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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Jaumann, Anton: Die Kunst in der Provinz
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Schmuck und Mode
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0402

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374

INNEN-DEKORATION

brave, tüchtige Maler, die ihre Malerei als gehobenes mehrten und wenn sie in der Bevölkerung, im Boden
Handwerk betreiben, wie die fleißigen Meister der Vor- der Heimaterde festeren Fuß faßten. Im allgemeinen muß
zeit, Künstler, die für die Kirche tätig sind, ihnen wird aber leider konstatiert werden, daß der Kunstbetrieb in
die bürgerliche Enge der Kleinstadt behagen. Wie über- der Provinz trotz der sich mehrenden Bauten, Denk-
haupt jeder ruhigen, bescheidenen, aber in sich gefestigten mäler, Ankäufe, sich nicht gehoben hat. Wir haben ja
Persönlichkeit, die keine Nerven kennt, die das Rennen glücklicherweise in Deutschland schon mehrere Kunst-
um den Erfolg nicht mitmacht. Dieser werden es aber Zentren. Eine weitere Dezentralisation wird, falls sie über-
heutzutage immer weniger, alles andere, was irgend mit- haupt möglich, Jahrzehnte beanspruchen. . . a. jaumann.
zählen will, drängt sich nach der großen Mühle des Er- +
folges, die in der Hauptstadt die Nerven zermahlt. Be- SCHMUCK UND MODE,

sonders das Kunstgewerbe, die künstlerisch angehauchte

Industrie und Heimarbeit in der Provinz haben unter der T^Ve Kunst, wertvollen Schmuck zu tragen, geht rapid
Landflucht der Künstler schwer zu leiden. Die draußen 1 ) dem Verfall entgegen. Man kauft Brillanten und
zurückbleiben, werden dann allzu leicht als Künstler min- teure Steine, aber nur die ältere Frau hat manchmal noch die
deren Ranges eingeschätzt. Und es ist nicht zu leugnen, Ruhe, sie würdevoll zu tragen. Der Reichtum wird zur
in mancher Hinsicht ist wirklich Gefahr vorhanden, daß Schau gestellt, doch nur in den allerseltensten Fällen
sie »zurückbleiben«. Es fehlt ihnen die stete Kritik, die gehen die Ringe, Hänger, Reifen eine organische
öffentliche und die grausamere der Kollegen, unter der Verbindung ein mit dem Kleid und dem Menschen. Die
alles künstlerische Wirken in der Metropole steht, es Mode hat alles an sich gerissen, allen Aufwand, alle
fehlt die vorwärtspeitschende Konkurrenz, die endlose Gedanken, auch die Bewegungen der Frau. Das wippt
Kette der Anregungen, Ausstellungen, die Museen, die und stelzt, tänzelt und spielt. Zu spielerisch und zu
Aussprachen mit Kunstfreunden. Und es ist leider wahr, gewollt jugendlich ist die Mode, würdiger, künstlerischer
auch die Aufträge strömen nach der Kunstzentrale hin. Schmuck paßt in dieses System nicht hinein. Wo soll
Kunstmaler Meyer bekommt die Ausschmückung des die reiche Brosche, das Brustgehänge denn auch Platz
Rathauses in Groß- finden? Wo sind die

wenighausen leichter, h^hmm^^hhhmbmbh^^^bh großen Stoff-Flächen
wenn er in Berlin Wk jgm alsHintergrund? Jede

oder München wohnt, A Bfei Mode trägt den Stend-

als wenn er seine Hfet, pel der Vergänglich-

Offerte von Hinter- BBPMMBj keit. Flüchtige Reize

neudorf abschickt. BH^^^ Hl. will sie nur bieten.

Unter solchen Gc- H^ <jK3!»^^^B H Der gute, künstleri-

fühlsmomenten leidet t 'THp jkjTHBT. J|^H sehe Schmuck dage-

die Kunst in der Pro- BL Wf yfetfHHl!^ ^3Hb gen will für die Dauer

vinz. Hier liegt der H * ^3&jtr sein, er ist vielleicht

Schaden. Der Nim- * auch zu persönlich

bus der Hauptstadt, H und eigenartig, als

die langweilige Um- T^jflH I daß er sich dem all-

gebung, die spießbür- B. , gemeinen Modebild

gerliche Auffassung HiHlft*^ m§**r^ «kW I einfügte. So schmückt

von der Kunst, der HL. man Gürtel, Hut, Hals

Mangel an Anregun- WL. ^tS/F JP' mit leichten Bändern,

gen, an interessanten Knöpfen und Federn;

Aufträgen, sogar der I " ^ ' itJES SÄ jfc was an metallenen

Mangel an Konkur- Zutaten nötig ist,
renz, all das hemmt m ■ • AjxJM$sf wird durch einen Wel-
das Schaffen. Auch nen Witz, eine nette
die mit hohen Er- Linie aufgeputzt, das
Wartungen begrüßten genügt für den Stil
Künstler-Kolonien, des Modekleides. Ob
künstliche, wie die sich das bald ändern
Darmstädter, oder wird? Ich wage es
natürliche, wie die in nicht zu prophezeien.
Worpswede und auch Der Künstler wird
Dachau, pflegen nur gut tun, mehr der pia-
eine kleine Reihe von stischen Kleinkunst
Jahren zu blühen, um sich zuzuwenden,denn
dann im Winde zu Schmuck verheißt sei-
verwehen. Der»Kunst ner Mühe keinen ge-
in der Provinz« wäre nügenden Lohn. a. v.
schon recht viel ge- *
dient, wenn wenig- "C" rfolg ist 2 Prozent
stens solche Kolo- ^^^^^^^^^^^^^^■HH^^B^^^BB^HBBBBBBBBBi 1 - Genie und 98 Pro-
niegründungen sich »garten der frau b. sp. —kilchberg« entwurf: o. ammann—zürich zent Arbeit..... e.
 
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