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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 63.1928-1929

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Kleider und Stoffe von Lilly Jacker
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https://doi.org/10.11588/diglit.9253#0164

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Kleider und Stoffe von Lilly Jacker

weise tauschen zu lassen, um so festzustellen,
welche Formen und Farben sich am besten be-
währten. Sie wurde dann Schülerin der „Wiener
Kunstgewerbeschule", die sie vor kurzem ver-
lassen hat, um ihren Weg selbständig weiter-
zugehen.

Die Künstlerin, von uns um einige Bemer-
kungen über ihr Schaffen gebeten, sendet uns
die folgenden Ausführungen:

„Ich soll hier über meine eigenen Arbeiten
etwas sagen. Muß ich eigens aussprechen, daß
das recht schwer ist, zumal für einen Künstler,
der auf ganz andrem Gebiet tätig ist als dem
der Sprache ? Man hat zu wenig Distanz zum
eigenen Tun. Und dann ist dieses Tun so ganz
aufs Gefühl, auf den Einfall gestellt. Natürlich
denkt man sich bei der Arbeit mancherlei. Aber
das ist eine Art von Denken, die sich nicht
ohne weiteres in verständige Worte fassen
läßt. Man überblickt auch hintennach die eigene
Arbeit, die eigene Entwicklung, man sucht sich
Rechenschaft zu geben, ob man weitergekom-
men ist; aber von dem, was man so mit sich

selbst ausmacht, bis zur literarischen Äußerung
ist doch ein weiter Schritt.

Ich möchte zuerst sagen, was der eigentliche
Inhalt oder vielmehr Gegenstand meines Schaf-
fens ist. Ganz kurz: der Kern, um den ich alle
Fäden wickle, ist die Dame. Alles, was ich
mache, ist direkt oder indirekt auf die Dame
bezogen, also auf einen gesellschaftlichen Le-
bensstil, auf das Heitere und Elegante, auf den
reizvollen, bewegten Körper. Meine Muster,
die ja alle textiler Natur sind, werden nie um
ihrer selbst willen gemacht, sie entstehen nie als
Lösungen irgendeiner künstlerischen Flächen-
aufgabe. Sie sind entworfen mit der Bestim-
mung, vom Körper belebt zu werden. Der
Brokat fließt am lebendigen Körper herab, die
Spitze wird zum Wölkchen an ihm. Selbst
Stoffe, die nicht in unmittelbarer Berührung
mit dem Menschen stehen, die nur gemeinsam
mit ihm den Innenraum bewohnen, empfangen
ihr eigentliches Leben erst dann, wenn die
Dame den Raum betritt, wenn sie ans Fenster
geht und den geblümten Vorhang rafft, wenn
 
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