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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Jaumann, Anton: Die weltwirtschaftliche Rolle des Kunstgewerbes nach dem Kriege
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0127

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XXV11. JAHRGANG.

DARMSTADT

MÄRZ 1916.

DIE WELTWIRTSCHAFTLICHE ROLLE DES KUNSTGEWERBES NACH DEM KRIEGE

VON ANTON JAUM ANN ~ BERLIN

Das deutsche Kunstgewerbe ist während des
Krieges recht bescheiden geworden. In der
Schweiz widerhallen die Zeitungen von den Klagen
der Sticker, denen die Stoffe, die »Stickböden«
und Garne auszugehen drohen. Bei uns ist die
Kalamität nicht geringer, doch wir haben wich-
tigere Sorgen als die, ob unsere Spitzenmaschinen
weiterlaufen. Selbst der Streit um den neuen
deutschen Stil, der uns so erregte, ist aus den
Spalten der Presse verschwunden. Ob die Kar-
toffeln einen Pfennig teurer oder billiger werden,
ob unsere Kupfervorräte reichen werden, diese
Fragen interessieren heute ungleich mehr, als das
Wohlergehen von Kunst und Kunstgewerbe.

Trotzdem sollte nicht übersehen werden, daß
auch das Kunstgewerbe dazu berufen ist, einmal
an einer nicht unwichtigen Stelle in die große
Maschine der Weltwirtschaft einzugreifen. Zwar
können wir nichts zur kriegerischen Entscheidung
beitragen. Es handelt sich jetzt in erster Linie
um die Erhaltung, nicht um die Verschönerung
des Daseins. Um jedoch unsere nationale Existenz
zu verteidigen, müssen wir imstande sein, den
Krieg auch weiterhin zu bezahlen. Das hängt
davon ab, wieviel an geldwerten Gütern wir

als Nation besitzen und für die großen Zwecke
flüssig machen können. Gold und Diamanten
erhalten unter diesem Gesichtspunkt eine Be-
deutung, die nicht geringer ist als die der Nahrungs-
mittel. Nach dem Krieg, wenn unsere Rohstoff-
vorräte so ziemlich aufgezehrt sein werden, wenn
wir Import brauchen, um das zu bekommen, was
wir zum Leben, zur Arbeit, zum Verdienen nötig
haben, da wird auf einmal wieder ein neuer
Gesichtspunkt auftreten. Wir werden alle Dinge
daraufhin ansehen, ob wir sie exportieren können,
um den Import, die Rohstoffe des Auslandes,
damit zu bezahlen. Kunst und Kunstgewerbe
können in den Krieg nicht eingreifen, sie können
gegenwärtig zum wirtschaftlichen Durchhalten,
außer als stimmungfördernde Momente, kaum
etwas beitragen. Da fragt es sich, ob sie nicht
wenigstens in der nächstfolgenden Periode, wo
der große Güterausgleich einsetzt, dem Vater-
lande etwas nützen können.

Die Vorbereitung des Friedens bedarf nicht
geringerer Aufmerksamkeit, als die des Krieges.
Es ist zwar nicht anzunehmen, daß wir schon in
Bälde vom Friedensschluß überrascht werden;
die Probleme, die es dann aber zu lösen gilt,

1916. III. 1
 
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