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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Stolzer, Eugen: Über Fest-Dekoration des Innenraumes
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0345

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INNEN-DEK0RAT10N

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ARCH. L. BERNOULLY-FRANKFURT A. M. »EINFAMILIENHAUSER H. UND W.

ÜBER FEST-DEKORATION DES INNENRAUMES

Das Schmücken bei festlichen Anlässen ist eines der soll nicht den ästhetischen Faktor vom Zweck lösen,
primitivsten Bedürfnisse der Menschen, das selbst sondern beide vereinen und als Vergeistigung der Lebens-
wieder dem Fetischglauben entspringt. Alle Zauber- inhalte wirken. -- Der Satz der Energetik, mit der ge-
zeichen und Zaubermittel, wie z. B. das auf den Saum ringsten aufgewandten Kraft die größtmöglichste Wirkung
des chinesischen Gewandes gestickte Kreuzrad, dieLotos- zu erzielen, ist in erhöhtem Maße bei der Dekoration
blume, das Amulet, welche Kultzweck besassen, haben gültig. Je weniger der aufgewandten Mittel bei der fest-
im Laufe der Zeit dies verloren und werden zum Schmuck liehen Dekoration sind, je geringer die aufgewandte Kraft
ohne Inhalt. Dieser Schmuck soll nun den Menschen zu ist, um einen festlichen Raum zu schaffen, desto größer
einem besseren, schöneren und freudigeren machen. Der wird seine Wirkung. — Eins darf nie aus dem Auge ge-
Schmuck soll ein Symbol der Freude sein. Dieses pri- lassen werden, daß es sich immer um Raumdekoration,
mitive Bedürfnis des Menschen, bei besonderen Anlässen um Raumschmuck handelt, nicht um Flächendekoration,
anders zu erscheinen, ist auch auf seine Wohnung über- Es ist nicht genügend, die einzelnen Wände zu schmücken,
tragen worden. Den Festschmuck, das Sonntagsgewand sondern man muß auf deren Wechselwirkung Rücksicht
sollten auch alle seine Räume tragen, sie sollten nach der nehmen. Die künstlerische Gestaltung des festlichen
Werktagsarbeit die festliche Stimmung erzeugen. Das Raumes hat in erster Linie ein räumliches Ganze zu er-
Bedürfnis nach festlichem Schmuck löst bei dessen Be- geben. Konzentration der Wirkungsmöglichkeiten, ein
friedigung Lust, Freude und Wohlbehagen aus und gibt Ein- und Unterordnen ist bei großzügiger Gestaltung er-
den Räumen die Weihe, ermahnt die Gäste an den fest- forderlich, dabei möglichst größte Zurückhaltung und vor
liehen Anlaß und teilt ihnen die Stimmung mit. allem Takt. Eine Dekoration wird dem Zuviel, dem Auf-
Bei festlichen Räumen steht der ästhetische Faktor in dringlichen nur durch erhöhtes Taktgefühl entgehen und
erster Linie und der Zweck tritt zurück. Das Ideal ist durch Beschränkung der Mittel. Die kubische Form des
die Verschmelzung beider. Die geschaffene neue Situation Raumes wird in den meisten Fällen beibehalten werden.
 
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