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(in Italien) dem Sommer für die Sgraffito-Arbeiten vorzu-
ziehen. — Aus das nach genannter Weise frisch verputzte Stück
kommen nun zwei Anstriche von Kalkmilch, so zwar, daß man
das eine Mal den Pinsel in horizontaler, das andere Mal in
vertikaler Richtung ohne irgend welchen Ursprung streicht, um
die Kalkmilch vollkommen gleich aufzutragen."
Hierauf beschränken sich (nach de Fabris) die Vorarbeiten.
Im Grunde besteht hienach die für die eigentliche Sgraffitozeich-
nung hergestellte Verputzfläche nur aus drei Theilen, dem rohen
Mauerputz, als Basis, dem dunkeln Untergrund und dem Kalk-
Ueberzuge; denn das doppelte Aufträgen von Kalkmilch hat eben
nur den Zweck — daher auch das Streichen in verschiedener
Richtung —, zu verhindern, daß etwaige Lücken entstehen, die
bei der geringen Stärke des Auftrags leicht übersehen werden
könnten.
Nach dieser materiellen Vorarbeit wird nun, fährt de Fabris
fort, die für das Sgraffito bestimmte Zeichnung von Figuren,
Ornamenten rc. vorher auf Papier angefertigt und nach allen Con-
touren mit einer dicken Nadel") durchstochen. Sobald nun der
zweite Anstrich haftet, wird das Papier auf die Fläche gebreitet
und die Zeichnung mittelst Staubballen von dünner Leinwand,
mit Kohlenpulver gefüllt, auf den frischen Grund übertragen. —
Zur weiteren Ausführung bedient man sich dann zweier ver-
schiedener Eisen, wovon das eine zum Durchritzen deö Kalk-
Ueberzuges, das andere, lanzettenförmig, zum Abschaben (Aus-
sparen) bestimmt ist.
Mit der Spitze beider Eisen werden die Contoure und
Schraffirungen der Zeichnung auf die Tiefe von 2 — 3 Milli-
meter eingegraben. Mit der Schneide des lanzettenförmigen
wird das Weiß des Hintergrundes der Zeichnung durch Schaben
abgehoben, indem man das Instrument leicht und gleichförmig
führt. Ein drittes, spatenförmiges Eisen, dessen breites Ende aus-
gezahnt ist, dient dazu, die vom Weiß befreite dunkle Fläche mit
mäßigem Druck zu übergehen, um eine Art Streichlage zu geben,
die der ganzen Arbeit Frische und Vollendung verleiht. — Schließ- *)
*) Besser wohl noch mit einem kleinen, in eine kreisförmige hohle
Spitze auslaufenden, scharfen Eisen durchschlagen, weil die für das Durch-
pausen nöthigen Löcher des Papiers Leim bloßen Durchstechen mit der Nadel
durch das Auflegen auf die Fläche sich leicht wieder schließen. D. Red.
lich fügt de Fabris noch hinzu, daß das Sgraffito auf jeder
Mauer ausgeführt werden könne, sobald diese im guten Zustande
und der Rohverputz neu, aber genügend erhärtet sei. Um die
Dauer des Sgraffito zu sichern, bedürfe es keinerlei chemischer
Zuthaten, die Verbindung mit gutem Sande allein genüge, um
es Jahrhunderte zu erhalten.
Was die technischen Bemerkungen von Max Loh de in
seiner Einleitung zu der Publikation der von ihm im berliner
Sophien-Gymnasium ausgeführten Sgraffitobilder betrifft, so
halten sich dieselben ganz im Allgemeinen. Er bemerkt, daß
„die richtige Mischung des Kalkputzes, die Auswahl der Sand-
sorten und haltbaren Färbemittel, die Zeit des Auftrags der
verschiedenen Schichten, die des Schraffirens selber rc. Vorfragen
seien, von deren richtiger Beantwortung nicht nur die Möglich-
keit der Ausführung, sondern auch die Dauerhaftigkeit der ganzen
Arbeit abhängt." Allein auf eine Beantwortung dieser „Vor-
fragen" läßt er sich nicht ein und erwähnt nur beiläufig, daß
er Versuche mit neueren Eisenoxydfarben gemacht habe, die
günstig ausgefallen seien.
Dies sind nun die Ergebnisse der bisherigen praktischen
Erfahrungen. Aus der großen Differenz, welche zwischen den
Angaben Semper's und der Fabris' obwaltet, scheint man den
Schluß ziehen zu dürfen, daß die weiteren Versuche hauptsäch-
lich sich auf die Frage zu richten haben werden, welche Modi-
fikationen in dem technischen Verfahren, namentlich rücksichtlich
der Mischungs-Bestandtheile und -Verhältnisse in den verschie-
denen Verputzlagen, der Anwendung von Farben rc., durch die
Verschiedenheit des Klimas bedingt sein möchten. Denn es
liegt wohl auf der Hand, daß ein größerer oder geringerer
Temperaturwechsel, größere oder geringere Trockenheit des Bo-
dens und der Luft nicht ohne Einfluß auf die chemischen Ver-
hältnisse des Putzes und folglich auch auf die Dauerhaftigkeit
deö Sgraffito überhaupt bleiben können. Hiedurch wäre auch
das Räthsel gelöst, woher es kommt, daß zwei ziemlich gleich-
stehende Autoritäten, wie Seinper und de Fabris, so bedeutend
abweichende Vorschriften zur technischen Herstellung des Sgraf-
fito geben konnten, da der Eine seine Experimente im Norden
und in einer gebirgigen Gegend, der Andere im Süden, wo
der Winter einen ganz anderen Charakter besitzt, angestellt hat.
