewährt hierbei einen scharfen
Blick, und hinsichtlich der stilistischen Beurtheilung
und darauf begründeter Datirung wie Atlribuirung
wird ihm im Allgemeinen zugestimmt werden dürfen.
Am werthvollsten ist die spätromanische Triumphkieuz-
gruppe aus dem Dom zu Freiberg, aus dem auch
noch mehrere gute spätgothische Statuen stammen
Ganz besondere Beachtung verdienen auch die drei
Flügelaltäre aus Eutritzsch (von denen aber der ältere
kaum noch in das XIV. Jahrh. zurückreichen dürfte),
sowie die spätgothischen Flügelaltäre aus Meifsen,
Grofsschirma, Kamenz, Lomnitz, die beiden Pulthalter
aus Ebersdorf und verschiedene der zahlreichen Einzel-
figuren, unier denen nur wenige unbedeutende Exem-
plare. Das hochgothische gestickte Antipendium aus
Pirna, wohl im Anschlüsse an ein gemaltes ausgeführt,
hat einen hohen antiquarischen, technischen, vorbild-
lichen Werth, und das spätgothische Monstranzfutteral
in geschnittenem Leder aus Chemnitz ist eine Rarität
ersten Ranges. — Also eine Publikation, die vollen
Beifall verdient! Schnütgen.

Allgemeines K uns tler-Lex i k o n, III. Auflage
von Singer. Verlag von Rütten & Loening in
Frankfurt a. M.
Von diesem sind seit dem letzten Referat in
Bd. XI Sp. 285 die beiden H a 1 b b ä n d e VII u n d VIII
erschienen, welche wiederum mit der gröfsten Sorg-
falt bearbeitet sind. Obwohl das Werk bis zum Namen
Vezzo gediehen ist, werden noch zwe i H al bbän d e
folgen, da ein bedeutender, im Manuscript fast ab-
geschlossener Nachtrag vorgesehen ist. Etwaige
Beiträge zu demselben sind also dringlicher Art. Der

einzige, der unsererseits geleistet werden kann, besteht
in dem (vielleicht überflüssigen) Hinweise auf den
Maler Marcellina Koffermans; dessen Name sich auf
einem von Robinson veröffentlichten Gemälde mit der
Jahreszahl 15n8 findet. Seine Marke, eine Fliege,
zeigen mehrere Porträts, eines im Museum zu Brüssel,
ein zweites im Kölner Kunsthandel mit dem Datum
1524. Ein anderes Porträt aus 1537, ebenfalls im
Brüsseler Museum, stammt aus der Sammlung Weyer
in Köln, in der es als Barthel Bruyn galt. Dem An-
scheine nach ist seine Heimath am Niederrhein zu
suchen und bei seiner langen Lebensdauer für seinen
Namen wohl noch manche Zuweisung zu erwarten.

Dasjubeljahr 1500 in der Augsburger Kunst.

Eine Jubiläumsgabe für das deutsche Volk von

Dr. J. E. Weis-Liebersdorf. In zwei Theilen.

Mit über 100 Illustrationen nach Originalphoto.

graphien. I. Theil. München 1901. Allgem.

Verlagsgesellschaft. (Preis Mk. 5).
Im Anschlüsse an das Jubeljahr 1500 wurden für
den Kreuzgang des Katharinenklosters in Augsburg
von den Malern Hans Holbein dem Aelteren, Hans
Burgkmair und L{eo) F(ars) 1499 bis 1504 die sieben
Hauptkirchen Roms in reicher phantastischer Um-
gebung biblischer Szenen ausgeführt. Diese durch
die Säkularisation mit der Kirche in den Staatsbesitz
übergegangenen ,,Basilikenbilder" macht der Verfasser
zum Gegenstande einer nicht nur sehr zeitgemäfsen,
sondern auch sehr gründlichen und anregenden Studie,
von welcher hier der erste, durch 57 vortreffliche,
meist noch nicht veröffentlichte Abbildungen illustrirle
Theil vorliegt. Das I. Kapitel behandelt das Jubel-
jahr 1500 und die goldene Pforte, zur Vorbereitung,
Anordnung, Einrichtung des Jubiläums durch Papst
' Alexander VI. zahlreiche Beiträge liefernde und zur
Ausdehnung desselben im Jahre 1501 auf den Christ-
liehen Erdkreis, speziell auf Deutschland überleitend.
Das II. Kapitel beschäftigt sich mit Augsburg um 1500,
seinen Kultur- und Kunst Verhältnissen, mit dem Ka-
tharinenkloster und seiner Stellung, mit den Basiliken-
bildern, ihrem Ursprung, ihrem Zweck, ihrer Geschichle.
Das III. Kapitel ist dem Hauptkünstler Hans Holbein
dem Aelteren (1473—1524), seiner Entwicklung, seiner
Charakteristik u. s. w. gewidmet, und das Basilikabild
Santa Maria Maggiore wird einer eingehenden Be-
schreibung unterworfen in Verbindung mit vielfachen
höchst instruktiven Untersuchungen über Legenden,
deren Ursprung und Bedeutung, über verschiedene
Heilige und deren Darstellung. Das IV. Kapitel end-
lich behandelt die Paulusbasilika, die nach einer inter-
essanten ikonographischen Prüfung hinsichtlich ihrer
malerischen und künstlerischen Bedeutung dargelegt
wird im Zusammenhang mit einer geistreichen Er-
örterung über das Ideal des Schönen und das Prob-
lem des Häfslichen bei Holbein. — Mithin hat der
Verfasser seine Aufgabe sehr weil gcfafsl und dadurch
seinem gerade augenblicklich sehr angebrachten Buche
einen weiten Interessentenkreis gesichert, welcher dem
bis Ostern zu erwartenden Abschlufs desselben mit
Spannung entgegensehen wird. li.
 
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