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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Jaumann, Anton: Der Massstab im Wohnraum, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0207

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DER MASSSTAB IM WOHNRAUM

Kaum ein Fehler wird bei der Einrichtung von Wohn-
räumen so oft gemacht, wie die Mißachtung des
Maßstabes. In großen Räumen sehen wir oft Möbel, die
aus der Puppenstube zu stammen scheinen, im kleinen
Zimmer dagegen fühlt man sich erdrückt von Schrank-
massen und riesigen Tapetenblumen. Da hängt ein ge-
waltiger Lüster und daran baumeln wie Tropfen winzige
Lämpchen, die elektrischen Birnen, die an dem ganzen
Beleuchtungskörper doch eigentlich die Hauptsache sind.
Der Stuck der Decke ist bald zu wuchtig, bald zu zier-
lich ; die Schönheiten der Zeichnungen kommen nicht zur
Geltung, da der Blick im Maßstab sich nicht zurecht-
findet. Es passiert nicht selten, daß man Tempelsäulen
getreu in Maßstab und Formen in Innenräume verpflanzt
findet, wo sie natürlich mit ihrer großen Geste und ihrem
übernatürlichen Wuchs alle bescheideneren Dinge tot-
schlagen. Und so sind alle Räume, wo Einzelglieder den
rechten Maßstab nicht innehalten, für die künstlerische
Harmonie verloren. Es ist da, als ob man durch eine

verzerrende Linse blickte. Das eine erscheint als Ver-
größerung, anderes als Miniatur. Der Mensch steht rat-
los, er weiß nicht, wie er sich einordnen soll. Das über-
mäßig Große drückt ihn darnieder, und zu dem Ver-
kleinerten, Puppenhaften, sieht er fremd herab. Es ist
aus einer anderen Weltordnung. Und woher rühren die
meisten Fehler gegen den Maßstab? Daher, daß der
Künstler sein Werk auf dem Papier entwarf, daß er
sich hinsetzte und Papierflächen aufteilte, statt Räume
zu bauen, — Räume um den Einzelmenschen, um die
Familie, um die Gesellschaft herum.

Für den normalen Wohnraum von mittlerer Größe gibt
der Mensch den Maßstab, der Einzelne und die Familie.
Denn der Zweck dieser Räume ist, dem Menschen zu
dienen als Hülle und Herberge. Sobald der Raum den
Bewohner beengt, ist er zu klein. In dem großen Raum
dagegen fühlen wir uns nicht heimisch; er ist nicht wohn-
lich. Nicht zu eng, aber doch noch behaglich, das ist
also das rechte Maß für den Wohnraum, er darf so und
 
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