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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Bode, Wilhelm von: Andrea Della Robbia: Geb. in Florenz  1437; gest. ebenda 1528
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0314

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ANDREA DELLA ROBBIA.

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Andrea iE im Gegenfatze gegen Luca in erfter Linie oder eigentlich aus-
fchliefslich Terracottabildner. Während feiner ungewöhnlich langen Lebensdauer
hat er felbfl und haben unter feiner Leitung die Schüler, die er unter feinen Söhnen
heranbildete, eine ganz aufserordentliche Zahl von Kunftwerken gefchaffen; nach
dem leicht erkenntlichen Charakter von Andrea's Kunftweife kann man gradezu
den gröfsten Theil aller Robbiawerke auf ihn und fein Atelier zurückführen.
Während Stil und Behandlungsweife im Wefentlichen diefelben bleiben, er-
weitert hch der Kreis der Darftellungen: Friefe an derAufsenfeite oder im Innern
von Gebäuden, Altäre, Sakrifteibrunnen, Fufsböden, aber auch einzelne Freifigu-
ren und felbfl Gruppen, freilich meid m Verbindung mit Altarwerken oder
wenigflens mit der Architektur, kommen zu den fchon von Luca gepflegten
Gebieten. In richtigem Verfländnifs der decorativen Bedeutung und der Schranken
des Materials meidet Andrea wie feine ganze Schule alle eigentlich freie Plaflik,
in welcher die menfchliche Gehalt als folche zur vollen Geltung kommt, namentlich
die Wiedergabe des Bildniffes in Büften. In der Färbung verfchmäht Andrea mehr
als Luca die Farbigkeit; feine Figuren lind fall fämmtlich weifs auf blauem
Grunde.
Ueber Andrea's Lebensverhältniffe ifl Vafari noch einfilbiger als über die
feines Onkels Luca. Andrea, Sohn des Marco, des älteren Bruders von Luca,
wurde 1437 zu Florenz geboren. Jung in das Atelier feines Onkels aufgenommen,
blieb er fortan bei ihm im Haufe, war Jahrzehnte lang mit und unter ihm thätig
und wurde fo der geiflige Erbe feiner Kunftweife, wie er der Erbe feines ganzen
Kunftnachlaffes bei Luca's Tode geworden war. Vafari kannte ihn noch per-
fönlich; war er doch bereits 17 Jahre alt, als jener 1528 darb und zu San Piero
Maggiore neben feinem grofsen Oheim bedattet wurde. »Als ich noch einjunger
Burfche war, — fo erzählt Vafari — hörte ich ihn im Gefpräche fagen, ja hch
berühmen, dafs er bei dem Begräbniffe Donatello's gegenwärtig gewefen fei;
und ich erinnere mich, dafs der brave Alte bei diefer Erzählung in förmliche
Begeiderung geriethK. Dem Greife mochte wohl eigenthümlich zu Muthe fein,
wenn er an die grofsen Männer zurückdachte, mit denen er wetteifernd thätig
gewefen war, und aus deren Zeit er allein noch in eine neue, fremdartige Ent-
wicklung aller Verhältniffe hineinragte.
Zur Bedimmung von Andrea's kündlerifcher Thätigkeit geben uns einige
urkundlich bezeugte Werke neben den Nachrichten Vafari's genügenden Anhalt.
Untere Behauptung, dafs Andrea ausfchliefslich Terracottabildner war, erleidet
eine Ausnahme, die aber jene Behauptung nur bedätigt. In dem Kirchlein Sta.
Maria delle Grazie vor Arezzo befindet hch ein trefflicher reicher Marmoraltar
von feiner Hand, welcher in der ganzen Anordnung, in der Art der Dardellung,
der Anwendung von verfchiedenfarbigem Marmor und Porphyr, in der Um-
rahmung des Ganzen durch einen Fruchtkranz von glahrtem Thon, aber auch in
der übermäfsig weichen Behandlung der Formen und der Gewandung, wie in dem
lieblichen, in dem Relief der Pieta gar zu emphndungsvollem Ausdrucke eine
Uebertragung des Stils der glahrten Terracotten auf den Marmor aufweift.
Uebrigens deuten die untergeordneteren Theile diefes Altars auf die Beihülfe
von Schülern.
 
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