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Mansfelder Gebirgskreis.
Die drei Glocken von 1,03, 0,83 und 0,68 m Durchmesser sind von den Gebr
Ulrich in Laucha gegossen, die beiden grösseren 1832 und 1861, die kleine 1872.
Eine der nunmehr umgegossenen Glocken, die frühere Mittelglocke, hatte
nach einer schriftlichen Aufzeichnung unter dem oberen Rande in gotischen
Majuskeln folgende Inschrift: 0
+ AVQ - mARIA - CRAGIA - PLGI2A -
DOMIHWS - TEGV - SGa - HICOLRQ O
Erwähnenswert ist, dass auf der wüsten Stätte Lichthagen (auch Lichtenhagen,
Lichtenhayn genannt) westlich vonGorenzen, welche jetzt eine grosse von 0. nach
W. sich erstreckende Waldwiese ist, in der Nordwestcke derselben ein Stein-
haufen liegt, die letzten Überbleibsel der Lichtenhagener Kirche, die vom
Volke gewöhnlich als „die wüste Kirche" bezeichnet wird. Aus den umher-
liegenden Steinen haben sich die Förster einen Wild-Anstand erbaut und als Sitz
darin den pilz- oder tischförmigen ehemaligen Bauer stein des Dorfes aufgestellt.
So ändern sich die Zeiten! Die Fundamente der halbrunden romanischen Chor-
nische der frühem Kirche sind noch im Gebüsch zu erkennen.
Nach Franckes Historie der Grafschaft Mansfeld S. 3 giebt es bei Gorenzen
einen Berg aus lauter Tierknochen, dem bei Schochwitz auf dem Luppberge ehe-
mals vorhandenen Knochenberge ähnlich. Vermutlich ist damit der sogenannte
Knochen berg am Knochenbache gemeint, welcher südöstlich von Gorenzen liegt.
Gräfenstuhl.
/G/ Kleines Dörfchen ohne Kirche, 9,0 km südwestlich von Hettstedt, in der
Freiherrschaft Arnstein im ehemaligen Schwabengau, bezw. im Banne des Archi-
diakonats Aschersleben gelegen. Der Ortsname (1387 Greffenstuhl) könnte
wohl eine Gerichtsstätte, den Ort, wo ein Graf zu Gericht sitzt, bedeuten. Da
jedoch das in derselben Urkunde miterwähnte Greifenhagen daselbst auch Greffen-
hagen geschrieben ist, viel früher aber Grihnhagen heisst, so ist die Vermutung
berechtigt, dass der Ortsname den Personennamen Grifo enthalte nnd Stuhl oder
Hochsitz des Grifo bedeute.3) In diesem Falle würde an den Halbbruder des
Frankenkönigs Pipin zu denken sein, welcher bekanntlich, von einer Schar vor-
nehmer Franken begleitet und königliche Machtstellung erstrebend, im Jahre 747
bei den sächsischen Nordschwaben Aufnahme fand und an unserem Orte eine
Zeitlang seinen Sitz gehabt haben könnte. Das „Gemein Siegel zu Gräfenstuhl"
zeigt einen auf einem Stuhle zitzenden Knaben, ein Hufeisen oder ein Buch in
der Hand haltend, und anscheinend vor einem Tische sitzend. Uber ihm steht
das Wort: Quiete. Die Deutung des Siegelbildes muss unterbleiben, doch ist so
viel klar, dass es ein „redendes" ist.
In einer späteren Mansfelder Erbteilung wurde Gräfenstuhl vom Amte Arn-
stein getrennt und dem Vorderamte Mansfeld zugewiesen. Das Gräfenstuhler
Freigut war im Besitze der Familien Eiste, Meyer, von Pliulstein.
i) Vgl. auch Neue Mitteil, des Thür. Sachs. A. Vereins VII, 1, 200. 2) Diese Ansicht
ist schon von Cyr. Spangenberg in seiner Querfurter Chronik. S. 57 geäussert worden.