(Fortsetzung folgt.)
Korrespondenzen.
arlsruhc, den 23. Mai. (Ausstellung des Kunst-
vereins. Schluß.) Aus der großen Zahl der Land-
schaften, welche in der Ausstellung überwiegend vor-
walten, heben wir folgende hervor: „Gebirgslandschaft"
von Gude, ein großes Gemälde von bedeutender
Wirkung, obwohl die Absicht, dem Bilde den Cha-
rakter der Stimmungslandschaft zu geben, nicht sehr hervortreten
konnte, da es sich hier mehr um die Darstellung der großartigen
Majestät der Natur, um das plastische Element in derselben als um
den inneren Stimmungsreiz handelte. — Hieran schließt sich eine
Alpenlandschaft von A. Hörter in Karlsruhe, welche derselbe im
Aufträge des Großherzogs gemalt hat, „Der Rosegg-Gletscher im
Berninagebirge". Der Künstler hat mit Geschick ein getreues Bild
einer bestimmten Alpcnscene geschaffen, das, obwohl cs dabei nirgends
auf einen künstlerisch wirksamen Natnrpunkt abgesehen ist, den Be-
schauer doch fesselt und einen Blick in die Gletschcrwelt bietet, die
uns ebensowohl wie das Meer oder die unendliche Fernen eines ebe-
nen Landes die Großartigkeit der Natur bewundern läßt. — In dem
„Eingang in's Roseggthal bei Pontresina" von demselben ist das
ebenfalls dem Berninagebirge entnommene Motiv frei und selbst mit
tüchtiger Technik und feinem Verständniß behandelt. — Die große Land-
schaft von Osterroth, eine Kirchhofkapellc mit reicher, interessanter
Staffage ist ein koloristisch sehr wirkungsvolles Gemälde von bedeu-
tendem Inhalt und Tiefe der Empfindung. — Zu den besten land-
schaftlichen Leistungen, die in letzter Zeit zur Ausstellung gelangt
sind, gehört „Mondaufgang" von van der Helle». — Unter den
(in Italien) dem Sommer für die Sgraffito-Arbeiten vorzu-
ziehen. — Aus das nach genannter Weise frisch verputzte Stück
kommen nun zwei Anstriche von Kalkmilch, so zwar, daß man
das eine Mal den Pinsel in horizontaler, das andere Mal in
vertikaler Richtung ohne irgend welchen Ursprung streicht, um
die Kalkmilch vollkommen gleich aufzutragen."
Hierauf beschränken sich (nach de Fabris) die Vorarbeiten.
Im Grunde besteht hienach die für die eigentliche Sgraffitozeich-
nung hergestellte Verputzfläche nur aus drei Theilen, dem rohen
Mauerputz, als Basis, dem dunkeln Untergrund und dem Kalk-
Ueberzuge; denn das doppelte Aufträgen von Kalkmilch hat eben
nur den Zweck — daher auch das Streichen in verschiedener
Richtung —, zu verhindern, daß etwaige Lücken entstehen, die
bei der geringen Stärke des Auftrags leicht übersehen werden
könnten.
Nach dieser materiellen Vorarbeit wird nun, fährt de Fabris
fort, die für das Sgraffito bestimmte Zeichnung von Figuren,
Ornamenten rc. vorher auf Papier angefertigt und nach allen Con-
touren mit einer dicken Nadel") durchstochen. Sobald nun der
zweite Anstrich haftet, wird das Papier auf die Fläche gebreitet
und die Zeichnung mittelst Staubballen von dünner Leinwand,
mit Kohlenpulver gefüllt, auf den frischen Grund übertragen. —
Zur weiteren Ausführung bedient man sich dann zweier ver-
schiedener Eisen, wovon das eine zum Durchritzen deö Kalk-
Ueberzuges, das andere, lanzettenförmig, zum Abschaben (Aus-
sparen) bestimmt ist.
