Ermsleben
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Im Jahre 1565 raffte eine Pest in Ermsleben 550 Menschen hinweg. Im Jahre
1717 erlitt die Stadt einen grossen Brandschaden. Ob bei demselben anch das
Rathaus abgebrannt ist, ist unbekannt; jedesfalls stammt es ans neuerer Zeit.
Die (einzige) Kirche der Stadt ist dem h. Papst Sixtus II., dem Mitpatron
des Stiftes Halberstadt, „gewidmet und sicherlich sehr früh gegründet worden, wenn
auclf dahingestellt bleiben muss, ob die Annahme, Bischof Haimo von Halber-
stadt (840—853) habe sie gegründet, da er sich oft zu Ermsleben aufgehalten und
daselbst gepredigt habe, mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Die Wahl des Mit-
patrons des Stiftes Halberstadt, des li. Sixtus, zum Schutzheiligen der Kirche,
welcher in den ältesten Zeiten des Bistums Halberstadt vielleicht höherer Ehre
genoss, als später, könnte jedoch dafür sprechen. Die früheste schriftliche Spur
von dem Vorhandensein der S. Sixtikirche ist die Erwähnung des Pfarrers und
Erzpriesters Hoyer an derselben (Hoyerus plebanus in Enogremsleve ac archi-
presbiter banniOatersleve), welcher im Jahre 1296 in Ermsleben eine Synode abhielt
(me presidente synodo in Enegremsleve) und auch 1298 noch einmal erwähnt wird.
Auch der Umstand, dass der Pfarrer der Sixtikirche Erzpriester war, deutet
auf hohes Alter und einige Bedeutung der Kirche. Ein anderer Pfarrer dieser
Kirche, vielleicht der unmittelbare Nachfolger Hoyers, hiess Florinus. Er wird
1322, 1326 und 1331 urkundlich erwähnt (dominus Florinus plebanus de Ene-
gremsleve). Von den späteren Pfarrern mag nur noch als erster evangelischer
Prediger in Ermsleben Johann Senger erwähnt werden, der im Jahre 1535 sein
Amt antrat. Patrone und Lehnsherren der Kirche waren in ältester bekannter
Zeit die Grafen von Falkenstein, wie daraus hervorgeht, dass im Jahre 1322 Graf
Otto von Falkenstein das Patronatsrecht seiner S. Sixtikirche in Ermsleben (ins
patronatus ecclesie nostre sancti Sixti in Engermesleve) seinem Sohne Burchard
übertrug. Dieser aber übertrug dieses Recht laut einer Urkunde des Abtes Johannes
von Oonradsburg vom Jahre 1369 bald nach 1332 dem Kloster Gonradsburg,
welches ja ebenfalls dem h. Sixtus geweiht war.
/P?/ Das jetzige Kirchengebäude macht einen recht trübseligen Eindruck. Es
ist eine etwas wirre Zusammenstellung verschiedener, in keiner Weise mit ein-
ander harmonierender Teile (Nr. 23 Grundriss). Ein schmuckloses Langhaus, dem
ein nicht unbedeutend breiteres Seitenschiff an der Südseite nachträglich angefügt
ist, schiiesst sich an eine uralte romanische Turmanlage an und wird jenseits
des Turmes durch einen zweiteilig im Spitzbogen gewölbten, im halben Achteck
geschlossenen Chorraum fortgesetzt. Die Gewölbe sind unglaublich roh und unge-
schickt ausgeführt, sodass man meinen könnte, man hätte hier in Ermsleben zum
ersten Male im Abendlande einen Gewölbebau versucht. Strebepfeiler fehlen mit
Ausnahme eines an der Südostseite, der nachträglich davorgelegt sein wird. Der
interessanteste Teil der Kirche ist der dreiteilige Turm, der vielleicht von dem
ersten in Stein ausgeführten Kirchenbaue übrig geblieben ist. Die Seitenteile sind
nicht zu derselben Höhe geführt, wie der ungewöhnlich schmale Mittelbau; sie
sind meist nur als Treppenanlagen zu betrachten, die aber zugleich dazu dienten,
die drei Schiffe der Kirche, die man hiernach als einst vorhanden anzunehmen be-
rechtigt ist,, abzuschliessen, freilich nicht imAVesten, sondern als östlicherzwischen
Langschiff und Altarraum eingeschobener Querbau, eine in unserer Gegend, über-
haupt in ganz Norddeutschland sehr seltene Anlage. Zwei grosse Rundbögen
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Im Jahre 1565 raffte eine Pest in Ermsleben 550 Menschen hinweg. Im Jahre
1717 erlitt die Stadt einen grossen Brandschaden. Ob bei demselben anch das
Rathaus abgebrannt ist, ist unbekannt; jedesfalls stammt es ans neuerer Zeit.
