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ANDREA ORCAGNA.
Perfonihcation des Todes ^ ein Weib in fchwarzem Gewände mit einer an die
Tage der Giganten erinnernden Wuth auftreten läfst:
Ich bin es, die als läAig wird mifsachtet.
Und die dieMenfchen taub, blind, graufam fchelten.
Denen vor Abend lieh der Blick umnachtet.
Auch andre Völker, fremde und Barbaren;
Und taufend eitle Pläne, Holzes Streben
Mit einem Schlag durch mich vernichtet waren.
Zu Euch nun, denen lacht das Leben,
Rieht' ich den Lauf, bevor die Schickfalsmächte
Euch zu dem füfsen herbes Loos gegeben."
Das oben erwähnte antike Element tritt aber nur an der einen Stelle hervor.
Im Ganzen wiegt in Uebereinltimmung mit dem Zwecke des Gemäldes., als
Schmuck eines chriltlichen Friedhofes zu dienen^ natürlich der kirchliche Ton
vor. So enthält denn auch die von den beiden lchwebenden Engeln etwa in
der Mitte des Bildes gehaltene Schriftrolle folgende Lehre; gleichlam das Pro-
gramm der ganzen Darltellung:
O lectore! neuno argomento.
Eh! non avere lo'nteletto spento
Di Stare sempre si apparecchiato.
Che non ti giuga immortal peccato.n
"Nicht Weisheit und nicht irdifch Gut,
Nicht Adel noch ein tapfrer Mutlr
Kann fchützen vor des Todes Wunden.
Noch nirgend ward ein Kraut gefunden,
O Lefer, das davon dich heilt!
Drum halte wach dich unverweilt,
Dafs vorbereitet er dich finde
Es zeugt von der reichen künltlerilchen Begabung des MeifterS; dals der lehr-
hafte Inhalt feines Gemäldes lieh nirgend auf Kotten rein künltlerilcher Momente
in den Vordergrund drängt. Die Betrachtung der plötzlich ins Herz getroffenen
eleganten Reitergruppe wie der frommen Einfiedler gewährt auch abgelehen
von dem tiefem Sinn der Darltellung äfthetifchen Genuls. Es lälst hch nicht
leugnen^ die Darltellung der körperlichen Gebrechen in dem mittleren Vorder-
grund des Bildes grenzt ans Widerwärtige. Wir nehmen aber das Grafte der
Schilderung gern in den Kauf, da die Gruppe voller Lebenswahrheit ilt, und nun;
nach dem Anblick dieies grauenerregenden Elends., die Schilderung des Glückes
und der Freude einen delto tieferen Eindruck hinterlälst.
Es ilt die Blüthe horentinilcher und henelilcher Kunft; die wir hier vor uns
fehen. Die beiden Schulen, die anfangs unabhängig von einander einherlchritteiu
ANDREA ORCAGNA.
Perfonihcation des Todes ^ ein Weib in fchwarzem Gewände mit einer an die
Tage der Giganten erinnernden Wuth auftreten läfst:
Ich bin es, die als läAig wird mifsachtet.
Und die dieMenfchen taub, blind, graufam fchelten.
Denen vor Abend lieh der Blick umnachtet.
Auch andre Völker, fremde und Barbaren;
Und taufend eitle Pläne, Holzes Streben
Mit einem Schlag durch mich vernichtet waren.
Zu Euch nun, denen lacht das Leben,
Rieht' ich den Lauf, bevor die Schickfalsmächte
Euch zu dem füfsen herbes Loos gegeben."
Das oben erwähnte antike Element tritt aber nur an der einen Stelle hervor.
Im Ganzen wiegt in Uebereinltimmung mit dem Zwecke des Gemäldes., als
Schmuck eines chriltlichen Friedhofes zu dienen^ natürlich der kirchliche Ton
vor. So enthält denn auch die von den beiden lchwebenden Engeln etwa in
der Mitte des Bildes gehaltene Schriftrolle folgende Lehre; gleichlam das Pro-
gramm der ganzen Darltellung:
O lectore! neuno argomento.
Eh! non avere lo'nteletto spento
Di Stare sempre si apparecchiato.
Che non ti giuga immortal peccato.n
"Nicht Weisheit und nicht irdifch Gut,
Nicht Adel noch ein tapfrer Mutlr
Kann fchützen vor des Todes Wunden.
Noch nirgend ward ein Kraut gefunden,
O Lefer, das davon dich heilt!
Drum halte wach dich unverweilt,
Dafs vorbereitet er dich finde
Es zeugt von der reichen künltlerilchen Begabung des MeifterS; dals der lehr-
hafte Inhalt feines Gemäldes lieh nirgend auf Kotten rein künltlerilcher Momente
in den Vordergrund drängt. Die Betrachtung der plötzlich ins Herz getroffenen
eleganten Reitergruppe wie der frommen Einfiedler gewährt auch abgelehen
von dem tiefem Sinn der Darltellung äfthetifchen Genuls. Es lälst hch nicht
leugnen^ die Darltellung der körperlichen Gebrechen in dem mittleren Vorder-
grund des Bildes grenzt ans Widerwärtige. Wir nehmen aber das Grafte der
Schilderung gern in den Kauf, da die Gruppe voller Lebenswahrheit ilt, und nun;
nach dem Anblick dieies grauenerregenden Elends., die Schilderung des Glückes
und der Freude einen delto tieferen Eindruck hinterlälst.
Es ilt die Blüthe horentinilcher und henelilcher Kunft; die wir hier vor uns
fehen. Die beiden Schulen, die anfangs unabhängig von einander einherlchritteiu