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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Bode, Wilhelm von: Mino da Fiesole: geb. in Fiesole  1431; gest. in Florenz 1484
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0347

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DIE FLORENTINER MARMORBILDNER.

keit, die zuweilen in Rohheit ausartet. Die Eintönigkeit, welche namentlich
in dem Faltenwurf feiner Figuren hervortritt, fcheint durch ein oberflächliches
Studium der Antike in Rom veranlafst zu fein, wie he denn bei den gleichzeitigen
römifchen Bildnern, auf welche Mino bei feinem wiederholten und jahrelangen
Aufenthalte in Rom von dauerndem Einhuffe war, in ähnlicher, noch härkerer
Weife hch geltend macht.
Grade in Bezug auf den Aufenthalt und die Thätigkeit des Meihers in Rom
geben uns kürzlich publicirte Urkunden fowie eine bisher unbeachtete In-
fchrift unter der Marmorbühe des Niccolo Strozzi, jetzt im Berliner Mufeum,
intereffante Auffchlüffe. Nach diefer Infchrift fertigte Mino die Büfte diefes
reichen Bankiers, in deffen Gefchäften feine verbannten Neffen Lorenzo und
Filippo grofs wurden, um he fchliefslich zu übernehmen, im Jahre 1454 zu Rom.
Mino hat kein anderes Werk von fo packender, ja grofser Charakterihik, fo
trefflicher breiter Behandlung gefchaffen als diefes Bild eines Mannes von fah
brutalen Zügen, eigentümlich bimförmiger Schädelbildung und aufgedunfenen
Formen, die es begreiflich machen, dafs Niccolo fchon in jüngeren Jahren in
Barcelona an der Fettfucht fchwer krank danieder lag. Bei aller Treue in der
Wiedergabe der derb hnnlichen Züge giebt die Bülte jedoch zugleich das lebens-
volle Bild eines energifchen raftlofen und gewaltfamen Mannes, als welcher
Niccolo uns aus der Gefchichte bekannt ift 2).
Mino fertigte diefe Büfte in feinem dreiundzwanzigften Jahre. Muthmafslich
hielt hch der junge Künftler damals in Rom auf, um Studien nach der Antike
zu machen und fand dabei durch Aufträge feiner Landsleute Unterftützung.
Etwa zehn Jahre fpäter treffen wir ihn zum zweiten Male in Rom, im Jahre
1463, wo er im Aufträge von Pius II. in der Peterskirche an einer Kanzel arbeitet,
über deren Verbleib nichts bekannt ift; wahrfcheinlich wurde he entfernt und
vielleicht zerltört, als Bramante den Neubau des Petersdoms in Angriff nahm. Die
zahlreichen Denkmale feiner Thätigkeit, welche uns jetzt noch in Rom erhalten
hnd, fallen erft in die Zeit eines dritten, wohl mehrjährigen Aufenthalts des
Künftlers in feinen fpäteren Jahren.
Jenes aufserordentlich charaktervolle Bildnifs des Niccolo Strozzi und viel-
leicht einige ähnliche nicht mehr erhaltene Arbeiten fcheinen rafch die allge-
meine Aufmerkfamkeit auf den jungen Künftler gelenkt zu haben, da faft fämmt-
liche uns erhaltene Marmorbüften Mino's (und deren hnd fo viele, wie faft
von allen feinen horentiner Zeitgenoffen zufammen) in diefe erfte Zeit feiner
Thätigkeit fallen, in welcher er noch keine der uns erhaltenen monumentalen
Arbeiten ausführte. Drei treffliche Büften diefer Art behtzt das Bargello. Die
frühefte darunter ift muthmafslich die Büfte des Piero de' Medici (geb. 1416),
welche denfelben noch als kräftigen Mann mit gefunden, energifchen Zügen dar-
ftellt, alfo höchft wahrfcheinlich früher als das datirte Bildnifs des Niccolo Strozzi
(1434) entftanden fein wird. Das Gegenftück, die Büfte feiner Gemahlin Lucre-

1) Le Musee archeologique 1877. pag. 67 ff.
2) Vgl. über Niccolo wie über Filippo Strozzi und andere Mitglieder diefer Familie die intereffante
Publikation von Cesare Guasti: Lettere d'una gentildonna dorentina, 1878.
 
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