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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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Wettergren, Erik: Neuerwerbungen des Nationalmuseums zu Stockholm
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0320

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Nekrologe — Personalien

620

Fenster im Hintergrunde steht wie ein stark weißes Laken
und dämpft die anderen Farben, Beinschwarz, krankhaft
helles Bordeaux und das Graugrün des beschatteten Ge-
sichtes, das durch den glühend roten Karmoisinstreifen
des Mundes zerschnitten wird. Unter allen anderen breit
gehaltenen Tänzerinnenbildern Degas aus den letzten Jahren
steht dieses den »Les blanchisseuses« bei Durand-Ruel
am nächsten und noch mehr ist es mit einem der schönsten
Degas, die ich jemals gesehen, einer sitzenden, vornüber
geneigten, von hinten beleuchteten Dame bei Vollard in
Paris verwandt.

Auch die skandinavische Kunst ist durch Vermittelung
der »Freunde« vermehrt worden. Ernst Josephson, der
temperamentvollste Bahnbrecher dermodernenschwedischen
Kunst, der trotz seiner kurzen Wirksamkeit den unbestrittenen
Rangplatz als vornehmster Kolorist Schwedens einnimmt, ist
dem deutschen Publikum vor allem von den Gelegenheiten
bekannt, wo seine Arbeiten durch Vermittlung Hermann
Strucks in der Berliner Sezession ausgestellt waren und durch
die Ausstellung des schwedischen Künstlerbundes daselbst
1910. Eines seiner koloristisch vollwichtigsten Jugendwerke,
Saul und David, mit venezianischen Tönen von Gold
und Rot, war die erste Gabe der »Freunde des National-
museums« an das Nationalmuseum. — Die Sammlung
dänischer Malerei hat ein paar bedeutende Zuschüsse er-
halten, das eine Bild von dem, den man ohne Bedenken
den größten jetzt lebenden religiösen Maler Europas nennen
kann, das andere von dem vielleicht verfeinertsten Interieur-
maler. »Und die Schlange sprach zum Weibe ... « heißt
das Werk Joachim Skovgaards, dessen Freskomalereien in
der Domkirche zu Viborg das obenstehende Urteil moti-
vieren, fn dem neuen Bilde des Museums ist das Haupt-
gewicht jedoch weniger auf den religiösen Ausdruck gelegt,
als auf die Schilderung einer exotischen Landschaft von
einem sonnetrunkenen Farbenreichtum und einer gewitter-
schwangeren Feuchtigkeit in der Luft. Die Eva-Gestalt des
Vordergrundes gibt die schläferige Neugierde mit großer
psychologischer Feinheit wieder, rein figural ermangelt
sie aber der Kraft und Energie. — Von dem dänischen
Koloristen in Weiß, Grau, Braun und Grüngrau, Wilhelm
Hammershöj ist eines seiner subtilen Interieurs »In der
Wohnstube« durch die »Freunde« von Privatmäzenen dem
Nationalmuseum übergeben worden. Sowohl durch die
Staffagefigur — ein lesendes Mädchen — wie durch die
wählerische Farbenwahl lenkt das Gemälde die Gedanken
zu dem Delftschen Vermeer hin; und Hammershöj ist,
wie Emil Hannover sagt, »ein stiller Protest gegen alle
grelle und glotzende Geschmacklosigkeit der Gegenwart«.

Auch die Kunstgewerbeabteilung und die Gravüren-
sammlung sind infolge des Interesses der »Freunde« reicher
geworden. Von einigen älteren schwedischen Silbersachen
abgesehen, ist es vor allem der äußerste Osten, der eine
vollständigere Repräsentation erhalten hat.

Der Kronprinz, dessen archäologische und künstlerische
Interessen sich auf das Sammeln älterer chinesischer Keramik
konzentrieren, von der er eine sehr qualitätsvolle Kollektion
zusammenbrachte, hat für Rechnung der »Freunde des
Nationalmuseums« eine große, bauchige, sgraffitoornierte
Vase von spätem Sungtypus — ein schönes und seltenes
Prachtstück — heimgebracht. Auf der 1911 in Stockholm
abgehaltenen großen Ausstellung japanischer Kunst nahm
die Sammlung des Malers Professor Oskar Björck einen
hervorragenden Raum ein, die u. a. in einem Ausspruch
Justus Brinckmanns ihre schöne Anerkennung fand. Die
besten Nummern stammen aus der Sammlung des welt-
bekannten Experten Tadamasa Hayashis her, und der größte
Teil der Björckschen Sammlung ist jetzt durch Veranstaltung
der »Freunde« nach dem Nationalmuseum gekommen. Der

Schwerpunkt liegt in den Schwertzieraten, aus denen eine
beinahe ununterbrochene geschichtliche Entwicklungskette
zusammenzustellen ist, aber auch unter den 120 farbigen
Holzschnitten und den 17 Büchern finden sich sehr gute
Exemplare, obschon Professor Björck sich am meisten für
die Holzschneider der neueren Blüteperiode interessiert hat.
Einige Netsukes und ein hervorragender Dolch in Lack-
scheide füllen die Sammlung aus.

