173
1908.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST
Nr. 6.
174
Der Rosenkranz und seine christlichen und unchristlichen Brüder
Mit 4 Abbildungen.
n einem früheren Jahrgange dieser
Zeitschritt (1906 S. 107) habe ich
die älte-
sten
Ro-
be-
senkranzbilder
sprochen und die Ab-
bildungen beigebracht.
Im Folgenden will ich
nun Rosenkränze er-
wähnen, welche auch
bei akatholischen und
heidnischen Völkern
üblich sind. Es möge
diese Besprechung
eine Ergänzung zu
obigem Artikel bilden,
obwohl der Gegen-
stand selbst wenig
künstlerisches Inter-
esse zu beanspruchen
hat.
Der Marianische
Dominikanerrosen-
kranz ist unter den
Katholiken so ein-
gebürgert, daß die
wenigsten Gläubigen
bei dem Namen
Rosenkranz an irgend
eine andere Form die-
ses Gebetes denken,
und dennoch gibt es
über ein Dutzend
Marianischer Rosen-
kränze. Wenig be-
kannt und geübt ist
der Herrnrosenkranz,
welcher aus Pater
noster statt aus Ave
Maria zusammenge-
setzt ist. Ohne Be-
denken kannbehauptet
werden, daß derselbe
von Christus selbst
angeordnet wurde;
denn als der Herr
einmal den Aposteln
befahl, „allzeit zu beten",1) baten dieselben bei
anderer Gelegenheit: Herr, lehre uns beten,
l) Luk. 18, 1.
Abb. I. /
Dreifsiger Rosenkranz ca. 1500 im Georgianum zu München.
Abb. II.
1. Katholischer (Brigittnn-) Rosenkranz. 2. Türkischer.'
3. Griechischer. 4. Buddhistischer. 5. Tibetanische Gebetsrolle.
wie auch Johannes seine Jünger gelehret hat,
und er sprach zu ihnen: Wenn ihr betet, so
sprechet: Vater . . .2)
Aus diesen Worten
kann man unschwer
folgern, der Herr
wünsche und befehle,
allzeit zu wiederholen:
Pater . . . Fragt man,
ob bei den Juden in
den Synagogen oder
außerhalb eine solche
Gebetsweise üblich
war, so kann keine
durchaus sichere Ant-
wort gegeben werden.
Wohl finden sich in
mehreren Psalmen,
am meisten in Psalm
135, einzelne Repeti-
tionsformeln; allein sie
entsprechen mehr den
Responsorien der Lita-
neien als unserm tonus
directaneus des Rosen-
kranzes. So erklärt es
sich, daß unsere mo-
dernen Gebetbücher
der Juden kein Rosen-
1 kranzgebet irgend wel-
* eher Art enthalten.
Auf eine besondere
Anfrage teilte der Vor-
stand einer jüdischen
Schule in Jerusalem
mit, daß die Juden
in Jerusalem wie die
Juden überhaupt nur
Gebetsriemen, nicht
aber Rosenkränze ken-
nen. Ein Herrnrosen-
kranz im Sinne Christi
besteht noch unter
den Katholiken z. B.
in dem sog. Dreißiger
d. h. 33 Vater unser zu
Ehren der 33 Lebens-
jahre Christi. Ein merkwürdiges Exemplar
dieser Art besitzt das Georgianum in München.
s) Luk. ii, i.
1908.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST
Nr. 6.
174
Der Rosenkranz und seine christlichen und unchristlichen Brüder
Mit 4 Abbildungen.
n einem früheren Jahrgange dieser
Zeitschritt (1906 S. 107) habe ich
die älte-
sten
Ro-
be-
senkranzbilder
sprochen und die Ab-
bildungen beigebracht.
Im Folgenden will ich
nun Rosenkränze er-
wähnen, welche auch
bei akatholischen und
heidnischen Völkern
üblich sind. Es möge
diese Besprechung
eine Ergänzung zu
obigem Artikel bilden,
obwohl der Gegen-
stand selbst wenig
künstlerisches Inter-
esse zu beanspruchen
hat.
Der Marianische
Dominikanerrosen-
kranz ist unter den
Katholiken so ein-
gebürgert, daß die
wenigsten Gläubigen
bei dem Namen
Rosenkranz an irgend
eine andere Form die-
ses Gebetes denken,
und dennoch gibt es
über ein Dutzend
Marianischer Rosen-
kränze. Wenig be-
kannt und geübt ist
der Herrnrosenkranz,
welcher aus Pater
noster statt aus Ave
Maria zusammenge-
setzt ist. Ohne Be-
denken kannbehauptet
werden, daß derselbe
von Christus selbst
angeordnet wurde;
denn als der Herr
einmal den Aposteln
befahl, „allzeit zu beten",1) baten dieselben bei
anderer Gelegenheit: Herr, lehre uns beten,
l) Luk. 18, 1.
Abb. I. /
Dreifsiger Rosenkranz ca. 1500 im Georgianum zu München.
Abb. II.
1. Katholischer (Brigittnn-) Rosenkranz. 2. Türkischer.'
3. Griechischer. 4. Buddhistischer. 5. Tibetanische Gebetsrolle.
wie auch Johannes seine Jünger gelehret hat,
und er sprach zu ihnen: Wenn ihr betet, so
sprechet: Vater . . .2)
Aus diesen Worten
kann man unschwer
folgern, der Herr
wünsche und befehle,
allzeit zu wiederholen:
Pater . . . Fragt man,
ob bei den Juden in
den Synagogen oder
außerhalb eine solche
Gebetsweise üblich
war, so kann keine
durchaus sichere Ant-
wort gegeben werden.
Wohl finden sich in
mehreren Psalmen,
am meisten in Psalm
135, einzelne Repeti-
tionsformeln; allein sie
entsprechen mehr den
Responsorien der Lita-
neien als unserm tonus
directaneus des Rosen-
kranzes. So erklärt es
sich, daß unsere mo-
dernen Gebetbücher
der Juden kein Rosen-
1 kranzgebet irgend wel-
* eher Art enthalten.
Auf eine besondere
Anfrage teilte der Vor-
stand einer jüdischen
Schule in Jerusalem
mit, daß die Juden
in Jerusalem wie die
Juden überhaupt nur
Gebetsriemen, nicht
aber Rosenkränze ken-
nen. Ein Herrnrosen-
kranz im Sinne Christi
besteht noch unter
den Katholiken z. B.
in dem sog. Dreißiger
d. h. 33 Vater unser zu
Ehren der 33 Lebens-
jahre Christi. Ein merkwürdiges Exemplar
dieser Art besitzt das Georgianum in München.
s) Luk. ii, i.