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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 3.1907

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Heft 7
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Zu den Malern Witz
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https://doi.org/10.11588/diglit.27900#0148

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120

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKTJNDE.

Nr. 7.

lieh deutlich einen Nachfolger, besser
Kopisten der Van Eycks, läßt sich aber
dennoch nicht im mindesten als nieder-
ländische Arbeit ansprechen, sondern
als eine halb deutsche, halb französische
Malerei, die wohl ins erste Viertel des
15. Jahrhunderts gehört. Das würde
alles recht gut zu Hans Witz passen,
von dem man annehmen darf, daß
er identisch ist mit dem „Hance de
Constance peintre“, der von 1424 auf
1425 in den Diensten des Herzogs
von Burgund gestanden hat und in
künstlerischer Mission nach Paris und
Brügge hat reisen müssen. Früher,
1402, war Hans Witz schon in Frank'
reich als Maler tätig gewesen, und
zwar in Nantes. 1412 hatte er in Kon-
stanz das Bürgerrecht erworben, doch
scheint er während des Konzils (14x4
bis 1418 dauerte es) wieder nach Frank-
reich gezogen zu sein. Dabei wird vor-
ausgesetzt, daß die Namen Hans Witzin-
ger des Konstanzer Bürgers und Malers
und des „Hance de Constance“ vom
burgundischen Hofe sich auf dieselbe
Person beziehen. Die Gleichstellung
von Witzinger und Witz, die sich
Burckhardt erlaubt, läßt sich nach ana-
logem allemannischem Gebrauch ver-
teidigen. Der von Burckhardt versuchte
Aufbau einer knappen Biographie des
Hans Witz hat denn auch eine gewisse
Wahrscheinlichkeit für sich. Als sicher

erwähnt wird, daß sich von derselben Hand
eine Madonna im Museo Correr zu Vene-
dig befindet. Die Kehrseite des Bildes in
Venedig zeigt das Haupt des Dornengekrönten.
Ich dachte früher an Kopien nach Bildern
aus der Eyckschen Schule. Jetzt meine ich,
mehr Eigenart darin zu finden. Die unver-
standenen Schlagschatten des Wiener Bildes
können nicht wohl nach einem vorzüglichen
Original kopiert sein. Die im ganzen nicht
übel komponierte Gruppe und der Ausblick
durch ein Fenster nach der Ferne deuten auf
Beeinflussung durch Van Eycksche Bilder.
Die heilige Familie in Wien weist auch einige
Züge auf, die sogar an den jüngeren (Konrad)
Witz erinnern, z. B. die hart gebrochenen
Gewandfalten.

ist hervorzuheben, daß Konrad Witz
urkundlich als Sohn des Konstanzer
Malers Hans Witz(inger) nachgewiesen
ist. Der jüngere, also Konrad Witz, ist
während des Konzils in Konstanz 1(1414
bis 14x8) anwesend. 1427 zog er nach
Rottweil. 1431—1444, zur Zeit des
Baseler Konzils, lebte er in Basel. 1444
ist ein Aufenthalt des Konrad Witz in
Genf nachzuweisen. Vor dem 5. Au-
gust 1447 starb der Künstler. D. Burck-
hardt vermutet, daß Konrad Witz 1398
oder früher geboren ist und daß er
1402, also noch als Kind, in Frank-
reich gewesen.

Theoretisch angepackt, lehren die
Biographien der beiden Witz einen
Zusammenhang mit der altburgundi-
schen und altflandrischen Malerei. Eine
Stilverbindung mit den Van Eycks
läßt sich annehmen, freilich beim jün-
geren Witz nicht nachweisen. Denn,
wie ich sogleich feststellen möchte: es
gähnt eine tiefe Kluft zwischen den
Gipfeln der Van Eyckschen Kunst
und den Gefilden des Konrad Witz.
Konrad Witz ist auch für seine Zeit
ein plumper, nicht übermäßig geist-
reicher Maler von mittlerem Talent und
von schwerfälliger Hand, ein zurück-
gebliebener Unbeholfener, der an der
Temperamalerei festhält und nur durch
einen derben Realismus über die Auf-
fassung seiner deutschen Vorfahren
hinausgeht noch zu einer Zeit, als man
in Flandern schon wahre Farbenwunder
wirkte, höchst vollendete Pinselführung
ausübte und feinste malerische Auf-
fassung zur Verfügung hatte. Auch
Burckhardt gesteht in bezug auf den
von Konrad Witz gemalten Verkündi-
gungsengel und eine Figur der Ecclesia *)
ein, daß Van Eyckscher Einfluß darin

*) Diese Bilder sind durch Herrn Pro-
fessor E. A. Stückelberg entdeckt worden.
Sie befinden sich im Besitze des Herrn Karl
Vischer von der Mühl im Schloß Wilden-
stein im Baselschen.
 
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