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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 13.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.13560#0416

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KunstinstiLuLe und Kunstvereine.

Gin Beitrug Zur JoickurrenZfruge.

unseren Lesern bekannt ist, haben wir dieser wichtigen Frage,
welche, wie es scheint, für einen nach allen Seiten hin
rechtsgemäßen Austrag noch lange nicht reif ist, eine be-
sondere Ausmerksanikeit gewidmet und sind — um beiläufig
zu bemerken — mit der Ausarbeitung eines Entwurfs über
die principiellen Bestimmungen der öffentlichen
Konkurrenzen in Form eines Regulativs beschäftigt. Wir können es daher
nur mit Dank annehmen, wenn uns über vorkommende Unzuträglichkcilen
auf diesem Gebiet die umfassendsten Mittheilungen zugehen.

Die folgenden Bemerkungen, welche die schon mehrfach beregten und
gerügten Hergänge bei der

Konkurrenz für die Ausmalung des Rathhaussaales
in Crcfeld

betreffen, gehen uns von einem Gewährsmann zu, dem wir nicht nur per-
sönlich volles Vertrauen zu schenken Veranlassung haben, sondern der auch in
der Lage ist, über alle Details der Sache vollkommen unterrichtet zu sein.
Wir bringen dieselben, wie wir sie erhalten, und wenn wir auch mit der
etwas persönlichen Form der Behandlung nicht überall, da wir der Sache
fern stehen, sympathisiren, so haben wir doch, der Sache wegen, uns keinerlei
wesentliche Aenderungen darin gestattet. Die Red.

Düsseldorf, am 1. December. So wäre denn durch die am
29. November vom Ausschuß des „Kunstvereins für die Rheinlande und
Westfalen" gefaßten Beschlüsse ein vorläufiges Resultat in der Crefelder
Konkurrenz erzielt, wie es nur durch die schnödesten Svlbenstechereien und
den Bruch des vertragsmäßigen Rechtes herbeigeführt werden konnte, und
ist hiemit das Material für die Frage der Konkurrenzen überhaupt um ein
Beträchtliches vermehrt. Um Sie mit der Sachlage vollständig vertraut
inachen zu können, muß ich vor Allem zwei Paragraphen des im December
1867 von dem Berwaltungsrathe des Kunstvereins veröffentlichten Pro-
gram in s hierhersetzen, indem ich dabei zugleich als selbstverständlich annehme,
daß ein solches von einer Korporation, einer „moralischen Person", wie
sie der hiesige Kunstverein ist, ausgestelltes Konkurrenz-Programm auch von
selbiger „moralischer Person" strikte*) und ohne Hintergedanken als bindender
Kontrakt gegenüber den sich an der Konkurrenz Betheiligenden angesehen und
daran festgehalten werden muß. Die betreffenden Paragraphen lauten:

Z 1. „Die Wahl der darzustellenden Gegenstände bleibt dem Ermessen
der Konkurrenten überlassen, wobei indeß ans die politische und in-
dustrielle Entwickelung Crefelds möglichst (heißt doch wohl, so
viel als immer möglich) Rücksicht zu nehmen ist."

8 5. „Die für die Konkurrenz bestimmten Kompositionen. . . jc. sind
soweit auszusührcn, daß die in denselben ausgesprochenen Gedanken, sowie die
linearen und koloristischen Intentionen zu erkennen sind."

Die Entscheidung lag in den Händen des Kunstvereins-Ausschusses.
Derselbe beschloß mit 14 gegen 12 Stimmen, daß zwei Arbeiten, von denen
die eine den 8 1 vollständig ignorirte, indem sie die Hermannschlacht und
Aehnlichcs aus der Ältesten deutschen Geschichte behandelte, während die andere
gegen 8 5 wegen Mangels irgend welcher Farben-Andeutnng verstieß, trotzdem
konkurrenzfähig seien! Die Majorität von zwei Stimmen wurde erzielt durch
das Votum zweier Herren, welche in der vorhergegangencn Sitzung des Ver-
waltungsrathcs der entgegengesetzten Ansicht gehuldigt hatten, jetzt aber sich

*) ES scheint uns für die Rechtsfrage gar keinen Unterschied zu
machen, ob die Person als eine „moralische" zu betrachten ist oder nicht. Ein
Kontraktsbruch bleibt unter allen Umständen etwas Unmoralisches und be-
sonders Ungesetzliches. Uebrigens sind es doch auch bei solchen Kollektivkon-
trahenten meist einzelne Persönlichkeiten, welche den Ausschlag geben. D. R.

bestimmen ließen durch die Logik eines ausgezeichneten, auch in politischen
Dingen bekannten Advokaten und eines Malers; dergestalt, daß Das, was der
Aufmerksamkeit des trocknen, verständigen Malers entging, durch die phan-
tasiereiche Erfindungskraft des poetischen Advokäten-Gemüthes ergänzt wurde.
Was die den 8 5 durch den Mangel jeder Andeutung über koloristische Be-
handlung des Entwurfs völlig umstoßende Arbeit betrifft, so wurde dieselbe
ohne Weiteres zugelassen. Der 8 1 dagegen rief eine längere Debatte her-
vor, in welcher die für einen ehrlichen Menschenverstand haarsträubendsten
Rechts-Dednctionen mit einer fast naiven Unverantwortlichkeit behandelt wurden.

