Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

DOI Artikel:
Vogt, Adolf: Von der Wandmalerei
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0237

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
INNEN-DEKORATION

209

VON DER WANDMALEREI

Die Sehnsucht der Maler war und bleibt immer die
Wand. Sie, die sich dazu verurteilt fühlen, Bilder
für Ausstellungen zu schaff en, ihre hochfliegenden Wünsche
zwischen enge Rahmen zu pressen und Verkaufsware her-
vorzubringen für den Markt, ohne Kenntnis ihres zukünf-
tigen Besitzes und Ortes, sie träumen alle von Räumen
und Wänden, riesengroß, wo sie ihre Gesichte einmal
schrankenlos verwirklichen könnten. Selten nur wird
einem unserer Bildermaler solches Glück zuteil, und dann
trifft es ihn doch meistenteils unvorbereitet. Fast regel-
mäßig haben die Künstler des Bildes versagt, wenn sie
vor die Wand gestellt wurden. Sie gaben Vergröße-
rungen ihrer Bilder, Reihen von Bildern, keine gestalteten
Wände. Und dann blieben die weiteren Aufträge aus, es
kam wieder das Hoffen und Träumen.

Und was ist die Sehnsucht der Mehrzahl unter den De-
korationsmalern? Auch der Tüchtigen, Vielbeschäftigten?
Das Bild. Die Stunden ihrer Muße verbringen sie da-
mit, sich an Bildern zu quälen, womit sie es ihren Kol-
legen von der »hohen« Kunst gleichtun wollen. Sie sind
stolz, wenn sie mal auf einer Ausstellung ankommen. Und
wenn es ihre Tagesaufgabe irgendwie gestattet, suchen
sie Füllungen, Ovale usw. als Bilder auszumalen. Sie
schaffen sich künstlich Rahmen und Rahmenformate, die
Wand wird ihnen zur Bildfläche. Das Resultat ist auch
hier eine Enttäuschung: Schlechte Bilder, wo die Kraft
vielleicht zu guter Dekorationsmalerei gerade gereicht
hätte. — Dabei werden große dekorative Aufträge in
unserm Lande gar nicht so spärlich erteilt. Der Menge
der Arbeiten entspricht allerdings nicht ihr künstlerischer

Wert. So wie die Verhältnisse gegenwärtig liegen, kom-
men diese Aufträge, die Wandmalereien in Kirchen, Rat-
häusern, Schulen, Festsälen, fast ausschließlich in die
Hände von einigen wenigen Spezialisten, die das liefern,
was allgemein verlangt und erwartet wird! Auf die Wand
geklebte Riesenbilder historischen und symbolischen In-
halts. Diese Abart akademischer Malerei, der die monu-
mentalen Aufträge zufallen, hat an den Fortschritten und
Wandlungen unserer modernen Malerei so gut wie keinen
Anteil genommen; sie arbeitet mit den ältesten Schul-
mitteln, die frühere Historienmalerei lebt hier in wenig
veränderter Form weiter. Ich will nicht das große zeich-
nerische Können übersehen, das sich hier oftmals kund
tut, doch kommt es über akademische Korrektheit selten
hinaus. — Demgegenüber fallen die paar Wände, die
wahrhaft modernen Künstlern, wie Hodler, Holzel, Egger,
Mackensen usw. anvertraut wurden, kaum ins Gewicht.
Sie lassen ein endgültiges Urteil über das, was große
moderne Malerei auf der Wand leisten könnte, noch nicht
zu. Sie geben nur einen Vorgeschmack. Von den un-
absehbaren Entwicklungsmöglichkeiten ist nur ein ver-
schwindender Teil angedeutet. Zwischen diesen beiden
Gruppen steht eine Reihe von dekorativen Talenten, wie
Erler, Spiegel, Diez, Unger, Oskar Zwintscher, Schmohl,
L. v. Hofmann usw., denen es gelungen ist, farbige
und zeichnerische Wirkungen moderner Illustrationskunst
für das Wandbild mit großem Geschick nutzbar zu machen.
Haben sie auch die dekorativen Anregungen, die unsere
Graphik in unendlicher Fülle bietet, bei weitem nicht aus-
geschöpft, so sind ihnen ihre wachsenden Erfolge doch
 
Annotationen