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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Bredt, Ernst Wilhelm: Höhere Bildung dem Kunstgewerbler!
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0150

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INNEN-DEKORATION

HÖHERE BILDUNG DEM KUNSTGEWERBLER!

Ich begrüße die an diesen Leserkreis gestellten Fragen
als sehr zeitgemäß. Keine erscheint mir aber so wichtig
für alle wie die dritte: »Ist es nötig, die Künstler mehr
mit den Bedürfnissen der höheren Schichten vertraut zu
machen und wie wäre das zu erreichen?« Die Frage ist
äußerst wichtig und ich halte keine Antwort für so nahe-
liegend als die sehr nachdrücklich bejahende. Überdies
liegt in der Lösung dieser Frage — auch die Lösung aller
anderen, die die Zukunft unserer Wohnungskunst angehen.

Im allgemeinen ist doch ganz entschieden zuzugeben,
daß sich die deutsche Wohnungskunst in den letzten
Jahrzehnten in einer Weise entwickelt hat, die uns nur
stolz machen kann. Wieviel zu dieser Gesundung mitge-
wirkt hat, ist garnicht auf einmal zu nennen. Der allge-
meine Wohlstand, den der lange Friede gebracht, ist
nicht allein Ursache gewesen; Frieden genossen auch
andere Völker. Aber nur wir haben dank der Ent-
schlossenheit einzelner Künstler, dank der strengen Selbst-
kritik, dank umsichtiger Belehrung aus Altem und Neuem,
dank der durch unsere Zeitschriften außerordentlich er-
leichterten Schulung zum Besten der Gegenwart eine

deutsche Form der Wohnungskunst erreicht, auf der wir
ebenso unentwegt wie bisher weiterschaffen wollen. Es
gilt mehr das Erworbene zu hüten, als das Erworbene
durch engere Programme als bisher steif und trocken und
tot zu machen. — Die Praxis, d. h. die Wünsche jener
sind nur noch mehr als Lehrmeister zu schätzen, die nach
guter Wohnungsgestaltung, nach Wohnungskunst Ver-
langen tragen.

Die »höheren Schichten« sind maßgeblich — mit
ihnen muß sich der Künstler noch viel mehr vertraut
machen als bisher. Denn die meisten Fehler im ganzen
und im einzelnen, die ich in der Wohnungskunst unserer
Zeit gelegentlich bemerkt habe, sind auf den Fehler zu-
rückzuführen, daß der Künstler nicht wußte, was der
Kreis des Hochadels, der Aristokratie, der Handels-
herren, der Gelehrten, des Geschäftsmannes, des geho-
benen Arbeiterstandes usw. forderte. — Ja ich wage nicht
einmal bestimmt zu sagen, daß unsere Architekten weniger
Fehler in Arbeiterhäusern gemacht, als in den Schlössern
des hohen Adels und der höchsten Finanzwelt. Immer-
hin gibt die Zurückhaltung des reichen Adels unserer
 
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