SEINE WIRKSAMKEIT IN ORVIETO.
- 93
blickt der Jüngling vor üch hiin, durch die am Boden liegenden Marterwerkzeuge;
auf welche der innerhalb einer reichen Renaiffance-Architektur thronende Kaifer
hinweih; nicht aus der Faffung gebracht. Ift der Held diefes Bildes fowie
die ganze linke Seite des Gemäldes durchaus ein Product FiefbleVchen Geiftes;
fo hat Geftalt und Kopf des KaiferS; vor Allem aber die auf der rechten Seite
aus dem Bilde herausfehauende jugendliche Figur etwas der Kunft des Fra Ange-
lico Fremdes^, wohl aber wird man wieder an Benozzo Gozzoli erinnert.
Ich erwähnte bereits FieföleT Aufenthalt in Orvieto. Wahrfcheinlich war es
nach dem Tode des Papftes Eugen und nach Vollendung der für ihn ausgemalten
Capelle., dais Fiefole mit der Domverwaltung in Orvieto wegen Ausmalung einer
Capelle in Unterhandlung trat. Es find die betreffenden Urkunden aus dem Jahre
1447 auf uns gekommen und von Luzi (il duomo di Orvieto S. 432 ff.) veröffent-
licht worden. Fiefole verfpraclu, jährlich in den Monaten Juni; Juli, Auguft und
September für ein., einem Jahrgehalte von 200 Goldducaten entfprechendes Ho-
norar in Orvieto zu arbeiten. Farben und Gerüfte., Brot und Wein und ein Koh-
geld für ihn und feine Gehülfen mufsten von der Dombauverwaltung geliefert
werden. Für den Confocius Benozzo Gozzoli wurden heben Ducaten; für zwei
Gefellen (famuli) zwei; refp. ein Ducaten Monatsgeld ausbedungen.
Auch ging Fiefole bald darauf an die Arbeit und malte bis zum 28. September
in der einen Kappe des Kreuzgewölbes Chriftus als Weltenrichter; wieder mit der
drohenden Geberde der Rechten; innerhalb einer von zahlreichen anmuthigen
Engeln umgebenen Glorie; in einer zweiten Gewölbekappe hellte er in fchönem
pyramidalen Aufbau eine figurenreiche Gruppe von andächtig blickenden Pro-
pheten dar. Die beiden anderen Gewölbefelder; welche die Engel mit den Marter-
werkzeugen und den die Jungfrau umgebenden Chor der Apohel enthalten.; find
bereits von Signorelli; der etwa fünfzig Jahre fpäter feine berühmten Malereien
in derfelben Capelle fchuf, ausgeführt; doch mag er fleh bei dem zuletzt genannten
Bilde an einen Entwurf FieföleT gehalten haben.
Einen eigenthümlichen Eindruck macht es; dort in der Capelia Nuova zu
Orvieto dicht neben und über den gewaltigen Gehalten des Meihers von Cortona
die tief innerlichen; zart befaiteten Charaktere FieföleT zu fehein, ein Sinnbild des
GegenfätzeS; in welchem die Weife Fra Giovannfs zu der herrichenden Kunh-
richtung feiner Zeit hand!
Bildet aber auch FieloleT innige Seelenmalerei eine Ausnahme von der gerade
im fünfzehnten Jahrhundert fb hark ausgeprägten und vorherrfchenden Luh an
der möglichh naturwirklichen Wiedergabe der Aufsenwelt; he gehört mit zur
Kennzeichnung des Zeitalters; ihr entfprechen gewiffe Stimmungen und Empfin-
dungen in der damaligen italienifchen Gefellfchaft.
Immer wieder hat man darüber gehaunp wie in dem Italien der Renaiifance
Erfcheinungen; wie die Herrfchaft des feurigen Bufspredigers Savonarola über die
Gemüther des mit humanihifchen Bildungselementen erfüllten Florenz; möglich
waren. Die Kunh eines Fiefole trägt das Ihrige zur Erklärung folcher Erfchei-
nungen bei und erhält wiederum von ihnen her eine beföndere Beleuchtung.
