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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Dobbert, Eduard: Simone Martini: Geb. um 1283; gest. in Avignon  im Juli 1344
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0152

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SIMONE MARTINI.

Es folgt (7) eine Dardellung, welche das hohe Anlehen vergegenwärtigt, in
welchem Martin bei den Grofsen der Welt ftand. Kaifer Valentinian ift vor dem
Heiligen niedergeknieet, hat feine Arme um ihn gefchlungen und blickt voller
Hingebung zu feinem ehrwürdigen Antlitz empor. Die Legende berichtet, der
Kaifer habe anfangs den Heiligen, da derfelbe vielleicht mit einem Gnadengefuche
für Unglückliche an feinen Hof gekommen, nicht empfangen wollen; durch ein
Wunder aber feien die Thore des Palaftes vor Martin aufgefprungen und er fei
ungehindert bis in den Saal des Herrfchers vorgedrungen, wo diefer auf feinem
Throne fafs. Da war es dem Kaifer, wie wenn ein Feuer ihn nöthigte, dafs er
auffprang und den Bifchof mit der Gluth heiliger Verehrung umarmte.
Bild 8 illuftrirt jenes doppelte Wunder, das fich einft zutrug, als S. Martin
die Meffe celebrirte: eine feurige Kugel erfchien über feinem Haupte; da die
Aermel der fchlechten Paenula, die er an Stelle feiner auf dem Gange zur Kirche
einem Bettler gefchenkten Tunica angezogen hatte, zu kurz waren, blieben die
Arme des Heiligen, als er bei der Meffe die Hände (mit der Hoftie) erhob, nackt.
Da fchwebten Engel herab und bedeckten diefelben mit einem Schmuck aus Gold
und Edelfteinen. Auf unterem Bilde find die Engel mit ihrem zu der wunder-
baren Lichterfcheinung erhobenen Raunenden Blicke liebliche Gehalten. Auch
die Andacht des Heiligen und die Hingebung des ihm bei der Meffe affiftirenden
Jünglings ift feffelnd gefchildert.
In der Sterbefcene (9) ift die Starrheit des Todes, wie he foeben bei dem im
Vordergründe am Boden liegenden Heiligen eingetreten ift, der Wirklichkeit treff-
lich abgelaufcht. Auch die Theilnahme der Anwefenden an dem traurigen Er-
eignifs ift betont, befonders lebhaft an dem zu Ftifsen des Verdorbenen nieder-
geknieten jungen Mönche, der gramerfüllt iids tief ernfte Antlitz des Todten fchaut,
fo wie an dem andächtig betend emporblickenden, ebenfalls knieenden Manne.
Diefer fchaut nach dem Vorgänge hoch in den Lüften, wo die Seele des Ver-
dorbenen von lobfingenden Engeln emporgetragen wird.
Das letzte (10.) Bild der Reihe, die Bedattungsfeier dardellend, id in Bezug
auf den Ausdruck von geringer Tiefe. Das ganze Gewicht id hier auf das Cere-
moniöfe des Herganges gelegt. Nicht der im Vordergründe aufgebahrte Todte
feffelt das Intereffe der Trauerveriammlung, londern der ihm zu Häupten dehende
Bifchof. Diefem küfst ein Jüngling die Hand (oder die von derfelben gehaltene
Reliquie?), und auf diefe Scene find die Blicke der meiden Anwefenden gerichtet,
fofern die letzteren nicht durch ihre kirchlichen Functionen abforbirt find, wie die
beiden laut fingenden Männer mit den Kerzen in der Hand und der Knabe mit
der Fackel.
Wir haben bei Simonens Malereien in Adih etwas länger verweilt, weil die-
felben für die Beurtheilung der Kundweife des Meiders von wefentlicher Bedeu-
tung find. Auch in ihnen tritt uns die Darftellung eines frommen innigen Seelen-
lebens als die darke Seite unteres Meiders entgegen; fie beweifen aber auch,
dafs Simone, vielleicht unter dem Einhuffe der benachbarten Werke GiottoG, fleh
zu einem guten Erzähler ausgebildet hatte. Ob die in dem besprochenen Cyklus
dargedellten legendarifchen Vorgänge von dem Ktindler felbd ausgewählt oder
von dem Stifter der Capelle ihm aufgetragen worden, wiffen wir nicht; ich möchte
aber das erdere annehmen, denn die Auswahl entfpricht dem Charakter von
Simonens Kund, indem he derfelben immer wieder Gelegenheit bot, die ihr eigene
 
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