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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Die Quellen des Behagens
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0327

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INNEN-DEKORATION

299

ENTWURF : MARIANNE THEINER—PRAG » WEISS-STICKEREI-DECKE FÜR EINE ANRICHTE«

DIE QUELLEN DES BEHAGENS

VON KUNO GRAF HARDENBERG

Gute Luft und richtige Beleuchtung sind die Grund- in ausgedehntem Maßstabe — neben den versteckt unter
bedingungen aller Wohnkultur. Unsere modernen den Fenstern anzubringenden Röhrenheizungen. Dann
Röhrenheizungen sind die angenehmsten und unentbehr- werden wir wieder eine erträgliche Luft in unseren Räumen
lichsten Erwärmer des modernen Hauses, aber die Mühe- haben. Die Poesie des Kaminfeuers ist zu oft gepriesen, als
losigkeit ihrer Handhabung, ihre wunderbare Bequem- daß man noch viel darüber zu sagen brauchte — eins ist
lichkeit, macht meist die Menschen sorglos und nachlässig sicher, wer sie in trüben Winterabenden einmal erlebt
und läßt sie die wichtigen Maßnahmen zur Aufrecht- hat, sie ganz gekostet hat, der wird immer den Wunsch
erhaltung einer schönen gesunden Luft vergessen. haben, zu ihr zurückzukehren. Nirgendwo plaudert, denkt.
Ähnlich steht's mit der Beleuchtung. Licht haben träumt sichs besser, nirgendwo liest sich besser ein gutes
wir genug. Von oben und von den Seiten schleudern altes oder neues Buch als dort, wo allmählich — ein Ab-
ungezählte Glühbirnen ihre harten Feuergarben in unsere bild unseres Lebens — knorrige Scheite prasselnd lok-
Festsäle, daß Puderstäubchen auf schönen Wangen Schlag- kernd sich verzehren, um endlich langsam in Staub zu
schatten werfen, und dort, wo man einst am traulichen zerfallen. Mag der Kamin ein Luxus sein, er ist einer,
Familientische sich im weichen Lichte einer grüngeschirm- der besser ist als tausend andere — wie sie auch heißen
ten Hängelampe glücklich nahe fühlte, da verbreitet nur mögen, und ich meine, selbst der Opfer wert,
zu oft ein messingstrotzendes Leuchtmonstrum ein Licht Ein anderes Erfordernis zur Verbesserung der Luft
so öde und nüchtern, als seien die Bewohner Zahlen, mit ist das Aufstellen von Blumen in Töpfen und in Vasen,
denen es gälte, schwere Berechnungen zu machen oder Blumen sind gute Freunde, sie haben ein Schicksal, sie
anatomische Präparate, die einer gründlichen Prüfung be- haben süßen Duft, sie haben Farben, die das Herz er-
dürfen! Elektrische Aufklärung bis wir alle Feinheiten, freuen — und sie geben der Luft in den Wohnräumen
alle zarten Unterschiede des Seelenlebens eingebüßt haben. ein angenehmes Etwas, eine Würze, die wohltut, und

Diesem Licht- und Luft-Barbarentum gegenüber heißt jeder neue Strauß trägt neuen Reiz hinein,
es dringlich: Wir müssen lernen, uns mit Geschmack und Bei Festlichkeiten gedenke man auch der schönen

Kultur, Körper und Seelen zum Vorteil, der Errungen- Sitte unserer Großmütter, die, ehe die Gäste erschienen,

schatten unserer erfindungsreichen Tage zu bedienen. auf einer Kohlenschaufel ein wohlriechendes Lavendel-

Das erste Erfordernis zur Verbesserung der Luft in wasser verdunsten ließen, um so der Atmosphäre Farbe

unseren Wohnungen, nicht nur im hygienischen, sondern und Feierlichkeit zu verleihen, und um auch die Geruchs-

auch im ästhetischen Sinne, ist Aufstellung von Kaminen Organe der Kömmlinge zu bewirten. Im Herrenzimmer,

1916. VII./VIII. 7.
 
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