Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

DOI Artikel:
Kress, W.: Architektur und neue Raumkunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0388

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ARCHITEKTUR UND NEUE RAUMKUNST

Durch die in den letzten Jahrzehnten sich neu und architekt alles bis in das Feinste hinein auf den gegebenen
stark entfaltende Wohnungskultur wird es für den Grundton abstimmt, wird eine wahrhafte Monumentalität
ausführenden Architekten eine immer schwierigere Auf- erreicht. — Durch entsprechend kleinere Maße und prak-
gabe, das Heim außer der rein architektonischen Gestal- tische Ausnützung von Nischen, Erkern und kleineren
tung bis zu den innersten Feinheiten selbst zu entwerfen Zufälligkeiten werden dann die Raumwirkungen in den
und durchzuführen. Wohl immer wird etwas an der voll- intimeren Wohnräumen bestimmt. Ein in den Raum ein-
ständigen Lösung oder an der Einheitlichkeit zu wünschen gebautes Motiv gibt noch lange keine intime Wirkung,
übrig bleiben, weil die Fülle des zu Bewältigenden in wenn es sich nicht organisch aus dem Grundriß heraus
einem zu großen Mißverhältnis zu der meist nur zur Ver- entwickelt. Erst wenn sich alles glücklich den praktischen
fügung stehenden kurzen Zeit steht. Es wäre daher viel- Grundregeln anpaßt, wenn Architekt und Innenarchitekt
leicht wünschenswert, daß der Architekt stets in Gemein- Hand in Hand arbeiten, wird in vollendetem Sinne ein
schaft mit einem Raumkünstler ein Projekt lösen und ausgeprägter Wohnungscharakter entstehen können,
durchführen könnte. Selbstverständlich können dabei be- Immer größere Möglichkeiten freierer Behandlung der
stimmte Grenzen nicht gezogen werden, denn die prak- Raumausschmückung bieten sich dem Innenarchitekten
tischen Anordnungen im Grundriß greifen doch immer durch die Vervollkommnung der sanitären und technischen
wieder in die Raumgestaltung ein, und der gröbste Ausbau Einrichtungen, besonders der verschiedenen Heizungs-
wird immer dem Architekten überlassen werden müssen. und Lüftungsanlagen. Die hygienischen Bedenken bei
Um höchste Einheitlichkeit und vollendetste Raum- Stoffdrapierungen, die in den letzten Jahren zu einer ge-
wirkung zu erzielen, sollte von den allerersten Skizzen wissen Nüchternheit in der Behandlung des Raumes ge-
an der Architekt mit dem Raumkünstler beraten, um die führt haben, sind fast gänzlich behoben, da die Reini-
bautechnischen Fragen mit größter Rücksichtnahme auf gung der Räume durch den Gebrauch des immer mehr zur
den späteren Innenausbau Verbreitung kommenden
lösen zu können. Die An- Vacuum - Apparates sehr
Ordnung von Türen und ^^^^ erleichtert wird. Deshalb
Fenstern, von Nischen und B^^^.' braucht sich der Raum-
Vorbauten würde dann künstler in seinen Entwür-
wohl manches Mal ein an- W\!&^- V*. fen in dieser Hinsicht kei-
deres Bild ergeben. Es N-~" nerlei Beschränkung mehr
könnte nicht mehr vor- 'Jit aufzuerlegen. — Zartge-
kommen, daß der Archi- tönte Wolkenvorhänge aus
tekt der Regelmäßigkeit Tüll oder Seide, durch f ar-
seiner Außenansicht zu- bige Posamenten und Holz-
liebe den Innenraum nicht perlen leicht gerafft, brin-
genügend beachtet. Jede lH^^^^ iH 8en durch ihren Kontrast
Raumwirkung muß sich m^ ^en schweren Über-
ganz organisch aus dem vorhängen eine sonnighei-

Grundriß heraus entwik- j___M a B__] tere Stimmung in das Zim-

keln. — Die Anlage von ■/ \B mer. Helle duftige Rüschen
Räumen z. B. die monu- <4CK5B* oder Spitzen an den Kon-
mental wirken sollen darf I. ■»nw«» turen der schwer nieder-
natürlich nicht der nur aus- ■■^■■■■■■■■■■■^ fallenden Übervorhänge
schmückenden Tätigkeit M lassen diese weniger hart
des Innenarchitekten über- erscheinen und erhöhen das
lassen bleiben. In diesem warme Strahlen des Lich-
Falle wird der Architekt tes. Die Damenzimmer
von vornherein durch ach- lassen dem Dekorateur nun
sialeAnordnungoderSym- weiteren Spielraum. Der
metrie fast ohne Schwie- feminine Charakter ei-
rigkeiten den Grundton in nes Damenzimmers kann
großzügiger Weise geben durch die fast unbegrenzte
können; er braucht nur die Stoff Verwendung eigent-
Gesellschafts- und Fest- lieh nun erst vollkommen
räume durch breite, in ei- erlangt werden. Volants,
ner Achse liegende Schie- Rüschen, Spitzen und die
betüren zu verbinden, so- ^ , ' in den letzten Jahren lei-

daß dem Raumkünstler _ _ -a der etwas in Mißkredit ge-

lediglich die Ausschmük- ratenen Posamente sind ein

kung bleibt, die er dann ;:»P?*»»ii^__^.__ ^^^^^^f reichhaltiges, dankbares

aber bis zur höchsten Arbeitsmaterial, das nun

künstlerischen Vollendung wieder dekorativ vollstän-

bringen kann. Erst wenn dig ausgenutzt werden
nun auch noch der Innen- arch. ernst may. »portal des arbeiterinnenheims«-Frankfurt kann. w. kress-frankfurt.
 
Annotationen