Die (einzige) Kirche der Stadt ist dem h. Papst Sixtus II., dem Mitpatron
des Stiftes Halberstadt, „gewidmet und sicherlich sehr früh gegründet worden, wenn
auclf dahingestellt bleiben muss, ob die Annahme, Bischof Haimo von Halber-
stadt (840—853) habe sie gegründet, da er sich oft zu Ermsleben aufgehalten und
daselbst gepredigt habe, mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Die Wahl des Mit-
patrons des Stiftes Halberstadt, des li. Sixtus, zum Schutzheiligen der Kirche,
welcher in den ältesten Zeiten des Bistums Halberstadt vielleicht höherer Ehre
genoss, als später, könnte jedoch dafür sprechen. Die früheste schriftliche Spur
von dem Vorhandensein der S. Sixtikirche ist die Erwähnung des Pfarrers und
Erzpriesters Hoyer an derselben (Hoyerus plebanus in Enogremsleve ac archi-
presbiter banniOatersleve), welcher im Jahre 1296 in Ermsleben eine Synode abhielt
(me presidente synodo in Enegremsleve) und auch 1298 noch einmal erwähnt wird.
Auch der Umstand, dass der Pfarrer der Sixtikirche Erzpriester war, deutet
auf hohes Alter und einige Bedeutung der Kirche. Ein anderer Pfarrer dieser
Kirche, vielleicht der unmittelbare Nachfolger Hoyers, hiess Florinus. Er wird
1322, 1326 und 1331 urkundlich erwähnt (dominus Florinus plebanus de Ene-
gremsleve). Von den späteren Pfarrern mag nur noch als erster evangelischer
Prediger in Ermsleben Johann Senger erwähnt werden, der im Jahre 1535 sein
Amt antrat. Patrone und Lehnsherren der Kirche waren in ältester bekannter
Zeit die Grafen von Falkenstein, wie daraus hervorgeht, dass im Jahre 1322 Graf
Otto von Falkenstein das Patronatsrecht seiner S. Sixtikirche in Ermsleben (ins
patronatus ecclesie nostre sancti Sixti in Engermesleve) seinem Sohne Burchard
übertrug. Dieser aber übertrug dieses Recht laut einer Urkunde des Abtes Johannes
von Oonradsburg vom Jahre 1369 bald nach 1332 dem Kloster Gonradsburg,
welches ja ebenfalls dem h. Sixtus geweiht war.
/P?/ Das jetzige Kirchengebäude macht einen recht trübseligen Eindruck. Es
ist eine etwas wirre Zusammenstellung verschiedener, in keiner Weise mit ein-
ander harmonierender Teile (Nr. 23 Grundriss). Ein schmuckloses Langhaus, dem
ein nicht unbedeutend breiteres Seitenschiff an der Südseite nachträglich angefügt
ist, schiiesst sich an eine uralte romanische Turmanlage an und wird jenseits
des Turmes durch einen zweiteilig im Spitzbogen gewölbten, im halben Achteck
geschlossenen Chorraum fortgesetzt. Die Gewölbe sind unglaublich roh und unge-
schickt ausgeführt, sodass man meinen könnte, man hätte hier in Ermsleben zum
ersten Male im Abendlande einen Gewölbebau versucht. Strebepfeiler fehlen mit
Ausnahme eines an der Südostseite, der nachträglich davorgelegt sein wird. Der
interessanteste Teil der Kirche ist der dreiteilige Turm, der vielleicht von dem
ersten in Stein ausgeführten Kirchenbaue übrig geblieben ist. Die Seitenteile sind
nicht zu derselben Höhe geführt, wie der ungewöhnlich schmale Mittelbau; sie
sind meist nur als Treppenanlagen zu betrachten, die aber zugleich dazu dienten,
die drei Schiffe der Kirche, die man hiernach als einst vorhanden anzunehmen be-
rechtigt ist,, abzuschliessen, freilich nicht imAVesten, sondern als östlicherzwischen
Langschiff und Altarraum eingeschobener Querbau, eine in unserer Gegend, über-
haupt in ganz Norddeutschland sehr seltene Anlage. Zwei grosse Rundbögen