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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Dobbert, Eduard: Simone Martini: Geb. um 1283; gest. in Avignon  im Juli 1344
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0151

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IN ASSISI.

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heit das Staunen über die Weigerung des Jünglings. Der Vorgang ift mitten
ins Lagerleben verletzt; das durch Krieger; Schlachtroffe; Zelte in einer gebir-
gigen Gegend trefflich angedeutet ift. In dielem Bilde ift die Ziererei in der
Haltung der Finger; von welcher wir bei Duccio noch nichts antreffen; die aber
von Simone Martini an uns immer wieder in henefifchen Bildern entgegentritt;
Ichon weit getrieben. Sie macht fleh befonders bei der das Scepter haltenden
Hand des Kailers geltend.
Nun folgt (Bild 4) die Scene; da Martin der Zeichen feines bisherigen kriege-
rifchen Berufes entkleidet wird. So; nicht aber als militärilche Ausrüftung des
Heiligen durch den Kailer; die in dielem Zulammenhange nicht verftändlich wäre
und der Legende widerfpräche; faffe ich dieles Bild. Der Kailer nimmt ihm
eigenhändig das Schwert ab; während ein Diener ihm den Sporn am Fuls löft
und ein anderer feinen Hut auf einer Stange emporhält. Die Scene geht inner-
halb einer rundbogigen Pfeilerhalle bei den Tönen einer Doppelflöte; einer Man-
doline und einiger Sänger vor lieh. Ein Diener hält einen Jagdfalken auf der
Hand. Es ift als lohten die weltlichen Freuden noch einmal mit ihrem verftih-
rerifchen Reiz an den Jüngling herantreten. Durch den feelenvollen Blick; den
der hier noch lieblicher als auf den bisher belprochenen Bildern dieles Cyklus
gelchilderte Heilige emporrichtet; erregt die Darftellung aulser dem littenbild-
lichen Intereffe; welches alle Nebenfiguren in hohem Grade erwecken; beim Be-
fchauer eine lebhafte plychologifche Theilnahme. Es gab wohl kaum eine Auf-
gabe; welche der künftlerifchen Gelinnung Simone Martinas mehr angepafst ge-
wefen wäre; als die Schilderung- des milden; fünften; demtithigen Martin; der
Bgegen leine Waffenbrüder eine grolse Güte und wunderbare Liebe hatte; deffen
Geduld und Demuth das Mals dieler Tugenden; welches lonft Menlchen erreichen;
überftieg.K Hier hat der Kopf des Heiligen die grölste Aehnlichkeit mit dem-
jenigen des h. Crefcentius auf dem grolsen Frescogemälde Simonens im Palazzo
publico zu Siena; nur ift der Ausdruck Martins noch lieblicher; fünfter und hin-
gebender.
Bild $: Die Auferweckung eines Verftorbenen durch den Heiligen; ift lehr
verdorben.
Das 6. Bild fällt; wenn ich leinen Inhalt recht verftehe; aus dem chrono-
logifchen Zufümmenhange; indem es uns in die Zeit von Martinas Tod verletzt.
Unter anderen wunderbaren Vorgängen; die hch in den Sterbeftunden des Hei-
ligen zutrugen; berichtet die Legende auch folgenden: Der h. AmbroliuS; Bilchof
von Mailand; hatte die Beftimmung getroffen; dals an den Sonntagen der Lector
erft dann zu leien beginnen durfte; wenn der Bilchof ihm ein Zeichen gab. Nun
war aber Ambrolius eines Sonntags während des Gottesdienftes feft eingefchlafen.
Anfangs wagte Niemand ihn zu wecken. Als man es aber fchliefslich that; er-
zählte er; im Traume habe er bei dem Leichenbegängnils des Bilchofs Martinus
im Plülmengelünge dem Verftorbenen die letzte Ehre erwiefen. Dieles Ereignifs
ftimmte genau mit dem Zeitpunkt; da Martinus ftarb. Auf unlerm Bilde lieht
man Ambrolius in tiefen Schlaf verfunken in der Nähe des Altars litzen. Sein
müdes Haupt ftützt er mit der Rechten; während die Linke matt auf feinem
Schoolse ruht. Demüthig kniet der Lector mit dem Buche vor ihm und wartet
geduldig des Befehles. Ein anderer Geiftlicher berührt ehrerbietig leite die Schulter
des BifchofS; um ihn zu wecken.

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