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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 63.1928-1929

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Neugass, Fritz: Henri Matisse 1869-1929
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https://doi.org/10.11588/diglit.9253#0384

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Henri-Matisse i86g-ig2g

HENRI-
M ATISSE.
»SITZENDE
ODALISKE«
19 8 7

zenblätter dieser Jahre gehen im Grunde auf
Ingres zurück; aber er abstrahiert nicht, wie
dieser, er charakterisiert. Ingres erlebte die
Linie und sah im übrigen vom Modell ab.
Matisse belebt jedoch die ganze Figur; er gibt
seelische Porträts, in starker Bewegung und im
Widerspiel von Knochen und Muskeln. In
solchen Zeichnungen und in rasch improvisier-
ten Bronzen — die eher malerisch, als plastisch
sind — erobert er dies letzte Neuland des Im-
pressionismus, das in seiner Feinnervigkeit
schon neue Bahnen weist. Er beginnt vieles,
setzt aus, fängt von neuem an und vollendet
wenig. Er hatte viel zu kämpfen, um sich von

der Tradition zu befreien. Aber er hatte System
in seiner Entwicklung und gelangte schneller
zu seinem persönlichen Stil, als die anderen
Jugendfreunde undKampfgenossen, wie Picasso,
Friesz, Vlaminck und vor allem Derain, der
durch die Kunst von Jahrtausenden irrte, um
endlich sich selbst zu finden.

Matisse gab die Errungenschaften des Im-
pressionismus nicht völlig auf. Er hob aber das
Licht stärker hervor, arbeitete die Gegensätze
heraus und betonte vor allem wieder die Lokal-
farben, die ihre Gültigkeit vollkommen verloren
hatten. Die Bilder eines Monet, Sisley und
Pissarro klangen in sanftem Tremolo, Matisse
 
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