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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 3.1907

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Heft 9
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Rembrandts Selbstbildnis aus der Sammlung S. B. Goldschmidt in Frankfurt am Main
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https://doi.org/10.11588/diglit.27900#0196

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168

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

Nr. 9.

die mit dem Pinselstiel aus der noch
nassen Farbe herausgekratzt sind, so
daß der helle Grund durchsticht. Das
ist eine längst beobachtete Technik, die
gerade beim jungen Rembrandt recht
oft vorkommt. Erst unlängst ist in diesen
Blättern beim Stuttgarter Paulus von
1627 darauf hingewiesen worden. Für
unseren Fall ist es bedeutungsvoll, daß
dieselbe Art der eingekratzten Striche
im Haar auch auf den frühen Selbst'
bildnissen in Gotha und Kassel ver-
kommt. Nicht zu übersehen ist es, daß
wir in dem Bildchen der Sammlung
Goldschmidt hauptsächlich eine Be-
leuchtungsstudie, einen Versuch im Hell-
dunkel vor uns haben, ähnlich wie in
den eben genannten frühen Eigen-
bildnissen.’1')

Endlich wiegt es schwer, daß ge-
rade das vorliegende Bild der alten Ra-
dierung des J. G. van Vliet am
nächsten steht, näher als irgendein
frühes Selbstbildnis, das man bisher als
Vorbild der Vlietschen Radierung hin-
gestellt hat. Anbei die Abbildung nach
dem ersten Zustand des Blattes. Zur
Erleichterung des Vergleichens ist die
Abbildung gegenseitig, das ist mit ver-
tauschtem Links und Rechts angefertigt
worden.

Van Vliets Radierung (Bartsch 19)
ist schon 1634 entstanden.*) **) Man be-

*) Von dem Kasseler Selbstbildnis und
den anderen frühen Eigenporträten wurde
dasselbe schon längst durch Bode und Eisen-
mann ausgesagt. Vgl. „Zeitschrift für bildende
Kunst“ XI (1876), S. 126, „Repertorium für
Kunstwissenschaft“ VII, S. 222, und Bode:
Studien S. 376f.

**) Die Benennung des Dargestellten als
„L’Eunuque de la Reyne de Candaces“ kommt
erst auf dem Nachstich vor, der im 18. Jahr-
hundert für den Verlag F. L. D. Ciartres ge-
fertigt worden ist. Diese Benennung beweist,
daß man schon gänzlich vergessen hatte, wie
doch Rembrandt selbst auf dem Stich porträ-
tiert sei. Die Radierung des Vliet trägt im
zweiten Zustand die Adresse des Dankert.
Hiezu R. Naumann: „Archiv für die zeichnen-
den Künste“ V (1859), S. 288, wo Nachträge

zog sie auf das Bild in Gotha und auf das
in Kassel, und das in einem Atem (hiezu
BodesRembrandt-Werk Nr.11undNr.13,
ferner VIII, S. 176, und De Groot „Die
Urkunden über Rembrandt“ 1906, S. 30,
wo die Radierung auf das Bild in Gotha
bezogen wird). Schon die Unsicherheit
in diesen Angaben bei De Groot und
Bode muß stutzig machen, und sie weist
auf die Möglichkeit hin, daß weder das
Kasseler noch das Gothaer Selbst-
porträt das richtige Vorbild abgab, son-
dern daß dieses wo anders zu suchen
sei, auch wenn man gerne zugibt, daß
sich V an Vliet überhaupt nicht sklavisch
nach seinem Vorbild gehalten haben
dürfte. Schon der viele weiße leere Pa-
piergrund um den Kopf läßt vermuten,
daß der als etwas plump bekannte
Van Vliet den Kopf verhältnismäßig
zu klein auf die Platte gebracht und
dann die überflüssige Fläche einfach
freigelassen hat. Daß zwar der Kopf
so ziemlich in der Mitte des Stichfeldes
sitzt, aber die Massenverteilung un-
gleich gegen links hingeschoben ist,
dürfte kaum reiner Zufall sein. Eine
derlei Anordnung muß man denn doch
auch beim Vorbild voraussetzen, auf
das Van Vliet durch die Inschrift mit
Rembrandts Monogramm hinweist.

Damit kommen wir nun wieder auf
das Täfelchen der Sammlung S. B. Gold-
schmidt, jetzt bei Matsvanszky, zurück.
Dieses hatte früher eine ganz ähnliche
Massenverteilung wie die Radierung.
Auch auf dem Bildchen, das formati-
siert ist, war vorher gegen rechts vom
Halse viel leere Fläche vorhanden und
damit die Asymmetrie auffallend, die
durch die vorgebeugte Haltung des
Oberkörpers bedingt ist. Je mehr man
von der asymmetrischen Brust sieht,
desto auffallender die Massenverschie-
bung, je mehr der Kopf allein betrachtet
wird, desto weniger bemerkbar die Un-

zum Verzeichnis des Bartsch zusammengestellt
sind. Der erste Zustand hat keine Adresse.
 
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