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Zeitschrift für christliche Kunst — 21.1908

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Atz, Karl: Der Thron Salomos in ältester Form
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https://doi.org/10.11588/diglit.4126#0093

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153

1908. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Xr.

154

Stufe ohne irgend eine nähere Bezeichnung,
während die nächste jugendliche Gestalt in
weitem Prophetenmantel mit einem Käppchen
auf dem unbebarteten Haupte als Daniel
kenntlich gemacht ist; der Prophet sieht ganz
ähnlich aus, wie ihn das Malerbuch vom
Berge Athos S. 155 darzustellen vorschreibt.
Auf dem Schriftbande sind die Worte zu
lesen: Sit nomen Dni . . . die ganze Inschrift
dürfte gelautet haben: Benedictum a saeculo
usque in saeculum, quia sapientia et fortitudo
ejus sunt. (Dan. 2,20.)

Nun folgt die Reihe der Verehrer und
Zeugen der Sapientia, welche außerhalb des
Thrones an die Schiffswand sich hinzieht.
Die zwei ersten Figuren verdeckt der Rippen-
ansatz fast ganz, so daß sie nicht im mindesten
näher bestimmt werden können. Dann folgt

1. St. Augustin im vollständigen bischöf-
lichen Ornate; die Meßkasel ist mit gabel-
förmigem Kreuze verziert. Seine Rechte drückt
eine Redegeberde aus, wohl mit Beziehung
auf den Inhalt der Inschrift seines Bandes,
etwa mit dem Texte: O felix obedientia, quae
dum humiliter fidem dedit, Deum in se concepit.

2. St. Basilius in reich verzierter Kasel und
mit großer Tonsur, ohne Bart, während das
zitierte Handbuch der Malerei von grauem
Barte spricht. Auf seinem Schriftbande mag
wohl eine Stelle seiner 20. Homilie: de humi-
litate gestanden sein. 3. Ein nimbierter Heiliger
mit Vollbart und üppigem Kopfhaar von gold-
gelber Farbe in blühendem Alter mit der viel-
sagenden Aufschrift über sich: Verba Sapientiae.
Ist hier einfach die personifizierte Weisheit
oder doch eine bestimmte Person aus dem
alten oder neuen Bunde dargestellt? 4. Eliu?
Mic. (amicus) Job, eine verwandte Gestalt wie
letztgenannte, aber ohne Nimbus und mit einer
hutförmigen Kopfbedeckung. Aus der Rede
dieses Freundes des gerechten Job könnte als
Spruch auf dem Bande gewählt worden sein:
Audite me, ostendam vobis etiam ego meam
sapientiam. (Job XXXII, 10.) 5. Regina
Sabae, in einfachem Gewände ohne irgend
einen königlichen Schmuck, von sehr dunkler
Gesichtsfarbe. Sie spricht: Major est sapien-
tia et opera tua, quam rumor, quem audivi
(Reg. III, 10, 7). Hier schließt durch einen
Turm die Reihe der Figuren, welche evangelien-
seits zum Gemälde am Chorbogen gehören
und diese ihre Beziehung auch durch ihren
dahin gewandten Blick auffällig ausdrücken.

Ihnen gegenüber (epistelseits) finden wir
1. die Wiedergabe eines stattlichen Heiligen
mittleren Alters mit schön gepflegtem Bart
und Kopihaar, dessen Hände unter dem her-
aufgezogenen Mantel einen Stab oder eine
dünne Schriftrolle halten. Am Bogen darüber
ist nur zu lesen: Ä Wgl'., welche Abkürzung
wir nicht näher zu deuten wissen. 2. Isaias
der Prophet in höchst würdiger Greisengestalt,
ein Kahlkopf mit langem zugespitzten Barte.
Auf seinem Schriftbande sind noch die einzel-
nen Silben des Textes erhalten, als: Dis . .
sap . . virtu . . .; die Ergänzung möchte
lauten: Discite sapientiae virtutem. 3. Beatus
Job mit Nimbus und kurzem Barte wie das
zitierte Handbuch angibt; nur die Krone fehlt
hier, die dort auch gefordert wird. Was mochte
er von der Sapientia vorgebracht haben? —
etwa: Sapientia vero ubi invenitur et quis est
locus intellectus ejus (Job 28, 12). Die 4. und

5. Figur entzieht uns wiederum das Rippen-
bündel des Gewölbes zum größten Teile.

6. Leo papa, in weiter Kasel mit niedriger
Mitra. Eine Inschrift aus seinen vielen
Schriften fehlt. 7. S. . . . orus ep. = Theo-
dorus (?), Bischof von Kara, der in der
zweiten Hälfte des VIII. Jahrh. lebte; hier
erscheint er aber ohne bischöfliche Auszeich-
nung. Schäfer heißt ihn in seinem Hand-
buche d. Mal. S. 322 den „Haarigen", und
einen Greis mit langem gespaltenen Barte.
Dichtes Haar wie nach einer Perücke scharf
abgeschnitten bedeckt auch das Haupt unserer
Gestalt. Auf seinem Bande steht noch zu
lesen: Sic spera mieim (misericordiam ?).
(Besser denke hier etwa an den Bischof
Isodorus.) 8. Verba Eliud. Dargestellt
ist ein schöner unbärtiger Jüngling mit auffällig
großer Tonsur; er steht dem bereits genannten
Eliu an der anderen Schiffswand gegenüber.
Die 9. Figur ist durch die Erweiterung des
neuen Fensters zerstört worden.

Das Gemälde an der Westwand, welches
die ganze Fläche ausfüllt, macht eine nicht
weniger großartige Wirkung als das beschriebene
am Chorbogen. Die Anlage ist im allgemeinen
die nämliche. Der Thron hat wiederum sechs
verzierte Stufen zu beiden Seiten und dahinter
kehrt das himmlische Jerusalem in gleicher
Gebäudepracht wieder. Dasselbe ist an der
Anordnung und Aufstellung der einzelnen
Figuren zu bemerken. Auch hier hat eine
große, hehre Frauengestalt in majestätischer
 
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