Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

DOI article:
Schreiber, Wilhelm Ludwig: M. Bouchots Ansichten über die Erstlinge der Holzschneidekunst, [1]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0040

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
53

1908.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

54

Heimatsort erlaubt, sondern nur das Blatt
„um 1500" datiert. Auf Grund meiner in-
zwischen fortgesetzten Studien über die deutsche
Bücherillustration kann ich mitteilen, daß sich
der Holzstock im Besitz Michael Wenßlers
in Basel befand und von ihm zuerst 1486
für ein Mainzer Missale (Copinger II 4162),
dann 1487 im Missale Coloniense (Praetor 7514)
und außerdem noch in vier undatierten Meß-
büchern verwendet wurde.

Nr. 112 ist nach Bouchot: „Allemagne
Rhenane 1485 — les plis brises semblent
indiquer un travail flamand-liegois". —
Ich (Nr. 1498) hatte richtig angegeben, daß
der Holzschnitt in Bamb erger Drucken von
etwa 1488 vorkommt. Man findet ihn in der
Bamberger Reformacio (Hain 13 714 u. 13 715)
sowieindenl491gedrucktenStatuten(H.15025).

Nr. 123. Bouchot: „Nuremberg 1495—1500.
Probablement taillee par un eleve des artistes
de Colmar". — Ich (Nr. 1675) hatte gesagt
„Nürnberg 1480—1490", und tatsächlich stammt
das Bild aus der 1484 von Koberger gedruckten
„Reformacion der Stadt Nuremberg" (H. 13 716).

Nr. 125. Bouchot: „Allemagne, Haut
Rhin 1480". — Ich (Nr. 1967) hatte ge-
schrieben „vielleicht Bayern um 1475", und
man findet den Holzschnitt wirklich in dem
um 1475 von Friedrich Creußner in Nürn-
berg gedruckten Tuberinus (H. 15 654).

Nr. 127. Bouchot macht die sich selbst
widersprechende Angabe: „Nuremberg vers
1490 — cette piece fut vraisemblablement
gravee en Autriehe par quelque artiste venu
de Colmar ou de Nuremberg". Aber dieses
im Manuel nicht verzeichnete Bild hat weder
mit Nürnberg, Österreich noch Colmar etwas
zu tun, sondern ist in dem 1494 und 1498
von Erhard Ratdolt in Augsburg gedruckten
Missale Pataviense(H. 11349 u. 11350) enthalten.

Nr. 169. Bouchot: „Alsace, Colmar vers
1490". — Ich hatte (Nr. 833) richtig ange-
geben, daß der Holzschnitt aus einem 1473
m Augsburg gedruckten Plenarium stamme.
Nur hatte ich Baemler als dessen Drucker be-
zeichnet, während es Günther Zainer ist
(Praetor 1534).

Nr. 168. Bouchot: „Lorraine vers 1440".
Er hat das Bild im Manuel nicht gefunden,
doch habe ich es (Nr. 835) beschrieben und
richtig bemerkt, daß es seit 1480 von Heinrich
Quentell in Co In zu vielen Druckwerken ver-
wertet ist. Ich muß jedoch noch ergänzend

hinzufügen, daß er es bereits 1479 in seinem
Fasciculus temporum (H. 6923) abgedruckt hat.

Dieser Vergleich fällt nicht ungünstig für
meinen Manuel aus. Mein Herr Gegner hat
meine Angaben nicht ein einziges Mal be-
richtigt, sondern sich stets weiter von der
Wahrheit entfernt und im letzten Falle sogar
um vierzig Jahre geirrt.

Schon aus diesen wenigen Proben läßt
sich seine Tendenz deutlich erkennen. Er
will niemals zugeben, daß ein Blatt im inneren
Deutschland entstanden ist. Wenn er glaubt,
die deutsche Herkunft nicht völlig bestreiten
zu dürfen, dann gibt er die Schweiz oder das
Elsaß, die er nicht mehr zu Deutschland
rechnet, als Ursprungsland an. Und während
er die Blätter, die er dem Auslande zuweist,
meist beträchtlich vordatiert, sucht er das Alter
der Deutschland gelassenen Bilder möglichst
herabzudrücken.

Tatsächlich läßt Bouchot von allen in Paris
vorhandenen Holzschnitten außer den bereits
genannten nur noch vierzehn als deutsch
gelten, macht aber bei mehr als der Hälfte
noch Einschränkungen: Nr. 30 „il faudrait
posseder le bois pour conclure sans reserve
en faveur d'une ceuvre purement allemande";
Nr. 66 „copiee par un Allemand sur un
primitif de l'Ecole de Beauneveu"; Nr. 69
„probablement d'apres un original francais'S
Nr. 84 Zusatz: „ou Gand"; Nr. 122 „par un
artiste de l'Allemagne d'apres un original
italien"; Nr. 156 „je pencherais ä voir ici une
oeuvre de Montbeliard"; Nr. 160 „Cette piece
a ete coloriee en pays francais"; Nr. 161 Zusatz:
„Bäle?" Mithin läßt Bouchot Deutschland nur
sechs Holzschnitte ohne Einschränkung, wäh-
rend er der Schweiz und dem Elsaß 19 zuweist.

Daß diese Zuteilung jeder Grundlage ent-
behrt, erklärt sich schon daraus, daß Bouchot
mit den Eigentümlichkeiten der verschiedenen
Dialekte nicht vertraut war, was ja auch nie-
mand von ihm verlangen kann.

Bei Nr. 148 (meine Nr. 785) hatte ich be-
merkt, daß die Schreibweise „iaur" für Jahr
auf Schwaben deute. Bouchot erklärt „le vil
guter iaur est plutot suisse", obgleich jeder
Germanist weiß, daß dort die Form „ior"
üblich war. — Nr. 162 bestimmt Bouchot
„Suisse ou Bas-Rhin", ohne zu ahnen, daß
das Idiom der Schweiz von dem nieder-
rheinischen völlig verschieden war; tatsächlich
kommen aber beide nicht in Frage, sondern
 
Annotationen