Mochten im Zeitalter der Renaiffance die humanihifchen Behrebungen in Wiffen-
- 93
blickt der Jüngling vor üch hiin, durch die am Boden liegenden Marterwerkzeuge;
auf welche der innerhalb einer reichen Renaiffance-Architektur thronende Kaifer
hinweih; nicht aus der Faffung gebracht. Ift der Held diefes Bildes fowie
die ganze linke Seite des Gemäldes durchaus ein Product FiefbleVchen Geiftes;
fo hat Geftalt und Kopf des KaiferS; vor Allem aber die auf der rechten Seite
aus dem Bilde herausfehauende jugendliche Figur etwas der Kunft des Fra Ange-
lico Fremdes^, wohl aber wird man wieder an Benozzo Gozzoli erinnert.
Ich erwähnte bereits FieföleT Aufenthalt in Orvieto. Wahrfcheinlich war es
nach dem Tode des Papftes Eugen und nach Vollendung der für ihn ausgemalten
Capelle., dais Fiefole mit der Domverwaltung in Orvieto wegen Ausmalung einer
Capelle in Unterhandlung trat. Es find die betreffenden Urkunden aus dem Jahre
1447 auf uns gekommen und von Luzi (il duomo di Orvieto S. 432 ff.) veröffent-
licht worden. Fiefole verfpraclu, jährlich in den Monaten Juni; Juli, Auguft und
September für ein., einem Jahrgehalte von 200 Goldducaten entfprechendes Ho-
norar in Orvieto zu arbeiten. Farben und Gerüfte., Brot und Wein und ein Koh-
geld für ihn und feine Gehülfen mufsten von der Dombauverwaltung geliefert
werden. Für den Confocius Benozzo Gozzoli wurden heben Ducaten; für zwei
Gefellen (famuli) zwei; refp. ein Ducaten Monatsgeld ausbedungen.
Auch ging Fiefole bald darauf an die Arbeit und malte bis zum 28. September
in der einen Kappe des Kreuzgewölbes Chriftus als Weltenrichter; wieder mit der
drohenden Geberde der Rechten; innerhalb einer von zahlreichen anmuthigen
Engeln umgebenen Glorie; in einer zweiten Gewölbekappe hellte er in fchönem
pyramidalen Aufbau eine figurenreiche Gruppe von andächtig blickenden Pro-
pheten dar. Die beiden anderen Gewölbefelder; welche die Engel mit den Marter-
werkzeugen und den die Jungfrau umgebenden Chor der Apohel enthalten.; find
bereits von Signorelli; der etwa fünfzig Jahre fpäter feine berühmten Malereien
in derfelben Capelle fchuf, ausgeführt; doch mag er fleh bei dem zuletzt genannten
Bilde an einen Entwurf FieföleT gehalten haben.
Einen eigenthümlichen Eindruck macht es; dort in der Capelia Nuova zu
Orvieto dicht neben und über den gewaltigen Gehalten des Meihers von Cortona
die tief innerlichen; zart befaiteten Charaktere FieföleT zu fehein, ein Sinnbild des
GegenfätzeS; in welchem die Weife Fra Giovannfs zu der herrichenden Kunh-
richtung feiner Zeit hand!
Bildet aber auch FieloleT innige Seelenmalerei eine Ausnahme von der gerade
im fünfzehnten Jahrhundert fb hark ausgeprägten und vorherrfchenden Luh an
der möglichh naturwirklichen Wiedergabe der Aufsenwelt; he gehört mit zur
Kennzeichnung des Zeitalters; ihr entfprechen gewiffe Stimmungen und Empfin-
dungen in der damaligen italienifchen Gefellfchaft.
Immer wieder hat man darüber gehaunp wie in dem Italien der Renaiifance
Erfcheinungen; wie die Herrfchaft des feurigen Bufspredigers Savonarola über die
Gemüther des mit humanihifchen Bildungselementen erfüllten Florenz; möglich
waren. Die Kunh eines Fiefole trägt das Ihrige zur Erklärung folcher Erfchei-
nungen bei und erhält wiederum von ihnen her eine beföndere Beleuchtung.
Mochten im Zeitalter der Renaiffance die humanihifchen Behrebungen in Wiffen-