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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 13.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.13560#0410

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394

kp Hannover, Mitte December. (Noch einmal über
den Odconssaal.) Gegen die Mittheilung, bez. lobende Kritik
über den sogenannten Saal im hiesigen Odeon, der darin in archi-
tektonischer Beziehung als ein Meisterwerk von hoher Schönheit ge-
schildert wurde, mit dem Bemerken, daß er „wohl einer der schönsten
Säle Deutschlands genannt zu werden verdient", fühle ich mich ver-
anlaßt, im Interesse Ihres geachteten Journals selbst, bescheiden Pro-
test einzulegen. Diese Anpreisung ist doch in der That zu stark und
schmeckt für Diejenigen, welche hierorts etwas von der Sache verstehen,
allzu sehr nach Reklame, als daß ich umhin könnte, Sie vor derartigen
Nachrichten zu warnen.*) Dieser Saal hat wahrlich kein Recht,
überhaupt in der deutschen Kunstzeitung erwähnt zu werden; jeden-
falls aber müßte ihm eine ganze Reihe von bedeutenderen Bauwerken
vorangehen, welche unter der Regierung König Georgs entstanden
und der Mühe Werth sind, besprochen zu werden. Sowohl öffent-
liche wie Privatgebäude, deren Schönheit ich nicht unbedingt unter-
schreibe, sind hier in großer Zahl entstanden; sie sind aber jedenfalls
so bedeutend, daß sie sich mit den Bauten anderer Städte, von denen
viel Redens gemacht wird, wohl messen können. Den Königssaal im
Odeon kann ich aber kauni einen Bau nennen, da er lediglich ans vier
geraden Wänden besteht, die mit einer gewissen Nettigkeit ornamentirt
sind. Die architektonische Idee, wenn von einer solchen überhaupt
die Rede sein kann, ist höchst simpel.

Zur Erklärung solcher unberechtigten Ruhmrednereicn bemerke
ich, daß hier, wie dies mehr oder weniger in den halbgroßen Städten
überall der Fall ist, ein ausgebildetes Kotteriewesen herrscht, welches,
gepaart mit ziemlich viel Unverstand und blasirter Rücksichtslosigkeit,
sich gern bei jeder Gelegenheit breit macht. Auf der anderen Seite
ist aber auch ebenso viel Sinn für Gutes und Schönes, und ein

*) Die hier angegriffene Notiz war einem Privatschreiben entnommen,
dessen Verfasser mit uns allerdings in keiner redactionellen Verbindung steht.
Obgleich wir daher dieselbe keineswegs als Korrespondenz, sondern als chro-
nikalische Notiz (in Nr. 42) brachten, so hatten wir doch um so weniger Ver-
anlassung, darin eine Reklame zu vermuthen, als wir eine ganz ähnliche Mit-
theilung in der Hannover'schen Zeitung fanden. Um so mehr sind wir daher
unserm Herrn Korrespondenten zu Dank verpflichtet, daß er durch obige Rek-
tifikation den Verdacht von uns abwendet, als hätten wir die Absicht gehabt,
für ein — wie wir jetzt glauben müssen — ganz gewöhnliches Machwerk
im modernen Pappkastenstyl in die Lärmtrompcte zu stoßen. Wir bemerken
bei dieser Gelegenheit, daß es uns in allen solchen Fällen nur erwünscht sein
kann, rektificirt zu werden. D. Red.

außerordentlicher regsamer Geist, dieses Gute und Schöne in der
Kunst zu fördern, wenn sich dieser Geist auch — leider — in der
Minorität befindet. Die Vertreter derselben erfreuen sich aber nur
daran, die Sache zu fördern, und kümmern sich wenig um die Andern.

