Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

DOI Artikel:
Hasak, Max: Karl der Große ist doch auf einer Art goldenem Thron beerdigt worden, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0070

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
109

1908. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

110

kleine Decke wieder hergestellt hatte
reiste er ab.]

Dieser Graf Otto von Lomello findet sich
unter einer Anzahl Urkunden als protospatarius
et comes sacri palatii19) Ottos III. Er ist I
also keine Erfindung des Novaleser Chronisten.
Lomello liegt auch in der Gegend von Turin.

In diesen Bericht hat man anscheinend
einiges hineingelesen, was nicht drin steht,
und zwar ersichtlich unter dem Eindruck des
Retheischen Gemäldes im Aachener Rathaus-
saal. Da sitzt Kaiser Karl in einer großen
gewölbten Krypta. Aber das hat der Graf
nicht erzählt. Im Gegenteil, er gebraucht
anstatt Gewölbe das Wort tugurium, gar tugu-
riolum. Das bedeutet eine Decke, ein kleines
Gewölbe, wie es über jeder gemauerten Gruft
nach der Bestattung des Toten hergestellt

letzten Krankheitsjahren geruht hatte. Auch
ist es nicht nötig residebat mit „saß" zu über-
setzen, wenn es auch als Gegensatz zu iacebat
steht, denn der Gegensatz besteht in den
zusammengehörenden Worten: residebat in
quandam cathedram. Daher ist der Akkusativ
vielleicht gar kein so grober Fehler. Er will
besagen: er ruhte (hingestreckt) auf eine Art
Thron. Daß diese Annahme die richtige sein
dürfte, wird der folgende Bericht aus Süd-
frankreich erweisen.

Gleichzeitig mit dem Chronisten von Nova-
lese, wenn nicht noch etwas früher, beschreibt
auch Ademar von Chavannes die Art der
Bestattung Karls. Ademar stirbt höchst wahr-
scheinlich 1035,21) sein Bericht reicht nur bis
1028. Er ist anscheinend ganz unabhängig
von Novalese und lebt zu Limoges. Allerdings

Der antike Sarkophag vom Grabmal Karls des Grofsen in Aachen.
Nach Hefsbildanstalt.

wird. Ferner sitzt bei Rethel der Kaiser steif
und senkrecht wie kaum ein Lebender auf
einem Thronsessel. Aber der Graf hat das
Gegenteil davon gesagt. Er läßt den Kaiser
in einer Art Thronsessel — in quandam
cathedram — sitzen, also nicht auf einem
richtigen Thron. Ich betone das, weil Lind-
ner20) hieraus einen Haupteinwurf gegen die
Glaubwürdigkeit des Berichtes herleitet. Er
bringt ärztliche Gutachten bei, daß eine Leiche
auf einem Thron sitzend garnicht zu erhalten
gewesen wäre. Zu dieser unrichtigen Vor-
stellung hat der Graf von Lomello keinen
Anlaß gegeben. Ich behaupte die „Art cathe-
dra" war ein bequemer vergoldeter Klappstuhl,
auf welchem der Kaiser vielleicht in den

19) »Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins.«
Bd. 14- (Aachen 1892.) (Lindner, „Die Fabel
von der Bestattung Karls d. Gr.").

^ »Zeitschrift der Aachener Geschichtsvereins.«
Bd. 14. (Aachen 1892.) (Lindner, „Die Fabel
von der Bestattung Karls d. Gr.").

erwähnt er nichts von der Eröffnung des
Grabes, sondern schreibt zum Todesjahre
Karls 814 wie folgt:22)

„Karolus . . . sepultus Aquis in basilica
Dei genitricis, quam ipse construxerat. Corpus
eius aromatizatum, et in sede aurea sedens
positus est in curvatura sepulchri, ense aureo
accinctus, euangelium aureum tenens in mani-
bus et genibus, reclinatis humeris in cathedra,
et capite honeste erecto, ligato aurea cathena
ad diadema. Et in diademate lignum crucis
positum est. Et repleverunt sepulchrum eius
aromatibus, pigmentis, balsamo et musco et
thesauris. Vestitum est corpus eius indu-
mentis imperialibus, et sudario sub diademate
facies eius operta est. Sceptrum aureum et
scutum aureum, quod Leo papa consecraverat,

al) Potthast, »Wegweiser durch die Geschichts-
werke". (Berlin 1896) Bd. 1. S. 14.

") »Monumenta Germ, hist.« Script. IV. (Ademari
historiae.) (Hannover 1841) Script. IV. S. 118.
 
Annotationen