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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Woermann, Karl: Filippino Lippi: Geb. um 1459 in Prato, † 1504 in Florenz
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0420

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LEHRJAHRE. ARBEITEN IN DER RAPELLE BRANCACCI.

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Dafs Filippino von Anfang an zum Maler beftimmt wurde und fchon
in Prato und Spoleto bei feinem Vater zu zeichnen angefangen, ift wahrfchein-
lich. Vafari berichtet, dafs fpäter, nachdem fein Vormund ihn mit nach Florenz
genommen, er von diefem die Kunft gelernt habe und nachmals bei Sandro
Botticelli in die Lehre gekommen fei.
An diefem Sachverhalt zu zweifeln, fehe ich angehchts der Jugendwerke
Filippino's nicht den geringflen Grund. Die Engel auf dem beften diefer Ge-
mälde, der in der Badia von Florenz aufbewahrten Vifion des heiligen Bernhard,
tragen zu unverkennbar jenen oben befprochenen Typus der jugendlichen Ge-
halten Sandro's, als dafs ich den Einhufs diefes Meifters auf unferen Künftler
fo gering anfchlagen möchte, wie z B. Crowe und Cavalcafelle (deutfche Aus-
gabe III, G. 1/9, 180) es thun. Es fchliefst das nicht aus, dafs auch die Werke
feines Vaters einen mächtigen Einflufs auf ihn gehabt, ja, dafs er im Ganzen
doch mehr an den Stil feines Vaters, als an den feines Lehrers anknüpfte.
Das fernere Leben des Meiflers ift glatt und ruhig verlaufen. Erft als hoher
Dreifsiger, im Jahre 149/ verheirathete er fleh, und fein Weib Margherita gebar
ihm einen Sohn, der Francesco genannt wurde. Im Uebrigen waren ehrenvolle
Aufträge, von denen einer ihn für einige Jahre nach Rom führte, die einzigen
Ereigniffe feines Lebens.
Der Ausführung feiner Plauptwerke nach, können wir Filippino's Leben in
drei Abfchnitte zerlegen, deren jeder durch ein grofses Frescowerk und eine
Reihe von Tafelgemälden ausgezeichnet ift. Der erfte diefer Abfchnitte würde
von feiner künftlerifchen Mündigkeit bis zu feiner Abreife nach Rom, die gegen
Ende der achtziger Jahre erfolgte, zu rechnen fein. Der zweite würde mit feinen
römifchen Fresken beginnen und bis gegen das Ende der neunziger Jahre, der
dritte von da bis zu feinem Tode, der ihn 1504 überrafchte, reichen.
Das grofse Werk der erften diefer Perioden war die Vollendung der von
Mafaccio nicht ganz zu Ende geführten Wandgemälde der Kapelle Brancacci in
der Karmeliterkirche zu Florenz. Wie Filippino zu diefem, keinem feiner Vor-
gänger zu Theil gewordenen, ehrenvollen Aufträge gekommen, ift uns nicht
überliefert; aber der Augenfehein lehrt uns, dafs der junge Künftler der grofsen
Aufgabe gewachfen war. Die Bilder Filippino's befinden fleh fämmtlich in der
unteren Reihe. An der linken Seitenwand vollendete er zunächft das von
Mafaccio begonnene Bild, welches links die Erweckung des Königsfohnes, rechts
Petrus auf dem Throne darftellt. Ferner malte er das ganze untere Bild der
rechten Seitenwand, welches das Verhör und die Kreuzigung Petri veranfehau-
licht. Endlich rühren die beiden unteren Bilder der Eingangspfeiler von Filippino
her, unter der Vertreibung aus dem Paradiefe (links) der Befuch des Paulus im
Gefängniffe Petri, unter dem Sündenfall (rechts) die Befreiung des Apoftels durch
den Engel. Was das zuerft genannte Bild anbetrifft, fo ift man fleh über die
Grenzen der Malereien Mafaccio's und Pllippino's nicht ganz einig; doch ift es
ficher, dafs die Gruppe zur Rechten, welche uns den thronenden Petrus mit vor
ihm knienden Mönchen im Gebete zeigt, dem Mafaccio, und dafs die figurenreichere
gröfsere, die linke Seite und die Mitte einnehmende Gruppe, in deren Mittel-
punkt der nackte, foeben erweckte Königsfohn vor Petrus kniet, im Wefentlichen
 
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