Mit der Spitze beider Eisen werden die Contoure und
Schraffirungen der Zeichnung auf die Tiefe von 2 — 3 Milli-
meter eingegraben. Mit der Schneide des lanzettenförmigen
wird das Weiß des Hintergrundes der Zeichnung durch Schaben
abgehoben, indem man das Instrument leicht und gleichförmig
führt. Ein drittes, spatenförmiges Eisen, dessen breites Ende aus-
gezahnt ist, dient dazu, die vom Weiß befreite dunkle Fläche mit
mäßigem Druck zu übergehen, um eine Art Streichlage zu geben,
die der ganzen Arbeit Frische und Vollendung verleiht. — Schließ- *)
*) Besser wohl noch mit einem kleinen, in eine kreisförmige hohle
Spitze auslaufenden, scharfen Eisen durchschlagen, weil die für das Durch-
pausen nöthigen Löcher des Papiers Leim bloßen Durchstechen mit der Nadel
durch das Auflegen auf die Fläche sich leicht wieder schließen. D. Red.
lich fügt de Fabris noch hinzu, daß das Sgraffito auf jeder
Mauer ausgeführt werden könne, sobald diese im guten Zustande
und der Rohverputz neu, aber genügend erhärtet sei. Um die
Dauer des Sgraffito zu sichern, bedürfe es keinerlei chemischer
Zuthaten, die Verbindung mit gutem Sande allein genüge, um
es Jahrhunderte zu erhalten.
Was die technischen Bemerkungen von Max Loh de in
seiner Einleitung zu der Publikation der von ihm im berliner
Sophien-Gymnasium ausgeführten Sgraffitobilder betrifft, so
halten sich dieselben ganz im Allgemeinen. Er bemerkt, daß
„die richtige Mischung des Kalkputzes, die Auswahl der Sand-
sorten und haltbaren Färbemittel, die Zeit des Auftrags der
verschiedenen Schichten, die des Schraffirens selber rc. Vorfragen
seien, von deren richtiger Beantwortung nicht nur die Möglich-
keit der Ausführung, sondern auch die Dauerhaftigkeit der ganzen
Arbeit abhängt." Allein auf eine Beantwortung dieser „Vor-
fragen" läßt er sich nicht ein und erwähnt nur beiläufig, daß
er Versuche mit neueren Eisenoxydfarben gemacht habe, die
günstig ausgefallen seien.
Dies sind nun die Ergebnisse der bisherigen praktischen
Erfahrungen. Aus der großen Differenz, welche zwischen den
Angaben Semper's und der Fabris' obwaltet, scheint man den
Schluß ziehen zu dürfen, daß die weiteren Versuche hauptsäch-
lich sich auf die Frage zu richten haben werden, welche Modi-
fikationen in dem technischen Verfahren, namentlich rücksichtlich
der Mischungs-Bestandtheile und -Verhältnisse in den verschie-
denen Verputzlagen, der Anwendung von Farben rc., durch die
Verschiedenheit des Klimas bedingt sein möchten. Denn es
liegt wohl auf der Hand, daß ein größerer oder geringerer
Temperaturwechsel, größere oder geringere Trockenheit des Bo-
dens und der Luft nicht ohne Einfluß auf die chemischen Ver-
hältnisse des Putzes und folglich auch auf die Dauerhaftigkeit
deö Sgraffito überhaupt bleiben können. Hiedurch wäre auch
das Räthsel gelöst, woher es kommt, daß zwei ziemlich gleich-
stehende Autoritäten, wie Seinper und de Fabris, so bedeutend
abweichende Vorschriften zur technischen Herstellung des Sgraf-
fito geben konnten, da der Eine seine Experimente im Norden
und in einer gebirgigen Gegend, der Andere im Süden, wo
der Winter einen ganz anderen Charakter besitzt, angestellt hat.
(Fortsetzung folgt.)
Korrespondenzen.
arlsruhc, den 23. Mai. (Ausstellung des Kunst-
vereins. Schluß.) Aus der großen Zahl der Land-
schaften, welche in der Ausstellung überwiegend vor-
walten, heben wir folgende hervor: „Gebirgslandschaft"
von Gude, ein großes Gemälde von bedeutender
Wirkung, obwohl die Absicht, dem Bilde den Cha-
rakter der Stimmungslandschaft zu geben, nicht sehr hervortreten
konnte, da es sich hier mehr um die Darstellung der großartigen
Majestät der Natur, um das plastische Element in derselben als um
den inneren Stimmungsreiz handelte. — Hieran schließt sich eine
Alpenlandschaft von A. Hörter in Karlsruhe, welche derselbe im
Aufträge des Großherzogs gemalt hat, „Der Rosegg-Gletscher im
Berninagebirge". Der Künstler hat mit Geschick ein getreues Bild
einer bestimmten Alpcnscene geschaffen, das, obwohl cs dabei nirgends
auf einen künstlerisch wirksamen Natnrpunkt abgesehen ist, den Be-
schauer doch fesselt und einen Blick in die Gletschcrwelt bietet, die
uns ebensowohl wie das Meer oder die unendliche Fernen eines ebe-
nen Landes die Großartigkeit der Natur bewundern läßt. — In dem
„Eingang in's Roseggthal bei Pontresina" von demselben ist das
ebenfalls dem Berninagebirge entnommene Motiv frei und selbst mit
tüchtiger Technik und feinem Verständniß behandelt. — Die große Land-
schaft von Osterroth, eine Kirchhofkapellc mit reicher, interessanter
Staffage ist ein koloristisch sehr wirkungsvolles Gemälde von bedeu-
tendem Inhalt und Tiefe der Empfindung. — Zu den besten land-
schaftlichen Leistungen, die in letzter Zeit zur Ausstellung gelangt
sind, gehört „Mondaufgang" von van der Helle». — Unter den