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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 13.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.13560#0409

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393

Korrespondenzen.

öln, am 4. Deccmber. (Franz Schmitz wegen
Nachdrucks verfolgt.) Alle, welche Interesse
an unserm Dom und dessen architektonischen Einzeln-
heilen haben, muß es überraschen, daß man sich
von Seiten der sogenannten Dombauverwaltung ver-
anlaßt gesehen hat, den Architekten Franz Schmitz,
der mit lebhafter Begeisterung für das großartige Bauwerk, dem er
eine Reihe von Jahren hindurch seine volle künstlerische Kraft ge-
widmet hat, keine Opfer scheut, um alle Kunst- und Dombaufreunde
durch das in diesem Blatte bereits rühmend besprochene prachtvolle
Domwerk zu erfreuen, wegen „Nachdrucks", resp. unbefugter Be-
nutzung von Zeichnungen, welche der Dombauvcrwaltung gehören
sollen, vor den Untersuchungsrichter laden zu lasten. Nicht genug,
daß Herr Schmitz gezwungen wurde, wegen der Herausgabe des
fraglichen Werkes seine bedeutungsvolle baukünstlerische Thätigkeit beim
Dombau aufzugeben, cs soll ihm jetzt auch noch die Fortsetzung des
in der ganzen wissenschaftlichen Welt mit so ungethciltem Beifall
aufgenommenen Werkes durch richterlichen Spruch untersagt werden.

Die dem Eingeweihten hinreichend bekannten Motive zu diesem
Vorgehen werden zu geeigneter Zeit dargelegt und gewürdigt werden.
Für jetzt genüge cs zu konstatiren, daß cs den Feinden des Schmitz'-
schcn Werkes trotz aller Anstrengungen bis jetzt nicht gelungen ist,
für die Erreichung ihres Zweckes irgend welche sichere Grundlage zu
gewinnen. Vor mehr als vier Wochen wurde von Seiten des Jn-
strnctionsrichtcrs die Beschlagnahme des in Rede stehenden Dom-
wcrkes verfügt. Von dieser Beschlagnahme wurden etwa 80 Origi-
nalzeichnungen, 5 Lithographiestcine mit Zeichnungen und sämmtliche
abgezogene Blätter der bereits erschienenen sechs ersten Lieferungen
betroffen. Auf dem Jnstructionsamtc scheint man aber bald zur
Einsicht gekommen zu sein, daß die Beschlaghaltung aller dieser Druck-
sachen und Zeichnungen sich nicht rechtfertigen laste, Nach den ein-
gehendsten und minutiösesten Untersuchungen der mit Beschlag belegten
Zeichnungen und Blätter sah man sich genöthigt, die Siegel von dem
ganzen Vorrath der 6 ersten Lieferungen zu lösen und den Architekten
Schmitz von den 80 Originalzeichnungen etwa 77 zurückzustellen.
Auffallender Weise ließ man die Steine, von denen die Abzüge frei-
gegeben wurden, unter Siegel. Von den Originalzeichnungen wurden
nur drei zurückbehalten, und bezüglich dieser drei ist man jetzt be-
müht festzustcllcn, daß Schmitz bei der Herstellung derselben sich
gegen das Preßgcsetz von 1837 vergangen habe. Obwohl es für
Schmitz ein Leichtes ist, die Grundlosigkeit der Behauptungen, durch
welche der Kläger bezüglich dieser drei Zeichnungen ein Preßvergehen
nachzuweisen bemüht ist, auf das Evidenteste zu erhärten, so ver-
schmäht er cs doch, sich auf irgend welche Gegenerklärungen cin-
zulasscn, so lange man nicht dem gegen ihn geltend gemachten
Gesctzesartikel in all' seinen Konsequenzen gerecht wird. Dieser Artikel
nämlich schließt beim Nachdruck die Initiative der Verfolgung durch
das öffentliche Ministerium aus und verlangt, daß der durch den
Nachdruck Beschädigte selbst den Antrag auf Verfolgung des Nach-
druckcrs stelle. Schmitz, der nicht gesonnen ist, sich in dieser ganzen
Angelegenheit auf weiteres Versteckcnspiclen einzulasten, hat durch
seinen Anwalt den Antrag stellen lasten, daß ihm Derjenige namhaft
gemacht werde, der sich durch Nachdruck für beschädigt erachte und daß
dieser den Antrag ans Verfolgung des Nachdruckcrs stelle. Das Ge-
richt selbst wird wohl, che cs die Sache zum Spruch vor sein Forum
zieht, nicht umhin können, diesem Anträge Folge zu geben. Dann
erst wird Schmitz Gelegenheit erhalten, östentlich vor Gericht den
Nachweis zu führen, wer in den letzten Jahren der eigentliche

schassende Dombanmeister gewesen ist, und es wird dann auch die
alle literarischen und Künstlerkrcise sehr interessirende Frage zur Ent-
scheidung kommen, ob einem Künstler das Recht gewahrt bleibt,
sein eigenstes geistiges Eigenthum für literarische Zwecke zu verwerthen.

