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ANDREA ORCAGNA.
nämlich; das in ausführlicher Weife Scenen aus Einfiedler-Legenden darhellt,
einem anderen Meifler; Pietro Lorenzetti; zuweist. Mag alfo Vafarhs Auslage;
loweit fie OrcagnaL perfönliche Theilnahme an den pilaner Fresken betrifft; un-
begründet fehl; he hat infofern eine innere Wahrheit; als ein gewiffer Zulammen-
hang zwifchen OrcagnaL Werken und diefen Bildern; wie ich glaube; nachge-
wielen werden kann.
Ghiberti erwähnt »dreier mit gröfster Kunh ausgeführter herrlicher Gelchichten«
von OrcagnaT Hand in Sta. Croce zu Florenz. Leider nennt er die dargeftellten
Gegenftände nicht. Ohne Zweifel aber hatte er diefelben Malereien im Sinne; welche
zu Vafarfs Zeiten noch an der rechten Wand der Kirche zu fehen waren und von
denen der Letztere lagt; Orcagna habe hier nach feiner Rückkehr aus Pila in
drei Bildern diefelben Dinge gemalt wie im Campo lanto, mit Ausnahme der Ge-
fchichte, wo der heilige Macarius den drei Königen das menfchliche Elend zeige;
und des Lebens der Einfiedler; welche auf jenem Berge Gott dienen. »Alles
Uebrige des (pilaner) Werkes stellte er hier dar; arbeitete aber nach heilerer
Zeichnung und mit mehr Fleifs, als er in Pila gethan. Er behielt aber nichts-
dehoweniger beinahe diefelbe Erfindung; diefelbe Manier; diefelben Infchriften
und alles Uebrige bei- nur die Bildniffe änderte er, denn in diefem Werk brachte
er einige feiner lieblten Freunde im Paradiele und einige; die ihm wenig hold
waren, in der Höhe an. Unter den Guten lieht man im Profi, die Tiara auf dem
Haupte, Papft Clemens VI., der feiner Zeit das hundertjährige Jubiläum in ein
fünfzigjähriges verwandelt hatte, der ein Freund der Florentiner war und Gemälde
von Orcagna befafs, die ihm lehr heb waren. Hier befndet fch auch Meifter
Dino del Garbo, damals ein hervorragender Arzt, gekleidet, wie es in jenen Zeiten
bei den Doctoren üblich war, ein rothes, mit Grauwerk gefüttertes Barett auf
dem Kopfe. Ein Engel hält ihn an der Hand. Es lind dort noch viele andere
Bildniffe, die aber unbekannt fnd. Unter den Verdammten malte er den Gerichts-
boten Guardi, wie er vom Teufel mit einem Haken fortgefchleppt wird. Er ift
an den rothen Lilien, welche er an einem weifsen Barett hat, wie dies damals
die Gerichtsboten trugen, zu erkennen. Orcagna aber wies ihm dielen Platz an,
weil jener ihn einmal ausgepfändet hatte. Er hellte hier auch den Notar und
den Richter dar, welche den Procefs gegen ihn geführt hatten. Neben Guardi
ift Cecco dhAscoli, in jenen Zeiten ein berühmter Zauberer, dargeftellt, und ein
wenig höher, d. h. in der Mitte, ein heuchlerilcher Mönch, welcher, einem Grabe
entfliegen, fch unter die Guten hehlen will; ein Engel aber entdeckt ihn und
holst ihn zu den Verdammten.« Wenn auch Vafarfs Excurs über die Urfache,
welche Orcagna bewog, den Gerichtsboten, den Notar und den Richter in die
Hölle zu verletzen, der Anekdotenlucht des berühmten Künhlerbiographen ent-
flammen mag, fo haben wir doch keinen Grund, anzunehmen, dafs feine Belchrei-
bung der Malereien in Sta. Croce überhaupt aus der Luft gegriffen fei; vielmehr
wird fe im Allgemeinen der Wirklichkeit entfprochen haben; in diefem Falle ih
es aber von Wichtigkeit, dafs in Orcagna's »jünghem Gerichte« in Sta. Croce eine
ganz ähnliche Epifode, wie im entfprechenden Fresco des Campo lanto dargehellt
war, nämlich wie ein Mönch durch einen Engel von der Seite der Seligen zu
derjenigen der Verdammten hinüber gewielen wird. Es Icheint in der Ihat,
dafs Orcagna die Verkommenheit des Kloherwefens, welche zu feiner Zeit
Ichon weit vorgelchritten war und immer wieder den Novellenfchreibern Stoff zu
ANDREA ORCAGNA.
nämlich; das in ausführlicher Weife Scenen aus Einfiedler-Legenden darhellt,
einem anderen Meifler; Pietro Lorenzetti; zuweist. Mag alfo Vafarhs Auslage;
loweit fie OrcagnaL perfönliche Theilnahme an den pilaner Fresken betrifft; un-
begründet fehl; he hat infofern eine innere Wahrheit; als ein gewiffer Zulammen-
hang zwifchen OrcagnaL Werken und diefen Bildern; wie ich glaube; nachge-
wielen werden kann.
