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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 13.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.13560#0194

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Braunschweig. Vielleicht dürfte es für manchen Leser der
„Dioskuren" von Interesse sein, zu erfahren, daß die Gemäldegallerie
der Frau Franziska v. Re in icke hier, welche im December v. I.
gestorben ist, Eigenthum der Stadt Braunschweig geworden ist, und
demnächst dem herzogl. Museum cinverleibt wird. — Es sind im
Ganzen 82 Oelgemälde, zum größestcn Theile von nicht unerheblichem
Werthe und großer künstlerischer Bedeutung. Der Magistrat ver-
öffentlichte für dies Geschenk eine Danksagung, woran er zugleich
eine Einladung an die Einwohner der Stadt knüpfte, „sich von der
Beträchtlichkeit der Schenkung durch eigene Anschauung zu überzeugen,
so lange die Gemälde mit denen des herzoglichen Museums noch
nicht vermischt seien". — Demgemäß wurde verordnet, daß die Ge-
mälde in dem kleinen Saale des Altstadt-Rathhauses ausgestellt
wurden, wo sie vom 10. d. M. bis zum 7. Juni in Augenschein ge-
nommen werden können. Bon welcher Bedeutung übrigens die Samm-
lung ist, geht daraus hervor, daß für ein Gemälde von van Dyck
ein Kunstfreund 2000 Thlr. — aber ohne Erfolg — geboten hatte.

München. Die Pettenkofer'scke Erfindung, die Restau-
ration der Oelgemälde betreffend, ist dieseni Gelehrten vom bayrischen
Staat nunmehr für 40,000 Fl. abgekauft worden.

Prag. Das vaterländischen Museum hier wird am 13. Juni
seine fünfzigjährige Gründungsfeier begehen. Die Gerechtigkeit er-
fordert es, zu konstaliren, daß Herr Palazky mit Eifer die Bedeutung
dieser Feier für das ganze Land zu wahren sucht, da der Zweck des
Museums wesentlich ein wiffenschaftlicher und nicht einseitig nationaler
sei. Außer der Enthüllung der Büste des Grafen Kaspar Sternberg,

der in geistiger wie materieller Beziehung Hauptgründer dieses In-
stituts war, wird unsere Stadt bei jener Feier eine weitere artistische
Bereicherung erhalten. Die im Schlosse Liboch bisher befindlichen
sechs kolossalen Erzstatuen böhmischer Heroen, zu den gelungensten
Schöpfungen der münchener Erzgießerei zählend, sind nämlich von
dem Eigenthümer, Herrn Veith, ans Veranlassung jener Jubelfeier
dem Museum bleibend überwiesen worden.

Wien. In der Auction der Gallerie Arthaber sind für die
k. k. Gemälde-Gallerie zwei Bilder acquirirt worden, deren Erwerb
für die Sanimlung behufs einer würdigen Vertretung der beiden
wiener Meister sich dringend empfahl: Führich's „Gang Mariä
über das Gebirge" und Kupelwieser's „Gebet Mosis". Der
Wunsch, noch einige bedeutende Werke der älteren wiener Schule er-
werben zu können, führte zu einer lebhaften Betheiligung an der
Versteigerung derselben, scheiterte aber leider, als durch die Anbote
die Summe überschritten wurde, welche Se. Majestät der Kaiser auf
Vortrag des Hrn. Oberkämmerers für den Zweck bestimmt hatte.

Zürich. Das Denkmal, welches polnische Emigranten in der
Schweiz zur Erinnerung an den 100jährigen Freiheitskrieg Polens
stiften wollen, soll an einem der schönsten Punkte des Zürichersees,
auf den Höhen von Rapperswyl, errichtet werden. Das Denkmal
wird aus einer 28 Fuß hohen Säule von schwarzem Marmor be-
stehen, welche auf drei Granilstufen ruht und mit einem Adler mit
ausgebreiteten Flügeln gekrönt ist. Am untern Theile sollen auf vier
Tafeln geschichtliche Inschriften und die polnischen Wappen ange-
bracht werden.


Kunstgeschichte.

