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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 63.1928-1929

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Schwabacher, Sascha: Renoir
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https://doi.org/10.11588/diglit.9253#0324

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Renoir

AUGUSTE RENOIR

»SOMMER« PASTELL

den Elan des Schaffens die Reaktion. Eine
tiefe Depression setzte ein, die Renoir an sich
selbst zweifeln ließ. Er verachtete den Impres-
sionismus, der die Welt in einen Schimmer von
verlogener Schönheit tauche. Er beschloß von
nun an das Leben zu malen wie es sei: nüch-
tern und hart. Glücklicherweise ging diese
Periode, aus der eine Reihe von trockenen
Werken erhalten ist, wieder vorbei. Renoir
wäre nicht Er selbst gewesen, wenn er die
Zärtlichkeit seiner Sinne, die Entzückung an
der Schönheit dieser Welt auf immer nieder-
gehalten hätte. Sein Rosa ist so reich und köst-
lich, weil er diese Farben so intensiv liebte,
sein Weiß und Blau sind so schmachtend und
verlockend, weil er ihre Kontraste und Har-
monien so tief genoß. Für Renoir ist das Dasein
ein Garten Edens. Sein Pantheismus umkreißt
entzückt Landschaft und Mensch, alles Blü-
hende in Licht und Farbe. Er band „die Men-
schen mit der Atmosphäre zu einem Bukett
zusammen. Nach der jahrelangen Enthaltsam-
keit strömte es nun von Lust aus hundert und
aberhundert Mädchenaugen, Mädchenlippen,
Mädchenbrüsten. Er möchte in die Mensch-
heit zerfließen." Dieser Künstler, dessen Ruf
immer mehr wuchs, dessen Namen über Paris
hinaus Klang bekam, war ein Besessener von

dem Zwange des Gestaltens wie jedes Genie.
— Gegen die Frühzeit, die eine sehr begrenzte
Palette bei einer Fülle von Tönen zeigte, wählte
er jetzt ein sehr flüssiges und bis zur Buntheit
gesteigertes Kolorit.

Er malte wie ein ins Leben Verliebter immer
wieder Stilleben und sommerliche Landschaften
des Südens, Mädchenakte, Badende und Oda-
lisken, baute Symphonien aus nackten Frauen-
körpern, ließ die Gattin mit einem ihrer Kin-
der auf dem Schoß und „Coco", den Jüng-
sten, in kindhaftesten Bewegungen Modell ste-
hen und holte schließlich die Dienerinnen her-
bei, um sie mit Blumen, köstlichem Geschmeide
und schillernden Stoffen zu schmücken wie
Rembrandt einst seine Saskia oder Hendrikje.

Es ist unmöglich die Menge der Bilder auf-
zuzählen, auch nur die berühmtesten Namen zu
nennen. Reisen nach England und Spanien
blieben ohne Eindruck, aber von einer Italien-
fahrt wirkte die große Form der pompejanischen
Wandmalerei in ihm nach. Er hat von nun an
den Wunsch Fresken zu malen.

Da überfällt ihn die Krankheit. Die Gicht
lähmt die Beine, verkrüppelt die Hände. Zum
Leben im Rollstuhl verdammt, entwirft er, an-
geregt durch den Besuch des Bildhauers Maillol,
plastische Figuren. Da ihn seine erkrankten

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