Ghiberti erwähnt »dreier mit gröfster Kunh ausgeführter herrlicher Gelchichten«
von OrcagnaT Hand in Sta. Croce zu Florenz. Leider nennt er die dargeftellten
Gegenftände nicht. Ohne Zweifel aber hatte er diefelben Malereien im Sinne; welche
zu Vafarfs Zeiten noch an der rechten Wand der Kirche zu fehen waren und von
denen der Letztere lagt; Orcagna habe hier nach feiner Rückkehr aus Pila in
drei Bildern diefelben Dinge gemalt wie im Campo lanto, mit Ausnahme der Ge-
fchichte, wo der heilige Macarius den drei Königen das menfchliche Elend zeige;
und des Lebens der Einfiedler; welche auf jenem Berge Gott dienen. »Alles
Uebrige des (pilaner) Werkes stellte er hier dar; arbeitete aber nach heilerer
Zeichnung und mit mehr Fleifs, als er in Pila gethan. Er behielt aber nichts-
dehoweniger beinahe diefelbe Erfindung; diefelbe Manier; diefelben Infchriften
und alles Uebrige bei- nur die Bildniffe änderte er, denn in diefem Werk brachte
er einige feiner lieblten Freunde im Paradiele und einige; die ihm wenig hold
waren, in der Höhe an. Unter den Guten lieht man im Profi, die Tiara auf dem
Haupte, Papft Clemens VI., der feiner Zeit das hundertjährige Jubiläum in ein
fünfzigjähriges verwandelt hatte, der ein Freund der Florentiner war und Gemälde
von Orcagna befafs, die ihm lehr heb waren. Hier befndet fch auch Meifter
Dino del Garbo, damals ein hervorragender Arzt, gekleidet, wie es in jenen Zeiten
bei den Doctoren üblich war, ein rothes, mit Grauwerk gefüttertes Barett auf
dem Kopfe. Ein Engel hält ihn an der Hand. Es lind dort noch viele andere
Bildniffe, die aber unbekannt fnd. Unter den Verdammten malte er den Gerichts-
boten Guardi, wie er vom Teufel mit einem Haken fortgefchleppt wird. Er ift
an den rothen Lilien, welche er an einem weifsen Barett hat, wie dies damals
die Gerichtsboten trugen, zu erkennen. Orcagna aber wies ihm dielen Platz an,
weil jener ihn einmal ausgepfändet hatte. Er hellte hier auch den Notar und
den Richter dar, welche den Procefs gegen ihn geführt hatten. Neben Guardi
ift Cecco dhAscoli, in jenen Zeiten ein berühmter Zauberer, dargeftellt, und ein
wenig höher, d. h. in der Mitte, ein heuchlerilcher Mönch, welcher, einem Grabe
entfliegen, fch unter die Guten hehlen will; ein Engel aber entdeckt ihn und
holst ihn zu den Verdammten.« Wenn auch Vafarfs Excurs über die Urfache,
welche Orcagna bewog, den Gerichtsboten, den Notar und den Richter in die
Hölle zu verletzen, der Anekdotenlucht des berühmten Künhlerbiographen ent-
flammen mag, fo haben wir doch keinen Grund, anzunehmen, dafs feine Belchrei-
bung der Malereien in Sta. Croce überhaupt aus der Luft gegriffen fei; vielmehr
wird fe im Allgemeinen der Wirklichkeit entfprochen haben; in diefem Falle ih
es aber von Wichtigkeit, dafs in Orcagna's »jünghem Gerichte« in Sta. Croce eine
ganz ähnliche Epifode, wie im entfprechenden Fresco des Campo lanto dargehellt
war, nämlich wie ein Mönch durch einen Engel von der Seite der Seligen zu
derjenigen der Verdammten hinüber gewielen wird. Es Icheint in der Ihat,
dafs Orcagna die Verkommenheit des Kloherwefens, welche zu feiner Zeit
Ichon weit vorgelchritten war und immer wieder den Novellenfchreibern Stoff zu