Der Dortrrritmalcr.

n dem Berliner Wohnungsanzeigcr befindet sich bekannt-
lich auch ein besonderer Nachweis der Gewerbtrcibenden,
der Künstler :c. Unter der Ueberschrift „Maler"
finden wir über zweitausend Namen verzeichnet.
Sicht man näher nach, so findet man freilich, daß
durch die Vermischung und Nebeneinanderstellung von
„Künstlern und Handwerkern" die Zahl der Maler beträcht-
lich vergrößert wurde. Nicht nur, daß die Stubenmaler eine be-
trächtliche Genossenschaft bilden, so werden außerdem noch aufgeführt:
Dekorationsmaler, Gummiballmalcr (unmittelbar v o r den Historien-
malern), Holzmaler, Mustermaler, Sammetmaler, Schilder- und
Blechnialer, Wappenmaler, Zifserblattmaler.*) Vermehrt wird die
Zahl der Maler aber auch noch dadurch, daß viele der „Geschichts-
maler" noch einmal als „Portraitmaler" in Reih' und Glied
gestellt werden. In der früheren und frühesten Zeit war dies nicht
so; weder Raphael, noch Tizian, weder Albrecht Dürer noch Rcm-
brandt, weder Correggio noch Rubens, weder Murillo noch Vclasquez,
weder Palma noch van Eyk**) kannten diesen Unterschied, und wo
sic sich zu unterschreiben hatten, nannten sie sich einfach: „pittore,
Maler". Und dennoch finden wir, daß diese, wie sämmtlichc berühmte
Geschichtsmaler jener Zeit, auch Portraitmaler waren und nicht nur.

daß sie in ihren großen Kirchcnbilderu die Portraits der Dona-
toren anbrachtcn, sondern auch zu den heiligen Personen vielfach die
Bildnisse ihrer Befreundeten, Geliebten, oder sonst ausgezeichneter
Personen verwendeten, endlich auch Portraits als ganz selbstständige
Bilder oft aus Freundschaft, öfter noch für gute Bezahlung nialtcn.
Und gerade diese Portraits sind es, die sic mit vorzüglicher Liebe
durchführten, weshalb wir auch gegenwärtig uns von solchen Bildern
oft mehr als von ihren Heiligen- und Engelsbildern mit nebulösen,
sogenannten idealen Köpfen und Gesichtszügen angezogen fühlen.

So viel dürfte wohl unzweifelhaft feststehcn, daß kein Geschichts-
malcr etwas Ausgezeichnetes auf diesem Felde leisten wird, der seinen
Beruf nicht als ausgezeichneter Portraitmaler dargethan hat. Ein
wesentlicher Unterschied, so scheint es mir, beruht wohl darauf, daß
der Geschichtsmalcr, zumal kirchlicher oder religiöser Vorwürfe, in
eitler Selbstgenügsamkeit nur aus seinem eigenen Innern, aus seiner
Vorstellung die Gestalten seiner Gemälde und ihren Ausdruck hervor-
ruft, während der Portraitmaler — zumal wenn ihm große Berühmt-
heiten, ausdrucksvolle Charaktere, anerkannte Schönheiten zu dem
Bilde sitzen, in die Tiefen eines anderen Gemüthcs schauen, vollendete
Formen in Blut und Leben in fragwürdiger Erscheinung vor sich
erblickt. Damit ist keineswegs dem Künstler das Jdealisircn vcr-

*) In der Rhcinprovinz schcint der Unterschied zwischen Künstlern und
Handwerkern noch zu bestehen. Tie Zeitungen vom 19. April d. I. melden:
„daß dem Tüncher- und Anstreicher-Meister Heinrich Koch da« Prädikat eines
Königlichen Hof-Stubenmalcrs verliehen worden." Umgekehrt ernennt die
berliner Akademie der Künste alljährlich bald einen Klempnermeister, bald
einen Schrciblchrer u. s. f. zum „Akademischen Künstler". Die Red.

**) Van Eyk zeigt sich nicht nur aus dem großen Genter Bilde in der

hiesigen königl. Bildergallerie als trefflicher Portraitmaler, ich fand auch auf
einer 1851 in London zur Bersteigerung gestellten Sammlung von meist sehr
mittelmäßigen Bildern ein säst lebensgroße« Portrait, welches auch Professor
Schlesinger für einen unzweifelhaften van Eyk erklärte. Ich gab Auftrag
bi« 80 Psd. Sterl. zu gehen; nach der Auction erfuhr ich, daß dies Bild
von Kennern hinaufgetriebcn, von der Direktion des Nationalmuseums sür
200 und einige Pfund erstanden worden war. D. V.
 
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