ZU DEN
GRIECHISCH-ÄGYPTISCHEN
MUMIENPORTRÄTEN DER
SAMMLUNG TH. GRAF IN WIEN
JULIUS BANKÖ
Unter den Werken der antiken Kunst sind die der Malerei in unserem
Denkmälervorrate am spärlichsten vertreten. Ihre Hauptstücke sind
uns für immer verloren. Zwar haben die Ausgrabungen des 18. und
19. Jahrhunderts an vielen Stätten der griechischen Kulturwelt eine fast un-
übersehbare Menge von bemalten Tongefäßen, deren Entstehung sich auf
einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten erstreckt, beschert, die aber —
von wenigen Ausnahmen, z. B. den weißgrundigen, bunten Lekythen abge-
sehen — bloß die Zeichenkunst der Griechen kennen lehren, dagegen von
den Farbenwirkungen ihrer Malerei kaum eine Ahnung zu verschaffen ver-
mögen.
Einen dürftigen Ersatz für die Freskenbilder bieten die in derselben Technik
gemalten Wanddekorationen, die in großer Zahl in den Häusern der im Jahre
79 nach Chr. vom Vesuv verschütteten Städte Kampaniens (Herculaneum
und Pompei) sowie vereinzelt in Rom (Palatin, Villa Farnesina usw.), Delos
Eleusis, in Thessalien und an anderen Orten ausgegraben wurden. Nur wenige
unter ihnen rühren von großen Künstlern her. Die überwiegende Mehrzahl
erscheint als Werke untergeordneter Meister, oft auch sehr flüchtig gemalt
und daher im ganzen wenig geeignet, uns von der hohen Stufe, die die
griechische Malerei im 5. und 4. Jahrhundert vor Chr. erreicht hatte, auch
nur annähernd eine richtige oder klare Vorstellung zu geben.
Noch ungünstiger liegen naturgemäß die Verhältnisse für die antike Tafel-
malerei auf Marmor, Holz oder Leinwand, da die Werke dieser Art ihres
Materials wegen in noch viel höherem Maße der Zerstörung unterlagen.
Fast ausschließlich das trockene Klima Ägytens konnte hier erhaltend wirken,
und in der Tat verdanken wir ihm die Fülle köstlicher Porträtbilder1, die da-
selbst, in Mumien gehüllt, besonders in den Felsengräbern des „Fayum“, einer
in ptolemäischer Zeit mit starkem griechischen Einschlag besiedelten, überaus
fruchtbaren, südwestlich von Memphis gelegenen Oase, aufgefunden wurden.
1 Vgl. G. Möller, »Das Mumienporträt“ (Wasmuths „Kunsthefte“ I), Berlin 1919, mit einer Auswahl von 13 Tafeln
und Literaturangaben.
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GRIECHISCH-ÄGYPTISCHEN
MUMIENPORTRÄTEN DER
SAMMLUNG TH. GRAF IN WIEN
JULIUS BANKÖ
Unter den Werken der antiken Kunst sind die der Malerei in unserem
Denkmälervorrate am spärlichsten vertreten. Ihre Hauptstücke sind
uns für immer verloren. Zwar haben die Ausgrabungen des 18. und
19. Jahrhunderts an vielen Stätten der griechischen Kulturwelt eine fast un-
übersehbare Menge von bemalten Tongefäßen, deren Entstehung sich auf
einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten erstreckt, beschert, die aber —
von wenigen Ausnahmen, z. B. den weißgrundigen, bunten Lekythen abge-
sehen — bloß die Zeichenkunst der Griechen kennen lehren, dagegen von
den Farbenwirkungen ihrer Malerei kaum eine Ahnung zu verschaffen ver-
mögen.
Einen dürftigen Ersatz für die Freskenbilder bieten die in derselben Technik
gemalten Wanddekorationen, die in großer Zahl in den Häusern der im Jahre
79 nach Chr. vom Vesuv verschütteten Städte Kampaniens (Herculaneum
und Pompei) sowie vereinzelt in Rom (Palatin, Villa Farnesina usw.), Delos
Eleusis, in Thessalien und an anderen Orten ausgegraben wurden. Nur wenige
unter ihnen rühren von großen Künstlern her. Die überwiegende Mehrzahl
erscheint als Werke untergeordneter Meister, oft auch sehr flüchtig gemalt
und daher im ganzen wenig geeignet, uns von der hohen Stufe, die die
griechische Malerei im 5. und 4. Jahrhundert vor Chr. erreicht hatte, auch
nur annähernd eine richtige oder klare Vorstellung zu geben.
Noch ungünstiger liegen naturgemäß die Verhältnisse für die antike Tafel-
malerei auf Marmor, Holz oder Leinwand, da die Werke dieser Art ihres
Materials wegen in noch viel höherem Maße der Zerstörung unterlagen.
Fast ausschließlich das trockene Klima Ägytens konnte hier erhaltend wirken,
und in der Tat verdanken wir ihm die Fülle köstlicher Porträtbilder1, die da-
selbst, in Mumien gehüllt, besonders in den Felsengräbern des „Fayum“, einer
in ptolemäischer Zeit mit starkem griechischen Einschlag besiedelten, überaus
fruchtbaren, südwestlich von Memphis gelegenen Oase, aufgefunden wurden.
1 Vgl. G. Möller, »Das Mumienporträt“ (Wasmuths „Kunsthefte“ I), Berlin 1919, mit einer Auswahl von 13 Tafeln
und Literaturangaben.
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