Da ich einmal dabei bin, mich gegen Ihre — wie Sie wissen
— mir in so vieler Beziehung werthe Kunstzeitung antikritisch zu
verhalten, so will ich gleich noch auf einen früheren Artikel von hier
zurückgreifen*), welcher bei Gelegenheit der Besprechung der damals
hier stattfindenden Kunstausstellung, sich auch über den Mangel au
Kunstsinn hierorts aussprach und namentlich hervorhob, daß König
Ernst Anglist für die Kunst Nichts gethan. Auf die anderweitigen,
ebenso krassen wie schiefen Auslassungen des Korrespondenten will ich
mich nicht weiter einlassen, obschon sie wohl eine Rüge verdient hätten,
sondern will mich auf die schon widerlegte Behauptung beschränken, daß
hier kein Sinn für Kunst herrsche. Sie werden sich, des bin ich
gewiß, eines Besseren überzeugen, wenn Sie selbst das hiesige Treiben
näher kennen lernten. Richtig ist allerdings, daß König Ernst August
ebenso wenig Etwas für die Kunst gethan hat, als der Staat;
letzterer vermuthlich deshalb, weil er es nicht nöthig zu haben glaubte,
da es von anderer Seite her geschah, nämlich von privater. Um so mehr
ist allerdings anzuerkcnncn, daß Alles, was hier für Förderung der
Kunst geschehen ist, theils durch Private, theils durch Vereine in's
Leben gerufen wurde. Dann aber ist doch auch daran zu erinnern,
daß König Georg aus seiner Privat-Chatouille alljährlich enorme
Summen für künstlerische Zwecke verwendete. Wenn man also in
dieser Beziehung eine Parallele ziehen darf zwischen Hannover und
andern Städten von gleicher Größe und Bedeutung, so dürfte die
Schaale nach beiden Seiten mindestens gleich stehen. Freilich ist zu
beklagen, daß in unserm guten Deutschland die Kunst überhaupt noch
so wenig zu einem Gemeingut des Volkes geworden ist; daß aber
Hannover hinter dem übrigen Deutschland in dieser Rücksicht zurück-
stände, kann ich nicht zugeben. So lange die Kunst im Großen und
Ganzen nur als Luxusartikel für den Genuß der Großen betrachtet
wird und noch nicht für das Volk zu einem Kulturbedürfniß geworden
ist, so daß sie als ein nothwendiges Element für die Bildung des
Herzens und Geistes anerkannt wird: so lange wird sie auch nur
eine Treibhauspflanze bleiben, die je nach den verschiedenen Lieb-
habereien verschieden behandelt wird. Hoffen wir, daß es bald
anders werde!

*) In Nro. 14 u. folg.

Kunst-Khronik.

HÄM

i erlin. Wie hiesige Blätter mittheilen, haben die Ein-
nahmen der diesjährigen akademischen Kunst-Ausstellung
17,000 Thlr., die Kosten dagegen gegen 7000 Thlr. be-
tragen, so daß ein Ueberschuß von 10,000 Thlrn. sich er-
giebt, über dessen Verwendung man gern Näheres erfahren
°’6 möchte. Dieser Wunsch scheint, namentlich de» ausstellen-
den Künstlern gegenüber, um so gerechtfertigter, als sie es doch vor-
nehmlich sind, welche die Ausstellung durch ihre künstlerische Beisteuer
möglich machen. Daß die öffentliche Kunstkritik das ihrige gethan, um
das Interesse des kunstliebenden Publikums für die Ausstellung rege zu
erhalten, verdient natürlich keine besondere Anerkennung. Wenigstens
aber scheint auch nach dieser Seite hin die bescheidene Frage zulässig,
ob die Berichterstatter, deren Aufgabe weder eine leichte noch dankbare
ist, nicht so viel Rücksicht seitens der ausstellenden Akademie erwarten
dürften, daß sie nicht nöthig hätten, ihr Entröe noch zu bezahlen,
oder — diese anständige Alternative bleibt noch — um Ertheilung
einer Karte in demüthigen Eingaben zu betteln. Wir wenigstens

sind stets von der Ansicht ausgegangen, daß es Sache jedes Ausstellers
sei, die notorischen Berichterstatter ausdrücklich znni Besuch einzu-
ladcn; ein Standpunkt, der natürlich unsrer akademischen Behörde
stets ein vollkommen fremder gewesen ist, und wie cs scheint, auch
bleiben wird, wenn der Herr Kultusminister nicht wieder einmal Ge-
legenheit nimmt, um auch in dieser Beziehung die Akademie über ihren
Standpunkt aufzuklären.

Köln. Bei dem Abbruche eines Hauses in der Nähe der hie-
sigen Kunibertskirche trat vor Kurzem hinter einer Mauer ein Stück
einer Hauskapellcn-Chornische hervor, auf welcher sich eine alte, treff-
lich erhaltene Wandmalerei befand. Zwei etwa 3 Fuß hohe Figuren,
„Johannes der Täufer" und „Maria Magdalena" darstellend, erschie-
nen so frisch und kräftig in Zeichnung sowohl als Farbe, daß man kaum
begreift, wie vier bis fünf Jahrhunderte darüber hingezogeu sein
können. Es ist sehr zu bedauern, daß der so schätzbare Rest alter
Kunst nicht zu erhalten war. Man konnte da so recht sehen, in wie
 
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