In einem folgenden Artikel werde ich Gelegenheit haben,
über andere Erwerbungen, Ankäufe und Gaben des Museums

ZU berichten._Erik Wettergren.

NEKROLOGE
o In Köln starb am 9. August im Alter von 78 Jahren
der Bildhauer Professor Wilhelm Albermann. Er war
am 28. Mai 1835 in Werden a. d. Ruhr geboren und an
der Berliner Kunstakademie ausgebildet worden. In Köln,
wo er seit 1865 wirkte, hat Albermann eine ungemein
fruchtbare Tätigkeit ausgeübt. In seiner zweiten Heimat
zeugen von seiner gefälligen, freilich kaum monumentalen
Kunst die Standbilder der beiden Begründer des Wallraf-
Richartz-Museums, das Kaiser Wilhelm-Denkmal am Ring,
der Jan van Werth-Brunnen auf dem Alten Markt und der
Hermann Joseph-Brunnen am Waidmarkt. Diese Brunnen
mit ihrem reichen figürlichen Dekor sind wohl seine wert-
vollsten Schöpfungen. Außerdem hat Albermann, nicht
nur in Köln, als Bauplastiker gewirkt — in dieses Gebiet
war er einst von Raschdorff und Pflaume eingeführt worden.
Zwei Söhne, Wilhelm und Franz Albermann, sind gleich-
falls als Bildhauer tätig.

Mit dem soeben in Paris oder vielmehr auf dem Mont-
martre gestorbenen Maler Fernand Pelez, der trotz seines
spanischen Namens ein geborener Bürger vom Montmartre
war, verliert die zeitgenössische Kunst nicht sehr viel, der
Montmartre aber mehr. Er war in seiner Malerei durchaus
unabhängig und eigenartig. Um ihn festzuhalten, kargte die
Societe des Artistes francais nicht mit ihren offiziellen Aus-
zeichnungen, und schon vor 25 Jahren hatte Pelez das Kreuz
der Ehrenlegion erhalten. Ungefähr zur nämlichen Zeit
eröffnete er eine Akademie auf dem Montmartre, die jedoch
nur mäßig besucht wurde, und von deren sehr beschränkten
Einkünften er höchst bescheiden lebte.

Der im Alter von 73 Jahren verstorbene Maler Aime
Morot war einer der bekanntesten Professoren an der
staatlichen Kunstschule in Paris und seit dem Tode seines
Schwiegervaters Geröme wohl der eifrigste Vorkämpfer der
akademischen Richtung. Er hat in seinem langen und
arbeitsreichen Leben so ziemlich alles gemalt, was ein
akademischer Künstler malen darf, am bekanntesten ist er
aber als Porträtist und als Soldatenmaler geworden. Im
Luxembourg hängt eine Kavallerie-Attacke von ihm, eine
Episode aus der Reiterschlacht von Mars-la-Tour, die für
derartige Bilder gewissermaßen vorbildlich geworden ist
und jedenfalls lebendiger und weniger hölzern aussieht als
die im gleichen Saale hängenden Bilder von Detaille. In
den letzten Jahren stellte er nur noch Porträts aus, so im
diesjährigen Salon das Bildnis des Kammerpräsidenten
Paul Deschanel, wie fast alle Arbeiten Morots ein gutes
Beispiel einer ehrlichen, aber etwas langweiligen akade-
mischen Kunst.

PERSONALIEN

X Zum Direktor des Großherzoglichen Museums und
des Kunstgewerbemuseums in Weimar ist Dr. Anton
Mayer in Berlin ernannt worden, der Gatte der bekannten
Bühnenkünstlerin Lucie Höflich. Dr. Mayer, der einer alten
Leipziger Familie entstammt und früher aktiver Husaren-
leutnant in Grimma i. S. war, siedelte vor mehreren Jahren
 
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