Ueber den weiteren Verlauf des Prozesses weide ich Ihnen seiner
Zeit zu berichten nicht unterlassen.

!j! SäSieit, 9. Dccbr. (Missale Romanum; Aufschwung
in der Plastik.) Sie erinnern sich vielleicht noch des ominösen Zu-
falls aus dem März d. I., daß Se. Heiligkeit dem Papste von Seiten
Sr. Majestät dem Kaiser ein prachtvolles Geschenk, das Missale
llomanum, gerade in den Tagen überreicht wurde, als von den beiden
Häusern des Reichstages die erste Bresche in das Konkordat geschossen
wurde. Da an diesem Missale Komanum die ersten hiesigen Kräfte
der Historien- und Schriftmalerei seit länger als 10 Jahren betheiligt
waren, so können Sic wohl denken, daß es in seiner Art ein Meister-
werk ersten Ranges genannt werden darf. In der letzten Sitzung
des akademischen Senats verkündete der Präsident nun, daß der
Papst, als Zeichen seiner Anerkennung der künstlerischen Leistungen,
folgenden Künstlern habe Auszeichnungen zu Theil werden lassen: Di-
rektor Ehr. Rüben und Prof. I. Führich erhielten das Komman-
deurkreuz des Gregor-Ordens, die Professoren C. Blaas, P. I. N.
Geiger, C. Mayer, L. Schulz, (Kupelwieser ist seitdem ge-
storben) das Ritterkreuz desselben Ordens, der Maler Franz Rüben,
Architekt A. Groner und Schriftenmaler I. Kanka das Ritter-
kreuz des Sylvester-Ordens.

Es ist in hohem Grade erfreulich, zu sehen, welch' schöner Nach-
wuchs und vielversprechende Talente auf dem Gebiete der Plastik bei
uns seit den letzten Jahren anftauchcn. Kaum sind einige Wochen
verstrichen, seit einige Schüler der hiesigen k. Akademie die ihnen für
die Konkurrenz um den sogenannten Kaiscrprcis gestellte Aufgabe
„Sokrates schützt in der Schlacht den jungen Alcibiades" auf un-
gewöhnlich ehrenvolle Weise lösten, als jetzt zwei eminente Talente
um den sogenannten Reichel'schen Preis (1200 fl.) konkurriren.
Benk's „Genoveva" ist in der äußeren Form eine edel gehaltene
Gruppe, in allen Thcilen schön durchgebildet, von feiner Empfindung,
namentlich im Ausdruck des Gesichtes der schwergeprüften Frau,
welche ihren jungen Sohn umfängt und liebend betrachtet. Der
Augenblick der Rettung scheint nahe, denn die zu Füßen des ver-
stoßenen Weibes liegende Hirschkuh streckt, einen Nahenden witternd,
den Kopf mit gespannter Aufmerksamkeit hinaus. Neben dieser so
schönen und durchgebildetcn Gruppe macht eine ebenfalls in Gyps
ausgeführte, nicht minder schöne Gruppe Till's, „Pieta", ebenfalls
einen vortrefflichen Eindruck. Die heilige Mutter beugt sich schmcrz-
erfüllt über den Leichnam ihres göttlichen Sohnes. Die ganze Gruppe
sowohl wie auch die Details des Körpers, namentlich die Hände
und der Faltenwurf, sind mit anerkennenswerthem Verständniß und
großer Sorgfalt durchgeführt. — Dem akademischen Rathe wurde die
Entscheidung nicht leicht, da nach dem Stiftnngsbrief, welcher weder
Gegenstand noch Größe vorschreibt, „mit Einstimmigkeit demjenigen
Werke der Preis zuerkannt werden soll, welches die Leidenschaften und
Empfindungen der Seele am meisterhaftesten ausdrückt". In Rück-
sicht auf die letztere Bestimmung entschied sich der Rath endlich für
crstcrcs Werk. Beide jungen Künstler, welche bisher in dürftigen
Verhältniffen lebten, berechtigen zu den besten Hoffnungen, da sie
von dem größten Eifer für ihre Kunst beseelt sind. Außer diesen
Werken waren noch ein paar sehr verdienstliche Arbeiten in dem aka-
demischen Gypsmuseum für das kunstliebende Publikum ausgestellt.
 
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