Betrachten wir nun, um diese märchenhaften Beziehungen möglicherweise
zu konstatiren, die einzelnen in der betreffenden Arbeit dargestellten Thema's:

1) „Thusnelda im Triumphzuge des Germanicus, Segest auf dem Ehrensitze."

2) „König Marbod im Gesängnisse zu Ravenna."

3) „Flavins, Bruder Hermann's, dient im römischen Heere."

4) „Sieg Hermann's im Teutoburger Walde."

5) „Niederlage des Barns ebendaselbst."

6) „Die Apotheose (!!!) Hermann's."

7) „Sigismund verläßt die römischen Altäre."

8) „Drusus an der Elbe."

9) (über der Eingangsthür) „Die Siegesgöttin als Gerniania."

Sie werden mir zugeben, daß ein sehr eigenthllmlicher Verstand dazu
gehört, um in diesen Dingen einen Zusammenhang mit der politischen und
industriellen Entwickelung Crefelds zu finden — und eine eiserne Stirn, um
denselben zu behaupten. Es handelt sich hier nicht um eine Rechtsverletzung,
wie sie in der oft verzeihlichen, leidenschaftlichen Erregung des Augenblicks
begangen werden könnte, sondern um eine lange prämeditirte, mit Ruhe voll-
zogene Rechtsmißhandlung in so starker Art und so schamlos offen ausge-
führt, wie sie bei früheren ähnlichen Gelegenheiten nie gewagt worden war.
Ob der Umstand, daß die betreffende Arbeit von einem Schüler unseres Herrn
Malers stammte, eine Milderung dieser Rechtsverletzung involvirt, mag dein
Unbefangenen zu beurtheilen überlassen bleiben.

Nun — diese Arbeit wurde also, trotz ß 1, ebensalls für konkurrenz-
fähig erklärt! aber damit nicht genug — nein — sie wurde sogar prä-
miirt!!! ja, die Absicht des liebenswürdigen Meisters ging noch weiter:
Die Arbeit sollte sofort zur Ausführung bestellt werden! — Das war aber
denn doch selbst dem Ausschuß zu stark; er beschloß daher, daß nun noch
eine dritte Konkurrenz für Crefeld, und zwar diesmal ohne jegliches Pro-
gramm, ausgeschrieben werden sollte.

Ich habe Ihnen über den Verlauf dieser Angelegenheit so ansführlich
berichtet, um möglichst klar zu machen, welcher Art von Jntriguen Künstler
ausgesetzt werden, die sich an einer, von einem im besten Rufe stehenden
Vereine ausgeschriebenen Konkurrenz im guten Glauben an Recht und An-
stand bclheiligen; ich übergebe Ihnen hicimit die Thatsachen zur Benutzung
in Ihrem so berechtigten Kampfe gegen die vielen Unzuträglichkeilen in der Be-
handlung von Konkurrenzen. Welche Folgen das unbegreifliche Vorgehen des
Ausschusses für den Knnstverein selbst haben wird, muß die Zukunft lehren;
daß aber durch diese hohnvolle Verletzung des Rechtsgefühls das Vertrauen
zu dem erst kürzlich rcorganisirten Kunstverein erschüttert werden muß,
dürfte schon jetzt außer allem Zweifel sein. Es herrscht eine fast allgemeine
Entrüstung und schon hat — leider — einer der thätigsten Männer des
Berwaltnngsrathes seinen Austritt mit der Erklärung angezeigt, daß er es
vor seinem Gewissen nicht verantworten könne, seine Hand zur Ansführung
derartiger Beschlüsse zu leihen.

Nachschrift der Redaction. Wir haben dieser, wenn auch etwas
persönlich gefärbten, so doch de» Thatsachen nach völlig klaren Darlegung
des Sachverhalts vorläufig nichts hiuzuzufügen, als daß wir selbstverständlich
etwaigen Entgegnungen und Berichtigungen — falls es gewünscht wird —
Raum gewähren wollen; bitten aber beide Parteien, sich der möglichsten
Objektivität und Kürze zu befleißigen.

Ariefliasten.

An unsere auswärtigen Herren Korrespondenten. Wir
ersuchen nochmals dringend, in den Korrespondenzen ausführlichere Be-
sprechungen über neue Erscheinungen des Kunst- und Buchhandels entweder
ganz zu vernieiden oder aber sie so einzurichten, daß sie für die Rubrik
„Kunstliteralur und Album" abgezweigt werden können. Aber auch die Be-
sprechungen letzterer Art können wir nur unter der Bedingung aufnehmen,
daß die besprochenen Werke entweder durch die Herren Berichterstatter selbst
oder durch die betreffenden Verlagshandlungen der Redaction zur Ansicht zu-
gesandt werden. D. Red.

Herrn y in München. Bitte um Berücksichtigung vorstehender allge-
meiner Notiz. D. Red.

Herrn * in Bremen. Wie steht's mit dem alphabetischen Register'?
Können wir zu Neujahr darauf rechnen? D. Red.

Herrn (?]. Sie haben recht lange nichts von sich hören lassen.

Herrn !;! in Wien. Dank für die Mittheilung, mit der Bitte, fortzu-
fahren. In Betreff der freundlichen Offerte für den Norddeutschen Kunstverein
die übrigens unmaßgebliche Bemerkung, daß demselben Werke von mittlerem
und kleinerem Umfange im Ganzen willkommner sind, als größere. D. Red.
 
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