Mansfelder Gebirgskreis.
Die drei Glocken von 1,03, 0,83 und 0,68 m Durchmesser sind von den Gebr
Ulrich in Laucha gegossen, die beiden grösseren 1832 und 1861, die kleine 1872.
Eine der nunmehr umgegossenen Glocken, die frühere Mittelglocke, hatte
nach einer schriftlichen Aufzeichnung unter dem oberen Rande in gotischen
Majuskeln folgende Inschrift: 0
+ AVQ - mARIA - CRAGIA - PLGI2A -
DOMIHWS - TEGV - SGa - HICOLRQ O
Erwähnenswert ist, dass auf der wüsten Stätte Lichthagen (auch Lichtenhagen,
Lichtenhayn genannt) westlich vonGorenzen, welche jetzt eine grosse von 0. nach
W. sich erstreckende Waldwiese ist, in der Nordwestcke derselben ein Stein-
haufen liegt, die letzten Überbleibsel der Lichtenhagener Kirche, die vom
Volke gewöhnlich als „die wüste Kirche" bezeichnet wird. Aus den umher-
liegenden Steinen haben sich die Förster einen Wild-Anstand erbaut und als Sitz
darin den pilz- oder tischförmigen ehemaligen Bauer stein des Dorfes aufgestellt.
So ändern sich die Zeiten! Die Fundamente der halbrunden romanischen Chor-
nische der frühem Kirche sind noch im Gebüsch zu erkennen.
Nach Franckes Historie der Grafschaft Mansfeld S. 3 giebt es bei Gorenzen
einen Berg aus lauter Tierknochen, dem bei Schochwitz auf dem Luppberge ehe-
mals vorhandenen Knochenberge ähnlich. Vermutlich ist damit der sogenannte
Knochen berg am Knochenbache gemeint, welcher südöstlich von Gorenzen liegt.
Gräfenstuhl.
/G/ Kleines Dörfchen ohne Kirche, 9,0 km südwestlich von Hettstedt, in der
Freiherrschaft Arnstein im ehemaligen Schwabengau, bezw. im Banne des Archi-
diakonats Aschersleben gelegen. Der Ortsname (1387 Greffenstuhl) könnte
wohl eine Gerichtsstätte, den Ort, wo ein Graf zu Gericht sitzt, bedeuten. Da
jedoch das in derselben Urkunde miterwähnte Greifenhagen daselbst auch Greffen-
hagen geschrieben ist, viel früher aber Grihnhagen heisst, so ist die Vermutung
berechtigt, dass der Ortsname den Personennamen Grifo enthalte nnd Stuhl oder
Hochsitz des Grifo bedeute.3) In diesem Falle würde an den Halbbruder des
Frankenkönigs Pipin zu denken sein, welcher bekanntlich, von einer Schar vor-
nehmer Franken begleitet und königliche Machtstellung erstrebend, im Jahre 747
bei den sächsischen Nordschwaben Aufnahme fand und an unserem Orte eine
Zeitlang seinen Sitz gehabt haben könnte. Das „Gemein Siegel zu Gräfenstuhl"
zeigt einen auf einem Stuhle zitzenden Knaben, ein Hufeisen oder ein Buch in
der Hand haltend, und anscheinend vor einem Tische sitzend. Uber ihm steht
das Wort: Quiete. Die Deutung des Siegelbildes muss unterbleiben, doch ist so
viel klar, dass es ein „redendes" ist.
In einer späteren Mansfelder Erbteilung wurde Gräfenstuhl vom Amte Arn-
stein getrennt und dem Vorderamte Mansfeld zugewiesen. Das Gräfenstuhler
Freigut war im Besitze der Familien Eiste, Meyer, von Pliulstein.
i) Vgl. auch Neue Mitteil, des Thür. Sachs. A. Vereins VII, 1, 200. 2) Diese Ansicht
ist schon von Cyr. Spangenberg in seiner Querfurter Chronik. S. 57 geäussert worden.